Interview mit Anita Lafer, Geschäftsführerin der Great Lengths Haarvertriebs GmbH
Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes1 waren im Jahr 2022 rund 46,3 Prozent aller Erwerbstätigen in der Europäischen Union Frauen. Bei einer Betrachtung der Führungskräfte erwies sich nur rund ein Drittel als weiblich (35,1 Prozent) – in Österreich lag dieser Anteil sogar nur bei 33,4 Prozent. Wir haben mit Anita Lafer, Geschäftsführerin der Great Lengths Haarvertriebs GmbH mit Sitz in St. Stefan im Rosental und Mutter von drei Kindern, darüber gesprochen, ob sie glaubt, dass Frauen die besseren Chefs sind, was eine Führungskraft ausmacht und vor welchen Herausforderungen sie stehen.
Frau Lafer, was macht Sie als Frau zu einer besseren Chefin?
Ich weiß nicht, ob sich das per se so sagen lässt. Ich weiß allerdings, dass mir eine oftmals von Männern propagierte Ellenbogenkultur fremd ist und dass mir Kooperation und Eigenverantwortung sehr wichtig sind. Die Bereiche, in denen ich als Frau hingegen sicher besser bin, sind Motivation, Teamwork und Empathie. Druck und im schlimmsten Fall Angst sind schlechte Ratgeber, zumal meine KollegInnen nirgendwo so viel Zeit verbringen wie auf der Arbeit.
Und macht Sie das Frausein zu einer besseren Unternehmerin?
Zuallererst müssen UnternehmerInnen ihre Rolle sachlich und fachlich ausfüllen, und das vollkommen unabhängig vom Geschlecht. Die nackten Zahlen müssen stimmen, um erfolgreich zu sein. Ich denke jedoch – und da kommen wir auf die vorherige Antwort zurück –, dass es durchaus Erfolgsfaktoren gibt, die weiblich geprägt sind. Mir ist wichtig, dass meine MitarbeiterInnen sich wohlfühlen. Nur in dem bestmöglichen Arbeitsklima lassen sich Höchstleistungen erzielen, die wiederum auf den Erfolg der Unternehmung einzahlen.
Gibt es Ihrer Ansicht nach große Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Vorgesetzten?
Ich glaube nicht, dass es in Bezug auf die Effektivität der Führung große Unterschiede gibt. Was ich aber in der Praxis immer wieder erlebe, ist, dass Männer sich und ihre Leistung besser einschätzen. Und damit meine ich nicht ihr Beurteilungsvermögen, sondern ihren Glauben an ihre eigene Arbeit. Werden hingegen die MitarbeiterInnen eines Unternehmens befragt, wird oftmals den weiblichen Führungskräften eine bessere Leistung attestiert. Ich würde sogar die These wagen, dass Männer sich als fähiger einschätzen und Frauen als fähiger beurteilt werden.
Das würde ich im Übrigen gerne mit einem Appell an alle Frauen verbinden: Wenn eine Leistung gut ist, kann das auch kommuniziert werden. Niemand muss sein Licht unter den Scheffel stellen! Traut euch mehr und macht euch frei von nagenden Selbstzweifeln – so wie es die Kollegen auch tun.
Welchen Herausforderungen stehen Frauen in Führungspositionen heute gegenüber?
Wir alle leben in von Männern geschaffenen Hierarchien. In diesen lässt sich die Arbeit jedoch schlecht mit der Familie vereinbaren. Das ist einer der Gründe, warum weibliche Topführungskräfte oftmals keine Kinder bekommen. Da viele Frauen aber zu Recht nicht bereit sind, auf Mutterschaft zugunsten der Karriere zu verzichten, bleiben sie in der zweiten Reihe. Das ist schade, denn in meinen Augen wäre eine gesunde Mischung von beiden Geschlechtern die ideale Besetzung, um die österreichische Wirtschaft voranzutreiben.