„Eine ‚psychologisch sichere‘ Arbeitsumgebung entsteht, wenn Mitarbeitende keine Angst haben, Fehler zuzugeben, Kritik zu äußern oder Schwäche zu zeigen. Das gelingt, wenn Führung nicht Kontrolle bedeutet, sondern Vertrauen, Offenheit und Unterstützung.„
Gastkommentar von Prim. Dr. Gerald Grundschober Ärztlicher Leiter der Privatklinik Hollenburg – Psychiatrische Rehabilitation der SANLAS Holding
Mentale Gesundheit ist längst kein Randthema mehr – sie ist zu einem zentralen Erfolgsfaktor für Unternehmen geworden. In einer Arbeitswelt, die von stetigem Wandel, hohem Leistungsdruck und digitalen Umbrüchen geprägt ist, rückt das seelische Wohlbefinden der Mitarbeitenden zunehmend in den Fokus. Wer heute erfolgreich führen will, muss verstehen: Produktivität, Kreativität und Innovationskraft entstehen nur dort, wo Menschen sich sicher, wertgeschätzt und psychisch stabil fühlen. Und andererseits wird das Thema Psychische Gesundheit entstigmatisierter und offener von uns Menschen angegangen und wir lassen uns auch unterstützen.
Stress gehört zum Arbeitsleben – doch chronischer Stress, Überforderung und fehlende Erholungsphasen können schnell in ernsthafte psychische Belastungen wie Burn-out, Angststörungen oder Depressionen münden. Laut einer Gesundheitsstudie der Bertelsmann Stiftung hat fast jede dritte berufstätige Person in Deutschland innerhalb eines Jahres psychische Beschwerden erlebt, die die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigten.
Der Schlüssel liegt darin, Belastungen rechtzeitig zu erkennen und gesunde Strukturen zu schaffen, die Ausgleich ermöglichen. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten, realistische Zielsetzungen, eine offene Kommunikationskultur und das Vorleben gesunder Grenzen – gerade auch durch Führungskräfte.
Führungskräfte tragen eine zentrale Rolle für die mentale Gesundheit ihrer Teams. Sie prägen nicht nur Strukturen, sondern auch Kultur. Wer selbst achtsam mit den eigenen Ressourcen umgeht, signalisiert: Es ist erlaubt, über Belastung zu sprechen und Hilfe anzunehmen. Das senkt Hemmschwellen und stärkt das Vertrauen.
Eine „psychologisch sichere“ Arbeitsumgebung entsteht, wenn Mitarbeitende keine Angst haben, Fehler zuzugeben, Kritik zu äußern oder Schwäche zu zeigen. Das gelingt, wenn Führung nicht Kontrolle bedeutet, sondern Vertrauen, Offenheit und Unterstützung. Ein regelmäßiges, ehrliches Feedback-Gespräch kann hier Wunder wirken – nicht als Pflichttermin, sondern als Raum für ehrlichen Austausch.
Zahlreiche Studien zeigen: Menschen, die in ihrer Arbeit Sinn finden, sind psychisch stabiler und zufriedener. Sinn entsteht, wenn Mitarbeitende verstehen, welchen Beitrag ihre Arbeit zum größeren Ganzen leistet. Unternehmen können dies fördern, indem sie Transparenz über Ziele schaffen, Verantwortung übertragen und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten anbieten. Besonders jüngere Generationen erwarten heute von ihrem Arbeitgeber mehr als ein Gehalt – sie suchen Sinn, Wertschätzung und die Möglichkeit, Wirkung zu entfalten – dies ist natürlich sehr anspruchsvoll für Dienstgeber und Führungskräfte.
Offene, ehrliche Kommunikation über mentale Gesundheit ist der Grundstein jeder Präventionsarbeit. Kampagnen, interne Newsletter, Workshops oder Austauschformate („Plauderbankerl“) können helfen, das Thema aus der Tabuzone zu holen. Wichtig ist dabei die Authentizität: Wenn Kommunikation nur als Imagepflege verstanden wird, verliert sie ihre Wirkung. Erst wenn Betroffene ernst genommen werden und Unterstützung tatsächlich zugänglich ist, entsteht nachhaltige Veränderung.
- Sensibilisierung und Schulung: Führungskräfte und HR-Teams sollten im Umgang mit psychischen Belastungen geschult werden.
- Niedrigschwellige Angebote: Zugang zu Beratungsangeboten, Coaching oder Mental-Health-Tagen erleichtern den ersten Schritt zur Hilfe.
- Ressourcenorientierte Arbeitsgestaltung: Realistische Arbeitsbelastung, flexible Modelle und Pausenkultur stärken die Resilienz.
- Erfolgsmessung: Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen geben Aufschluss über Wohlbefinden und Handlungsbedarf.
Fazit: Mentale Gesundheit als gemeinsame Aufgabe
Mentale Gesundheit ist kein Privatthema – sie ist ein Gemeinschaftsprojekt. Arbeitgeber, Führungskräfte und Mitarbeitende tragen gemeinsam Verantwortung, sie zu entwickeln, zu fördern und zu tragen. Wer eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit schafft, investiert nicht nur in das Wohlbefinden der Menschen, sondern in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.
Denn dort, wo Menschen sich sicher, verstanden und wertgeschätzt fühlen, entsteht nicht nur Offenheit und psychische Gesundheit – dort entsteht auch echte Motivation.






