In einer Zeit, in der das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen erhöht wird und gleichzeitig immer mehr Menschen während ihrer Pension einer Erwerbstätigkeit nachgehen, stellt sich für viele Arbeitgebende die Frage nach den geeigneten Rahmenbedingungen.
Angleichung des Frauenpensionsalters
Um eine Alterspension in Anspruch nehmen zu können, müssen Versicherte sowohl eine gewisse Mindestanzahl an Versicherungsmonaten (sog. Mindestversicherungsdauer) nachweisen können als auch das gesetzliche Pensionsantrittsalter (sog. Regelpensionsalter) erreicht haben. Derzeit gilt für Männer und Frauen noch ein unterschiedliches Regelpensionsalter.
Bereits zu Beginn der 90er-Jahre wurde das unterschiedliche Pensionsantrittsalter für Männer und Frauen vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig eingestuft. Dementsprechend wurde kurz darauf ein Gesetz zur schrittweisen Angleichung der Altersgrenzen (mit langen Übergangsfristen) beschlossen. Seit 1.1.2024 ist es nun so weit: Das Regelpensionsalter für Frauen (60 Jahre) wird bis 2033 schrittweise an jenes der Männer (65 Jahre) angeglichen. Betroffen von der halbjährlichen schrittweisen Anhebung sind die Geburtsjahrgänge 1964 bis 1968. Für Frauen, die ab 1.7.1968 geboren sind, gilt bereits das Regelpensionsalter von 65 Jahren.
Die Änderung bringt für Betroffene aber auch Vorteile: Durch die längere Erwerbstätigkeit steigt grundsätzlich die Höhe der Pension. Die tatsächliche Pensionshöhe ist dabei von unterschiedlichen Faktoren (Ausmaß der Arbeitszeit, Zeiten der Kindererziehung, Zeitpunkt des Pensionsantritts etc.) abhängig. Es gibt aber auch verschiedenste Möglichkeiten, um die eigene Pension zu erhöhen (z.B. späterer Pensionsantritt, Zuverdienst in der Pension, Höherversicherung in der Pensionsversicherung oder freiwilliges Pensionssplitting für Jahre der Kindererziehung).
Hemmende Faktoren für das Fortführen des Arbeitsverhältnisses
Neben der Tatsache, dass Frauen die Zeit ihrer Erwerbstätigkeit häufiger als Männer aufgrund von Kinder- und Pflegebetreuungspflichten unterbrechen, können auch gesundheitliche Gründe oder die mangelnde Flexibilität bei der Arbeitsplatzgestaltung oder den Arbeitszeitmodellen dazu führen, dass Frauen im Pensionsantrittsalter keine Möglichkeit sehen, ihre Erwerbstätigkeit fortzusetzen. Einerseits können fehlende Arbeitszeitflexibilisierungen (z.B. Teilzeit-, Gleitzeitmodelle, Jobsharing, Einhaltung von regelmäßigen Pausen innerhalb der Arbeitszeit), andererseits fehlende Home Office Regelungen oder ergonomische Anpassungen des Arbeitsplatzes (z.B. verstellbare Tische, rückenschonende Sitzmöbel) als hemmende Faktoren aufgezeigt werden. Außerdem könnten Gesundheits- und Wellnessprogramme, die nicht auf die ältere Belegschaft abgestimmt sind (z.B. Gesundheitsvorsorge, Stressbewältigung), hinderlich für die Bereitschaft sein, nach der Pension weiterzuarbeiten.
Chancen aufgrund der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses
Tatsächlich können Unternehmen Chancen entgehen, wenn erfahrene Arbeitnehmende entsprechend der gesetzlichen Regelung ihre Pension antreten. Die Auswirkungen des demografischen Wandels sind in der Erwerbswelt bereits spürbar, allerdings reagieren Organisationen noch nicht ausreichend, um Wissensträgerinnen zu halten. Gegenmaßnahmen wären hier wesentlich, um sich nicht selbst zu schaden. Unternehmen können vom reichen Erfahrungs- und Wissensschatz der älteren Arbeitnehmenden profitieren. Sei es bei der Ausbildung jüngerer Mitarbeiterinnen (wie z. B. Mentoring-Programmen), im Einsatz von speziellen Aufgabengebieten oder dem Lösen komplexer Probleme. Arbeiten Mitarbeitende in Gruppen oder Bereichen zusammen, die möglichst heterogen sind, können die Talente eines jeden Einzelnen am profitabelsten genutzt werden. Dadurch steigen das Vertrauen und die Zufriedenheit. Dies wiederum macht sich im Sinne des Employer Brandings bezahlt. Es ist unerlässlich, motivierte, engagierte Mitarbeitende im Unternehmen zu haben, die mit ihrer Tätigkeit bzw. dem Arbeitgebenden verbunden sind. In Bezug auf die Anpassung der Arbeitszeit und Rahmenbedingungen sollten Kompromisse geschlossen werden, um sowohl die Bedürfnisse von Arbeitgebenden als auch Arbeitnehmenden befriedigen zu können (z. B. Anpassung der Tagesarbeitszeit, Einführung von Remote Work und Jobsharing).
Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist, auf das Entwicklungspotenzial der Personen zu achten, die im pensionsfähigen Alter stehen. Durch Maßnahmen zur Weiterentwicklung (z. B. Schulungen, Fortbildungen, Reverse Mentoring-Programme) fühlen sich diese Personengruppen nicht nur wertgeschätzt, sondern auch nützlich. Dies verhindert innere Kündigungen (Quiet Quittung) sowie einen Produktivitätsverlust der Mitarbeitenden, was zu einer späteren Ablehnung hinsichtlich der Aufrechterhaltung eines Arbeitsverhältnisses führen kann.
Darüber hinaus können durch die Einführung von Netzwerk- und Sozialprogrammen der soziale Austausch sowie die Vernetzung im Unternehmen gefördert werden. Zusätzlich bieten Unterstützungsprogramme einen Zugang zu Beratungsdiensten für persönliche oder berufliche Herausforderungen. Diese Maßnahmen stärken den Zusammenhalt und unterstützen das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. In Summe helfen diese Initiativen, die notwendigen Talente in den Organisationen zu halten und somit den Folgen der geburtenschwachen Jahrgänge entgegenzuwirken.
Zusammenfassung
Zusammengefasst müssen Arbeitsbedingungen vorherrschen, in denen sich nicht nur junge High Potentials, sondern auch ältere Professionals entfalten, weiterentwickeln und voneinander lernen können. Durch den kommenden Anstieg des Pensionsantrittsalters kann zwar die Schere in Bezug auf die Höhe der Pension zwischen Mann und Frau etwas reduziert werden. Jedoch müssen grundsätzliche Rahmenbedingungen (wie z.B. Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Weiterentwicklungsmöglichkeiten) vermehrt forciert werden, damit Personen aller Geschlechteridentitäten in Zukunft auch im höheren Alter gut zusammenarbeiten können.
Weiter zum Unternehmensprofil