- Nachfrage nach Eigentums- und Anlegerwohnungen steigt deutlich, weiterhin viel zu wenig Mietwohnungen auf dem Markt
- Finanzierungen werden günstiger, aber Banken bleiben bei Kreditvergabe restriktiv
- Wirtschaftliche Herausforderungen verzögern oder verhindern den Start neuer Projekte
Der Wiener Wohnungsmarkt hat die Talsohle des Marktzyklus durchschritten. Spätestens seit dem Jahreswechsel ist die Aufwärtstendenz deutlich erkennbar, insbesondere die Nachfrage nach Eigentumswohnungen ist spürbar gestiegen und auch das Interesse an Anlegerwohnungen ist wieder größer als in den Jahren 2023 und 2024. Die ohnehin starke Nachfrage im Mietsegment ist dabei unverändert hoch geblieben.
„Im Bereich Eigentumswohnungen registrieren wir derzeit einen bemerkenswerten Stimmungswandel“, erklärt Karina Schunker, Geschäftsführerin von EHL Wohnen, anlässlich der heutigen Veröffentlichung des „Ersten Wiener Wohnungsmarkbericht 2025“ von BUWOG und EHL Immobilien. „Trotz der allgemein unerfreulichen Wirtschaftslage setzen wieder viel mehr Wohnungssuchende auf Eigentum. Gründe dafür sind einerseits der binnen eines halben Jahres um gut einen Prozentpunkt gesunkene Leitzins der EZB mit guten Aussichten auf weitere Reduktionen, andererseits die deutlich gestiegenen Mieten, die Eigentumswohnungen zu einer attraktiven Alternative machen.“
Aktuell schlägt sich die positive Entwicklung vor allem in deutlich kürzeren Vermarktungszeiten sowie wenigeren Kaufpreisverhandlungen der Wohnungssuchenden nieder: „Die Wohnungen in den wenigen derzeit fertiggestellten Neubauprojekten werden inzwischen wieder deutlich rascher verkauft“, so Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe. „Die 2023 sowie 2024 durchaus üblichen Kaufincentives wie die Übernahme der Grunderwerbssteuer durch den/die Verkäufer:in oder Zusatzleistungen wie kostenlose Küchenausstattungen gibt es heuer kaum mehr.
Der Abstand zwischen Angebotspreis und tatsächlichem Verkaufspreis ist also viel geringer geworden, während wir mit höheren Anstiegen der Angebotspreise ab Herbst rechnen.“
Während die Wohnungsnachfrage wieder anspringt, entwickelt sich die Angebotsseite deutlich langsamer. „Die BUWOG hat vor zwei Jahren als einer der Ersten auf dem Markt entschieden, den Start neuer Projekte zu pausieren. Jetzt sind wir die Ersten, die wieder Großprojekte auf den Weg gebracht haben“, erklärt BUWOG-Geschäftsführer Andreas Holler. „Die exzellente Nachfrage nach Mietwohnungen und der Aufschwung im Bereich Eigentumswohnungen sowie günstigere Finanzierungsmöglichkeiten lassen wieder wirtschaftlich sinnvolle Projekte zu. Diese Chancen werden wir jetzt konsequent nutzen und kaufen jetzt auch wieder Liegenschaften in Wien und anderen Großstädten für neue Projekte – vorzugsweise baureife Grundstücke, denn wir sind überzeugt, dass Projekte jetzt möglichst rasch gestartet werden sollten.“
Während die BUWOG wieder zu einer offensiven Entwicklungsstrategie wechselt, stecken aber zahlreiche große und kleinere Immobilienentwickler:innen in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Viele an sich wirtschaftlich attraktive Projekte können derzeit daher nicht gestartet werden und damit wird die Zahl der Projektstarts auf sehr niedrigem Niveau bleiben und sogar noch etwas weiter sinken. Diese bereits seit gut zwei Jahren anhaltende Schwächephase wird sich im Jahresverlauf und noch mehr in den Folgejahren bis 2028 immer stärker auf das Wohnungsangebot auswirken. „Bis jetzt gibt es nur bei Mietwohnungen einen signifikanten Nachfrageüberhang, aber ab Herbst wird auch das Angebot an Eigentumswohnungen spürbar knapper“, erwartet EHL Wohnen-Geschäftsführerin Schunker. „Ab diesem Zeitpunkt ist auch wieder mit steigenden Angebotspreisen zu rechnen, insbesondere in den unteren und mittleren Preissegmenten.“
BUWOG-Geschäftsführer Holler sieht die Entwicklung mit gemischten Gefühlen: „Aus Unternehmenssicht sind diese Perspektiven durchaus positiv, denn die rund 1.000 Wohnungen, die wir in den von uns jetzt gestarteten Projekten errichten, werden zu einem Zeitpunkt auf den Markt kommen, zu dem wir mit sehr starker Nachfrage rechnen und die Objekte sehr gut verwerten können. Im Hinblick auf den Gesamtmarkt habe ich hingegen große Sorge: Wir steuern direkt auf einen Wohnungsmangel, in manchen Bereichen sogar auf Wohnungsnot zu. Das ist nicht im Interesse der Immobilienwirtschaft und noch weniger im Interesse der Mieter:innen und Wohnungskäufer:innen.“
Dass die Preise für Eigentumswohnungen in absehbarer Zeit steigen werden, steht für Daniel Riedl, Vorstandsmitglied der Vonovia SE, aber in jedem Fall außer Zweifel. „Aktuell gibt es für Wohnungskäufer:innen noch ein window of opportunity, aber ich denke nicht, dass dieses noch lange offenbleiben wird.“ Investor:innen sollten die momentane Situation jedenfalls nutzen, denn die gute Mietnachfrage sorgt für noch mehr Ertragsstabilität für Käufer:innen von Anlegerwohnungen und da die Wohnungspreise bei weitem weniger gestiegen sind als die Mieten, sind auch die Renditen so hoch wie schon lange nicht. Auch für Eigennutzer:innen spricht bei der Entscheidung zwischen Mieten und Kaufen jetzt mehr denn je für eine Eigentumswohnung.
Schunker, Ehlmaier, Holler und Riedl fordern daher dringend Maßnahmen zur Belebung des Wohnungsmarkts: „Der Wohnbau muss von kostentreibenden Faktoren wie langen Widmungs- und Bauverfahren sowie zahlreichen überbordenden Bauvorschriften entlastet werden und es muss mehr Bauland mobilisiert werden, um einen weiteren Anstieg der Grundstückspreise möglichst zu verhindern. Ebenfalls notwendig sind steuerliche Anreize, um Investitionen in den Wohnungsmarkt attraktiver zu machen und auch die Eigentumsbildung muss entweder durch Steuermaßnahmen oder durch kostengünstigere Finanzierungsmöglichkeiten erleichtert werden.“
Wiener Wohnungsmarktbericht zum Download als PDF: www.wohnungsmarktbericht.at
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