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Ausgerechnet in der Krise investieren?

Marion Biber, Managing Director von ABA – Invest in Austria und Expertin für den Wirtschaftsstandort Österreich, legt dar, warum es trotz Covid-Krise und Lockdowns gerade jetzt sinnvoll sein kann, im Ausland zu investieren.

Um 42 Prozent gingen die weltweiten Direktinvestitionen im Vorjahr zurück, vermeldete die UN-Organisation UNCTAD vor wenigen Tagen. Die Unternehmen rund um den Globus zögern wie schon lange nicht, im Ausland zu investieren. Neue Märkte aufzubauen, näher an den Kunden zu rücken, Kosten oder Transportwege zu sparen – das alles erscheint angesichts der weltweiten Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen besonders riskant.

Dennoch könnte gerade jetzt für manche Unternehmen der richtige Zeitpunkt gekommen sein, antizyklisch zu handeln, den „First Mover Advantage“ zu nutzen. Drei Gründe sprechen dafür, ausgerechnet in der Krise zu investieren.

Erstens:
Gerade europäische Länder haben durch die Lockdowns und wegen der Vertrauenskrise der Konsumenten beispiellose Einbrüche in ihrer Wirtschaftsleistung hinnehmen müssen. In Österreich wurde bisher recht erfolgreich versucht, die Einkommensverluste der Bevölkerung und teilweise auch der Unternehmen in höchstmöglichem Maße auszugleichen. Ein großer Teil dieses Geldes wartet darauf, ausgegeben zu werden, wenn die Zuversicht der Käufer wieder zurückkommt. Diese Phase wird vermutlich im 2. Halbjahr 2021 einsetzen, sobald eine ausreichende Durchimpfungsrate erreicht ist, und die Regierungen die gesundheitsbedingten Einschränkungen wieder weitgehend aufheben können. Dann wird ein Wirtschaftsaufschwung einsetzen, der in seiner Dynamik schon seit Jahrzehnten nicht mehr da war. Viele Unternehmen haben krisenbedingt ihre Kapazitäten heruntergefahren, weshalb sich für die Schnellen besondere Chancen bieten werden – auch im Ausland, wenn man sich rechtzeitig am Markt positioniert.

Zweitens:
In den vergangenen Jahren klagten international viele Unternehmen unter anderem über mangelnde Verfügbarkeit entsprechender Fachkräfte. Es ist bereits abzusehen, dass international durch die Krise auch die Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter vorübergehend wieder steigen wird. Je schneller man dann bei der Unternehmensgründung am Arbeitsmarkt zugreift, desto grösser ist die Auswahl.

Und drittens:
Manche Länder, darunter Österreich, bieten krisenbedingte Förderungen von Neuinvestitionen an. In der Alpenrepublik werden mit der Investitionsprämie zurzeit für alle materiellen und immateriellen Investitionen 7 Prozent vom Staat gefördert. Handelt es sich um Investitionen in den Bereichen Digitalisierung, Ökologisierung oder Gesundheit, erhöht sich der Staatszuschuss sogar auf 14 Prozent der Gesamtsumme. Auch diese Instrumente sind zeitlich begrenzt.

Der überwiegende Teil dieser Argumente gilt für Unternehmen am Heimmarkt ebenso, aber für manche Unternehmen kann es der passende Zeitpunkt sein, sich auf einem neuen Markt zu positionieren, neue Kundenschichten anzusprechen oder an bestehenden Kunden künftig näher dran zu sein. Gerade für deutsche Mittelstandsbetriebe ist Österreich dafür besonders gut geeignet: Der Markt ist bei hoher Kaufkraft in seiner Größe und seiner Beschaffenheit überschaubar, man spricht die gleiche Sprache, und Rechts- und Bildungssystem sind gut mit Deutschland vergleichbar, was alles zusammen den Einstieg erleichtert und beschleunigt.

Autor: Mag. Marion Biber

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