v.l.n.r. Sam Ajayi (Re-Actio), Lizz Görgl (ehem. Skirennläuferin), Monica Rintersbacher (Leitbetriebe Austria), Dr. Bernd Hugnagl (Autor & Neurologe), und Andreas Gnesda (teamgnesda) ©Leitbetriebe Austria

Performance Tage – Tag 1: Effizienz und mentale Stärke

Jedes Jahr im Sommer treffen sich Leitbetriebe aus unterschiedlichsten Branchen im RETTER Bio-Natur-Resort, um sich proaktiv über aktuelle arbeits- und gesellschaftspolitische Fragestellungen auszutauschen. Bei den diesjährigen Performance Tage wurde auch 35 Jahre Leitbetriebe Austria – „EXZELLENZ VEREINT“ gefeiert – eine perfekte Gelegenheit, gemeinsam mit Leitbetrieben auf die Erfolge der Vergangenheit zurückzublicken und zugleich in die Zukunft zu schauen.

Am ersten Tag sprachen zwei Experten über das Zusammenspiel von Leistung und Sinn: Dr. Bernd Hufnagl, Neurobiologe und Bestsellerautor, sowie Andreas Gnesda, Unternehmer, Experte für neue Arbeitswelten und Beiratsvorsitzender von Leitbetriebe Austria.

Ein Plädoyer für mehr Gelassenheit und Tagträumen
Leistung entsteht nicht unter Druck, sondern in einem Umfeld, das biologisch und psychologisch mit dem menschlichen Gehirn kompatibel ist. Diese zentrale Erkenntnis zog sich als roter Faden durch den Vortrag von Dr. Bernd Hufnagl, der mit eindrücklichen Beispielen und wissenschaftlicher Tiefe aufzeigte, warum der moderne Arbeitsalltag oftmals mehr blockiert als beflügelt.

Mehr Gelassenheit und Zeit
Was würden Sie auf die Frage „Was würden Sie ändern, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten“ antworten? Eine der Top-Antworten ist „mehr Gelassenheit“ zulassen. Sich weniger sorgen, weniger hetzen, mehr im Moment sein. Gelassenheit. Man wünscht sich mehr Zeit – mehr Zeit für Menschen, die man liebt, mehr Zeit für sich selbst. All das zahlt auf die persönliche Gesundheit ein. Sowohl physisch als auch mental. Und das wiederum unterstützt die Performance im Job.

Digitalisierung als Beschleuniger der Erschöpfung
Dr. Hufnagl machte gezielt die Auswirkungen der Digitalisierung deutlich. Die Daten zeigen: Seit der Einführung des Smartphones 2007 ist die Fähigkeit, echte mentale Pausen zu machen, dramatisch zurückgegangen. Immer mehr Menschen können nicht mehr „abschalten“, selbst im Urlaub oder vor dem Einschlafen. Das ständige Konsumieren von Informationen lässt keine Zeit für innere Ordnung – es entsteht kognitives Chaos.

Tagträumen fördert die Kreativität
Die größte Kraftquelle für Kreativität, Selbstreflexion und Empathie liegt nicht im Tun, sondern im bewussten Nichtstun. Das sogenannte Tagträumer-Netzwerk im Gehirn – auch bekannt als Default Mode Network – wird nur dann aktiv, wenn äußere Reize wegfallen.

Was beim Tagträumen geschieht – Die drei No-Formance-Fähigkeiten:

  • Außenperspektive: Die Fähigkeit zur Selbstreflexion – entscheidend, um Betriebsblindheit zu vermeiden und das eigene Verhalten bewusst zu hinterfragen.
  • Empathie: Das Einfühlungsvermögen für andere Menschen wird reaktiviert – eine unverzichtbare Voraussetzung für Teamdynamik, Führung und respektvolle Kommunikation.
  • Kreativität: Im Zustand innerer Ruhe verknüpft das Gehirn bestehende Gedanken auf neue Weise – daraus können wertvolle Ideen und innovative Lösungsansätze hervorgehen.

Diese drei Fähigkeiten bilden laut Dr. Hufnagl das Fundament jeder echten Hochleistungskultur. Aktivierbar sind sie jedoch nur, wenn äußere Reize zur Ruhe kommen – also in bewussten Momenten der No-Formance.

Fazit: Höchstleistung braucht Raum – für Ruhe, Reflexion und Menschlichkeit
In einer Arbeitswelt, die sich zunehmend selbst beschleunigt, brauchen wir bewusste Gegenimpulse: Räume für Gelassenheit, Zeiten ohne Input, Momente des scheinbaren Nichtstuns. Denn genau dort – im Abstand, im Innehalten, im Tagträumen – entfalten sich jene Fähigkeiten, die für eine zukunftsfähige Leistungskultur essenziell sind: Selbstreflexion, Empathie und Kreativität.

(Fachlicher Input von Dr. Bernd Hufnagl, Neurobiologe und Bestsellerautor)

„The Power of Purpose“ – Sinn als Schlüssel zur Wirksamkeit
Mit seinem Vortrag „The Power of Purpose“ schlug Andreas Gnesda die Brücke von der biologischen zur kulturellen Dimension von Leistungsfähigkeit. Statt auf Effizienz und Optimierung zu fokussieren, rücken dabei Sinn (Purpose), Motivation und emotionale Verbundenheit ins Zentrum. Purpose wird dabei nicht als strategisches Konzept verstanden, sondern als persönliche Erfahrung – als das Gefühl, im eigenen Tun echte Bedeutung zu erkennen.

In einer interaktiven Übung reflektierten die Teilnehmenden über ihre eigenen beruflichen Schlüsselmomente – und verknüpften diese mit Werten, Rollen und Zielen. Dabei wurde deutlich: Purpose ist kein abstraktes Ziel, sondern ein individuelles Erleben, das aus Erfahrung, Verantwortung und persönlichem Erfolg erwächst. Erfolg zeigt sich dabei nicht nur in materiellen Ergebnissen, sondern auch in immateriellen Momenten: etwa in der Freude anderer, wenn man etwas Gutes tut oder Menschen unterstützt; im Stolz, Verantwortung übernommen zu haben; in der Erfahrung, etwas im Unternehmen eigenständig aufgebaut und später mit Erfolg an andere übergeben zu haben – verbunden mit dem Gefühl, dass die eigene Leistung dadurch weiterwirkt. Das Erleben von Positivem und die Weitergabe dieses Gefühls ist ein Erfolg.

Daraus folgt: Organisationen sind keine Maschinen, sondern soziale Systeme, in denen Menschen ihr „Wozu“ leben wollen. Wer Räume schafft – geprägt von Klarheit, Vertrauen und Partizipation – fördert nicht nur Leistung, sondern auch Sinn, Motivation und Innovation.

Zur Inspiration gibt es Persönlichkeiten, die Ihrer Berufung gefolgt sind und auch für ihren Erfolg gekämpft haben:

  • Gustave Eiffel – stellte die Finanzierung zum Bau des Eiffelturms eigenhändig auf die Beine
  • Thomas Edison – fand 1.000 Wege, wie die Glühbirne nicht funktioniert, bevor er Erfolg hatte
  • Walt Disney – wurde in einem früheren Job wegen angeblich fehlender Kreativität entlassen – und schuf schlussendlich ein Weltimperium der Fantasie
  • Howard Schultz – verwandelte das Kaffeehaus (Starbucks) in einen Erlebnisort
  • Steve Jobs – war kein Beobachter, sondern immer selbst mitten in der Arbeit
  • J.K. Rowling – kämpfte sieben Jahre lang um einen Verlag für ihre Erfolgsromane (Harry Potter) und ließ sich von Ablehnung nicht aufhalten
  • Ingvar Kamprad – lebte für IKEA und machte aus Einfachheit ein Erfolgsmodell

Sie alle eint: eine klare innere Ausrichtung (bzw. Motivation), der sie über Jahre hinweg konsequent gefolgt sind. Und manchmal braucht es auch die Gelegenheit. Dazu gibt es einen schönen Leitsatz vom Philosophen Seneca in einer modernen Interpretation: „Berufung ist das, was stattfindet, wenn Talent auf Gelegenheit trifft. Wenn man etwas gerne macht, mit Leidenschaft.“

(Fachlicher Input von Andreas Gnesda, Unternehmer, Experte für neue Arbeitswelten und Beiratsvorsitzender von Leitbetriebe Austria.)

Fazit: Leistung beginnt innen – nicht durch Druck von außen
Der erste Tag der Performance Tage 2025 machte deutlich: Leistung ist kein mechanisches Ergebnis, sondern das Resultat einer bewussten inneren Haltung – bei Individuen sowie in Organisationen.

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