Berufsbildung: Mit der Lehre zur Mitarbeiter-Exzellenz

Die Lehre ist ein Grundstein in der österreichischen Berufsbildung und ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Doch wie lassen sich junge Menschen für diese Ausbildungsform begeistern? Welche Potentiale schlummern in ihr und wie kann das Image der Lehre verbessert werden? Diese und weitere Fragen haben sich die Leitbetriebe in Zusammenarbeit mit der z.l.ö-zukunft.lehre.österreich zum Thema gemacht. Eine Zusammenfassung:

Studie: Die Lehre genießt hohes Ansehen bei der Jugend
2022 wurde eine große österreichweite Studie von Leitbetriebe Austria und z.l.ö-zukunft.lehre.österreich zum Thema „Zukunft der Arbeit 2.0“ durchgeführt, bei der in mehr als 1000 Interviews junge Leute zwischen 14 und 29 Jahren zu ihren Einstellungen und Werten in Bezug auf Arbeit und Ausbildung befragt wurden. Es zeigte sich, dass das Ansehen der Lehre zwischen den Jungen und der restlichen Gesellschaft stark auseinanderdriftet: Während die Lehre bei der Gen Z hohes Ansehen genießt (61%), sind diese gleichzeitig der Ansicht, dass das Prestige in der Gesellschaft eher gering ausfällt (43%). Als besonders erfolgsversprechend halten die Befragten die „Lehre mit Matura“. 80% sind der Meinung, dass diese am besten auf die Berufswelt vorbereitet. Spannend ist auch die Erkenntnis, dass die Eltern (allen voran die Mütter!) den Bildungsweg der jungen Menschen am meisten beeinflussen. Der Einfluss ist seit der ersten Studie 2021 sogar signifikant gestiegen und weit vor Lehrern und anderen Vorbildern. Auch wenn die Eltern den Bildungsweg mitentscheiden, die Jungen wollen beruflich nicht in die Fußstapfen der Eltern treten, sondern eigene Wege gehen.
(Fachliche Inputs von Andreas Gnesda, Beiratsvorsitzender Leitbetriebe Austria)

Lehre mit Matura: Gekommen um zu bleiben!
Seit den 80er Jahren ist die Zahl der Lehrlinge stark zurückgegangen, wobei nun wieder ein leicht positiver Trend bemerkbar ist. Als wichtige Maßnahme zur weiteren Attraktivitätssteigerung wird die Lehre mit Matura gesehen. Besonders die Eltern (die auch den stärksten Einfluss auf den Bildungsweg der Sprösslinge haben) fordern diese Kombination regelrecht ein. Hier zeigte die Umfrage auch, dass ein besseres Angebot sowie Informationen zur Lehre mit Matura gewünscht werden. Da diese Ausbildungsform jedoch nicht in jedem Betrieb möglich ist, sind der Staat bzw. die Politik gefragt, hier geeignete Maßnahmen zu setzen.

Empfehlungen für Betriebe: Schnuppertage, Zielgruppe erweitern, Schulung der Ausbildner
Dort wo praktisches Erleben erfolgt, findet auch Entscheidung statt. Ein persönliches Kennenlernen des Betriebes und das Anbieten von Schnuppertagen sind damit sinnvoller als z.B. eine Kampagne auf Social Media.

Eine weitere Maßnahme kann, den Weg in die Schulen zu gehen, sein. Es zeigt sich, dass sich mittlerweile das Alter des Lehrlingsbeginns auf 17,8 Jahre erhöht hat. Sinnvoll erscheint daher, die Zielgruppe zu erweitern und verschiedene Schulen „abzugrasen“, um junge Menschen (z.B. Schulabbrecher) in den Betrieb zu bekommen. Auch das Angebot hin zu verkürzter oder verlängerter, überbetrieblicher Lehre sowie Lehre mit Inklusion ist eine Option. Des Weiteren lohnt es sich, die Ausbildner in den Betrieben in den Fokus zu nehmen und z.B. in Weiterbildung zu investieren. Gute Ausbildner können viel bewirken und Potentiale entwickeln. Nur 9 von 10 Betrieben nutzen zurzeit Förderungen (von bis zu 3000 Euro) für die Weiterbildung dieser. Auch eine Standortanalyse durch externe Berater ist zielführend: Wo stehe ich mit meiner Lehre? Welches Verbesserungspotential gibt es?
(Fachliche Inputs von Mario Derntl, Geschäftsführer z.l.ö. zukunft.lehre.österreich)

Die Lehre wieder ins rechte Licht rücken
Bildung wird in der Gesellschaft sehr oft mit Verweildauer in der Schule gleichgesetzt. Dieses Bild muss sich ändern: Jede Berufsausbildung bietet die gleiche Chance, etwas aus sich zu machen – junge Menschen können Ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen! Wichtig ist, das Image einer Lehre wieder positiv aufzuwerten und Jugendliche für diesen Ausbildungsweg zu begeistern. Durch geburtenschwache Jahrgänge ist der Kampf um Lehrlinge stärker geworden – auch viele Schulen fischen im gleichen Teich. Die vielfältigen Möglichkeiten und Chancen einer Lehre müssen in der Gesellschaft, bei Leitbetrieben und in verschiedenen Netzwerken verstärkt kommuniziert werden.
(Best Practice Inputs von Robert Machtlinger, CEO FACC AG und Präsident z.l.ö.)

Auslandspraktika, Sozialzertifikate und Teambuilding
Beim Hafen Wien werden seit 40 Jahren Lehrlinge ausgebildet. Seit 2015 wurde die Lehre von Bürokaufmann/-frau auf den Bereich Speditionskauf erweitert. Um für eine Lehre zu begeistern, werden jungen Menschen einige Benefits geboten: Seit vier Jahren besteht etwa die Möglichkeit eines Auslandspraktikums in Zusammenarbeit mit dem ifa. Dieses Angebot wird von diesen sehr gerne angenommen. In Zusammenarbeit mit der young caritas wird mit sogenannten Sozialzertifikaten auch das soziale Engagement und die Sozialkompetenz gefördert, was ebenso auf positives Feedback stößt. Einmal im Jahr organisiert der Hafen Wien des Weiteren eine gemeinsame Exkursion zu einem internationalen Hafen, um einen Austausch zwischen erfahrenen und neu eingetretenen Lehrlingen zu schaffen.
(Best Practice Inputs von Birgit Novotny, Lehrlingsbeauftragte Hafen Wien)

Mit positivem Beispiel vorangehen
Beim Familienunternehmen Querfeld werden an zehn Standorten in ganz Wien rund 30 Lehrlingen in der Gastronomie ausgebildet. Dieses Jahr steht ganz im Zeichen der Lehre: So ist das Unternehmen heuer wieder aktiv bei Messen, Veranstaltungen, Speeddatings etc. vertreten. Bei Querfeld wird jegliche Form der Lehre angeboten: verkürzt, verlängert, mit Matura oder die Erwachsenenlehre. Auch aus überbetrieblichen Lehren wird übernommen, sowie Schnuppertage und Praktika werden angeboten. Neu ist auch eine Lehrlingsakademie: Einmal im Monat findet ein Lehrlingsausbildungstag zu alternativen Themen außerhalb des täglichen Arbeitsumfeldes statt. Es wird dabei auch mit unterschiedlichen externen Partnern (z.B. young caritas) zusammengearbeitet. Querfeld möchte als positives Beispiel für den Tourismus vorangehen und den Stolz für den Beruf sowie die Anerkennung in der Gesellschaft damit heben.
(Best Practice Inputs von Karoline Klezl, Geschäftsführerin Querfeld)

Strukturierte Ausbildung und positive Zusammenarbeit
Die Firma Swarovski in Wattens (Tirol) verfügt über eine eigene Ausbildungsstätte mit einer privaten Fachberufsschule, in der derzeit 70 Lehrlinge in den Bereichen Maschinenbau, Prozesstechnik und Elektrotechnik ausgebildet werden. Der Vorteil für Lehrlinge ist die strukturierte Ausbildung, welche besonders von den Eltern eingefordert wird. Bei einem jährlichen Austauschprogramm mit Partnerbetrieben bekommen die jungen Menschen zudem Einblicke in andere Unternehmen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit eines Auslandspraktikums. Bei den Outdoor-Erlebnistagen wird Spaß und Teambuilding mit Ausbildungsthemen kombiniert. Aktuell findet gerade ein Workshop statt, der sich mit der Generation Z beschäftigt. Es zeigt sich, dass etwa das Hier und Jetzt eine besonders wichtige Rolle spielt. Individualität gepaart mit Leistungseinforderung ist zudem der wichtigste Faktor für eine positive Zusammenarbeit.
(Best Practice Inputs von Hansjörg Rauth, Head of Operations Academy, Swarovski KG)

teilen