Markus Fuchsbichler, Geschäftsführer der ace Apparatebau, im Gespräch mit Leitbetriebe Austria-Geschäftsführerin Monica Rintersbacher, über die Initiativen, um Mitarbeiter lange im Unternehmen zu halten und die Auswirkungen von Corona auf den international aufgestellten Betrieb.
Monica Rintersbacher: Herr Fuchsbichler, vielen Dank, dass wir heute bei ace Apparatebau construction & engineering GmbH zu Gast sein dürfen. Können Sie Ihr Unternehmen kurz vorstellen?
Markus Fuchsbichler: Sehr gerne. Danke auch für den Besuch in unserem Werk in Lieboch. ace Apparatebau gehört zur Christof Group und wir beschäftigen uns mit dem Bau von kritischem Prozess-Equipment, wie etwa Druckgeräten, Wärmetauschern und Reaktoren für verschiedene Industrien. In der Vergangenheit haben wir die Apparate nach Kundenzeichnung gebaut, mittlerweile konstruieren und berechnen wir Teile für unsere Kunden selbst in unserem Haus. Unsere Vision ist es in weiterer Folge, den Kunden Lösungen anzubieten. Unsere Kunden kommen mit Problemen zu uns und wir finden Lösungen. Das erfordert eine kontinuierliche Erweiterung unserer Expertise. Wir brauchen daher Mitarbeiter, die unsere Mission unterstützen können. Es müssen viele Bereiche weiterentwickelt werden: Engineering, Schweißtechnik und die gesamte Abwicklungskette dahinter; ebenso braucht es manchmal erweiterte Lieferanten oder Kooperationen mit Partnern. Hier muss auch der Einkauf aktiv werden. Es gibt vielfältige und abwechslungsreiche Aufgaben bei uns.
Monica Rintersbacher: Ein Unternehmen wie Ihres muss sich über die Erweiterung des Mitarbeiterstamms Gedanken machen …
Markus Fuchsbichler: Es ist eine sehr große Herausforderung, gute Mitarbeiter zu finden, besonders momentan. Im Zuge der Krise haben viele Großbetriebe Mitarbeiter abgebaut und diese kommen zum Teil nicht mehr retour. Manche von ihnen sind abgewandert, etwa zurück in ihre Heimatländer. Wir haben uns über viele Jahre hinweg zu einem nachhaltigen Unternehmen entwickelt, daher gelingt es uns nach wie vor, gute Mitarbeiter zu finden.
Monica Rintersbacher: Welche Perspektiven haben Mitarbeiter bei Ihnen?
Markus Fuchsbichler: Wir führen detaillierte Gespräche mit allen, bevor sie zu uns kommen und wir stellen unser Unternehmen sehr ausführlich vor. Wir schätzen auch persönliche Dinge. So gibt es bei uns Aufmerksamkeiten zum Geburtstag und wir bieten flexible Arbeitszeiten. Es gibt bei uns ein Prämiensystem, das sehr komplex aufgebaut ist, bei dem man partizipieren kann, wenn man ein tüchtiger Mitarbeiter ist. Und es gibt viele Goodies, wie etwa einen Gesundheitstag, eben weil uns eine langfristige Zusammenarbeit wichtig ist. Wir wollen keine Zwischenstation sein. Wir sind in einer sehr speziellen Branche tätig, d. h. die neuen Mitarbeiter, die bei uns anfangen, müssen sehr vielfältig ausgebildet werden. Wir müssen sehr viel in die Anfangsphase dieser Mitarbeiter investieren. Die Eigenständigkeit entsteht meistens erst nach zwei, drei Jahren, daher ist es uns wichtig, dass diese Menschen dann länger bei uns im Unternehmen bleiben. Das kommunizieren wir auch und sehr viele Mitarbeiter bleiben viele Jahre bei uns und es freut mich immer wieder, diese Jubilare im Zuge der Weihnachtsfeier zu ehren.
Monica Rintersbacher: Welche Rolle spielt soziokulturelle Verantwortung in Ihrem Unternehmen?
Markus Fuchsbichler: Natürlich ist das wichtig. Die Mitarbeiter wollen verstehen, welchen Beitrag wir als Unternehmen für die Gesellschaft leisten. Eines unserer Kerngeschäfte ist die Produktion von Reaktoren zur Herstellung diverser Kunststoffe. Die Kunststoffproduktion hat momentan ein schlechtes Image, aber wir haben uns weiterentwickelt und produzieren nun auch Apparate für bio-basierte Kunststoffe. Das ist besonders für die nächste Generation wichtig. Mitarbeiter wollen auch intensiver in alle Themen eingebunden werden. Wir haben eine offene Fehlerkultur. Wir diskutieren unsere Fehler und wir wollen aus ihnen lernen. In den vergangen 20 Jahren hat sich viel geändert. Früher ist vieles verheimlicht worden, nun spricht man über Fehler. Das ist, glaube ich, sehr wichtig, auch für den Weg, den wir eingeschlagen haben: Unsere Vision ist es, Lösungsanbieter zu werden und neue Segmente zu gewinnen. Anfangs haben wir sicherlich Fehler gemacht, daher war es uns wichtig, aus diesen zu lernen und mit den neuen Themen und Herausforderungen besser klarzukommen. Im Schichtbetrieb ist die Flexibilität natürlich eingeschränkt. Wir führen alle zwei, drei Jahre eine Mitarbeiterbefragung durch und dabei erhalten wir durchaus viele positive Rückmeldungen, etwa aus der Produktion. Dort haben uns die Mitarbeiter mitgeteilt, wie abwechslungsreich ihre Aufgaben sind. Wir produzieren quasi Einzelstücke und da gibt es immer andere Aufgaben und Herausforderungen. Es ist für uns motivierend zu hören, dass man bei uns viel lernen und sich weiterentwickeln kann. Natürlich gibt es – gerade in der Produktion – auch negative Faktoren, wie Lärm und Schmutz, aber wir suchen stets Lösungen, die Arbeitsumgebung zu verbessern.
Monica Rintersbacher: Sie haben Mitarbeiter in der Produktion und in der Verwaltung. Gehen Sie mit diesen unterschiedlich um?
Markus Fuchsbichler: Im Büro lässt sich natürlich einiges flexibler gestalten als in der Produktion. Dort gibt es weiterhin Schichtbetrieb und Homeoffice ist auch nicht möglich, das geht leider nicht anders. Aber die Mitarbeiter sehen das meist nicht so kritisch. Sie haben entweder vormittags oder eben nachmittags frei. Wir versuchen auf alle Fälle stets die besten Lösungen für alle zu finden.
Monica Rintersbacher: Sind Ihre Mitarbeiter in der Verwaltung lieber im Büro oder im Homeoffice?
Markus Fuchsbichler: Die Mitarbeiter sehen dies ganz unterschiedlich. Manche kommen im Homeoffice gar nicht zurecht. Sie wollen nicht von zu Hause aus arbeiten. Bei uns arbeiten viele Frauen in Teilzeit, die ihre Arbeitszeit lieber in der Firma verbringen wollen, obwohl Homeoffice möglich wäre, da sie den sozialen Kontakt bevorzugen. Ich sehe das sehr positiv: Die Mehrheit unserer Mitarbeiter will im Büro arbeiten, weil sie hier ihre Kollegen sehen und den Zusammenhalt pflegen möchten. Ich denke, es ist wichtig, dass Mitarbeiter gewisse Zeit im Unternehmen verbringen, da es eine ganz andere Bindung an die Firma ermöglicht als eine rein virtuelle Kommunikation mit den Kollegen. Für mich als Geschäftsführer war es schwierig, in den Zeiten als man teilweise auch gezwungen war, die Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken, denn man muss die Menschen trotzdem motivieren und dafür sorgen, dass sie den Bezug zum Unternehmen nicht verlieren.
Monica Rintersbacher: Wie wollen Sie die Arbeit in Ihrer Firma künftig gestalten?
Markus Fuchsbichler: Man wird weiterhin schauen müssen, dass es für alle fair bleibt. Ich denke, man wird je nach Position und Aufgabe im Unternehmen individuelle Lösungen finden und diese müssen für alle Beteiligten nachvollziehbar sein. In unserem Unternehmen leben wir eine offene Kommunikationskultur: Wir versuchen, Brennpunktthemen umfangreich zu kommunizieren und Diskussionen zuzulassen. Vieles wird sich künftig sicher ändern, zum Beispiel nicht mehr wegen einer Besprechung in den Flieger zu steigen – das machen wir nun digital. Das sehe ich schon als Gewinn. Wir haben viele Kunden bzw. Aufträge in China. Unser Exportanteil dorthin beträgt mehr als 50 Prozent. Seit der Pandemie war es schwer, nach China zu reisen. Man müsste zuerst drei Wochen in Quarantäne. Daher ist es schwieriger geworden, die Kundenbindung aufrecht zu erhalten. An sich haben die Leute in China gewisse Gepflogenheiten. So hat man ausgedehnte Abendessen, wo auch gerne auf das Geschäft, das man abschließen will, angestoßen wird. Das ist ein Zeichen der Wertschätzung – und nun können wir nicht vor Ort sein und müssen uns online unterhalten. Gott sei Dank haben wir noch keinen Auftrag verloren, aber es ist schwieriger geworden, die Aufträge zu gewinnen. Ich denke, künftig wird man generell weniger geschäftlich reisen, nur, wenn es tatsächlich notwendig und sinnvoll ist.
Monica Rintersbacher: Lassen Sie uns nochmals über die Suche nach geeigneten Mitarbeitern reden. Wie finden Sie diese und welche Vorbildung müssen sie haben?
Markus Fuchsbichler: Wir rekrutieren sehr viele neue Mitarbeiter von den berufsbildenden höheren Schulen wie HTLs oder FHs. Dort finden wir oft geeignete neue Mitarbeiter, da diese Praxiserfahrung haben: Die mussten bereits drehen, schweißen, messen. Sie waren einmal in der Zerspanung und in der Gießerei, sie haben also die Grundtechniken kennengelernt. Wenn jemand dann später bei uns im Betrieb etwas konstruiert, dann weiß diese Person, welche Schwierigkeiten es in der Produktion geben kann. Ich selbst habe im Bereich Engineering gestartet. Da gab es immer etwas zu lernen: Wenn etwa die Zeichnungen nicht gepasst haben, dann hat man die Problematik direkt vor Ort besprechen können. Der Vorteil hier ist: Man kann das Problem sehen, versteht es und man merkt es sich. Sehr viele Ingenieure sitzen im Büro und schicken die Zeichnung irgendwohin – und das Produkt wird dann ganz woanders produziert. Wenn unsere Konstrukteure fünf, sechs Jahre im Betrieb sind, dann sind das hochkarätige Experten im Apparatebau.
Monica Rintersbacher: Sie wollen, dass ihre Konstruktionen gleich in der Praxis ausprobiert werden.
Markus Fuchsbichler: Genau, wir wollen nicht nur Apparate produzieren, sondern unser Leistungsportfolio zusätzlich erweitern. Früher lag unser Fokus rein auf der Produktion. Heute wollen wir die Kundenberatung ausbauen, obwohl wir natürlich weiterhin ein Produktionsbetrieb bleiben werden. Wir wollen den Kunden künftig verstärkt die Gesamtlösung und die Peripherie rundherum anbieten. Wir haben zu unseren Kunden ein sehr gutes, partnerschaftliches Verhältnis, das wir laufend pflegen. Wir versuchen, unseren Kunden aktiv Verbesserungen vorzuschlagen. Wenn Kunden gut beraten sind, dann haben sie auch bessere Chancen, ihre Produkte zu verkaufen und sich gegenüber ihren Mitbewerbern durchzusetzen. Dabei können wir eine gute Stütze sein.
Monica Rintersbacher: Was hat Sie während dieser Krise als Geschäftsführer am meisten herausgefordert?
Markus Fuchsbichler: Als am Freitag, den 13. März 2020, der erste Lockdown verkündet wurde. Ich war am Tag zuvor noch in Budapest, da gab es bereits Grenzkontrollen und ich musste schauen, ob und wie ich wieder zurück nach Österreich komme. Damals wusste niemand, was passieren wird, es gab eine große Unsicherheit. Diesen ersten Schock habe ich auch gespürt und unseren Kunden ging es ebenso. Die ersten Wochen ist quasi überall nichts passiert, es wurden keine neuen Aufträge vergeben, es wurde nur der Produktionsbetrieb aufrechterhalten. Für mich bestand die größte Herausforderung darin, den Kontakt zu den Mitarbeitern nicht zu verlieren und diese weiterhin zu motivieren und für die größtmögliche Sicherheit der Mitarbeiter zu sorgen. Wir waren auch einer der ersten Betriebe, die Antigen-Tests angewendet haben. Wenn jemand Symptome oder Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatte, dann haben wir diesen Mitarbeiter sofort getestet. Wir sind besonders stolz darauf, dass sich kein einziger Mitarbeiter im Unternehmen angesteckt hat. Das ist sicher auf die Teststrategie zurückzuführen.
Monica Rintersbacher: Was ist das größte Learning, das Sie aus dieser Zeit mitnehmen?
Markus Fuchsbichler: Das größte Learning ist: Jede Krise, die man übersteht, macht stärker. Zuerst haben wir uns alle viele Sorgen gemacht, aber dann haben wir gelernt – etwa digital zu kommunizieren. Wir sind ein Betrieb, der nicht nur von Euch auditiert wird, sondern auch von anderen Organisationen. Da wird alles auf Herz und Nieren geprüft – und das ist mitunter auch online passiert. Im Vorfeld mussten wir die Audits umfangreicher vorbereiten. Abgesehen davon finde ich es sinnvoll, wenn nun Kunden Produkte wieder vor Ort ansehen und überprüfen können.
Monica Rintersbacher: Wenn Sie einen Wunsch für Ihren Betrieb äußern könnten, welcher wäre das?
Markus Fuchsbichler: Ich denke, wir sind ein großartiges Unternehmen und haben tolle Mitarbeiter. Wir wünschen uns, dass wir weiterhin tolle Mitarbeiter finden, da wir viele langjährige Geschäftspartner haben, die uns mit Aufträgen quasi überhäufen. Gott sei Dank. Wir müssen alles daran setzen, dass wir die Erwartungen unserer Kunden erfüllen. Wir wollen unsere Kunden bedienen und wir wollen keine Aufträge unserer Stammkunden ablehnen. Das ist die Herausforderung und wir hoffen, dass es uns allen gelingt, diese zu meistern.
Monica Rintersbacher: Vielen Dank für das Gespräch!