Nachbericht – Leitbetriebe Austria Expertenaustausch
Sicherstellung einer stabilen Versorgungssicherheit ist eine der dringlichsten Herausforderungen, vor denen die österreichische Wirtschaft aktuell steht. Insbesondere lebenswichtige Güter wie Medikamente, Energie und Alltagsprodukte müssen jederzeit verfügbar sein, um eine Krisen-Resilienz zu gewährleisten.
Monica Rintersbacher (Geschäftsführerin Leitbetriebe Austria) diskutierte gemeinsam mit Andreas Windischbauer (Vorstandsvorsitzender Herba Chemosan Apotheker-AG), Klaus Kaschnitz (Division Director Austrian Power Grid) und Franz Braunsberger (Geschäftsführer Kühne + Nagel) über die zentrale Frage: „Ist Österreich gut versorgt?“
Herausforderungen in der Pharma-Branche
Andreas Windischbauer von Herba Chemosan Apotheker-AG thematisierte die Abhängigkeit von asiatischen Märkten, insbesondere China und Indien. Diese betrifft vor allem die Beschaffung von Wirkstoffen und Medikamenten. Zudem zeigt die Abhängigkeit von globalen Lieferketten die Dringlichkeit von Lösungen wie der Diversifizierung der Beschaffung und alternativen Bezugsquellen.
Es besteht die Notwendigkeit von „Made-in-Europe“-Anreizen, um eine stärkere Produktion in Europa zu fördern und langfristige Unabhängigkeit von Asien zu ermöglichen. Als weiterer Punkt wurde die Transparenz in der Informations-bereitstellung für alternative Medikamente hervorgehoben, um Patienten und Gesundheitsdienstleister handlungsfähiger zu machen.
Energieversorgung: Speicherung und Flexibilität als Schlüssel
Klaus Kaschnitz von Austrian Power Grid (APG) beleuchtete die energiepolitischen Herausforderungen. Die Energieversorgung ist essenziell für alle wirtschaftlichen Bereiche. Dabei spielt der Ausbau erneuerbarer Energien eine bedeutende Rolle. Aktuell steht die Energiewirtschaft jedoch vor dem Problem, dass der Netzausbau der Photovoltaik-Kapazität und anderer erneuerbarer Energien in Österreich hinterherhinkt. Stabile Backup-Systeme sind unverzichtbar, um die Versorgung im Fall eines Blackouts oder anderer Störungen aufrechtzuerhalten.
Zu den möglichen Lösungen gehören Speichersysteme wie Wasserstoffspeicher oder Pumpspeicherwerke, die bei Bedarf überschüssige Energie konservieren.
Dafür ist zudem eine flexible Anpassung des Energieverbrauchs durch intelligente Netzsteuerung erforderlich ist. Beispielsweise könnten Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen oder der Betrieb von Wärmepumpen in Zeiten geringerer Netzauslastung erfolgen.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der politischen Unterstützung für Gaskraft-werke, die als Reserveinfrastruktur für Notfälle benötigt werden. Die langsame Umsetzung wichtiger Gesetzesreformen wie des Elektrizitäts-Erneuerbare-Ausbau-Beschleunigungsgesetzes (EABG) und die Neuregelung des ELWOX führen zu erheblichen Verzögerungen beim Ausbau der Energieinfrastruktur.
Krisenvorbereitung und Netzstabilität
Die Ukraine-Krise zeigt, wie wichtig es ist, auf mögliche Versorgungsengpässe vorbereitet zu sein. In Österreich gibt es hierfür bereits ein komplexes Abschaltungssystem, das auf Bundes- und Länderebene geregelt wird.
Österreich ist im Bereich der Energiereserven gut aufgestellt ist. Mit fast vollständiger Deckung der Gasreserven und kontinuierlichem Ausbau der erneuerbaren Energien. Langfristig ist es jedoch notwendig, nicht nur auf eine schnelle Erhöhung der Kapazitäten zu setzen, sondern auch auf eine Flexibilisierung des Verbrauchs.
Herausforderungen und geopolitische Risiken in der Logistik
Franz Braunsberger von Kühne + Nagel erläuterte, wie stark geopolitische Spannungen und Umweltfaktoren die globalen Lieferketten beeinflussen können. Insbesondere der Transport von Gütern über Seefracht und Schienenverkehr ist anfällig für geopolitische Konflikte (z. B. Spannungen im Roten Meer oder Taiwan) und klimatische Extremereignisse.
Auch die hohe Nachfrage nach Luftfrachtkapazitäten, bedingt durch das Wachstum von E-Commerce-Unternehmen wie ‚Temu‘ und ‚Shein‘ stellt besonders Pharma-Unternehmen vor Herausforderungen. Diese sind oftmals gezwungen, eigene Flugzeuge zu chartern, um wichtige Arzneimittel sicher zu liefern.
Zukunftsperspektiven für eine stabile Versorgungssicherheit
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass Österreich in Bezug auf Energie und Medikamente derzeit gut versorgt ist. Allerdings sind die zunehmenden globalen und geopolitischen Unsicherheiten ein Risiko, das flexibles und innovatives Handeln erfordert.
Eine klare Strategie, die den Ausbau der Infrastruktur und eine Diversifizierung der Lieferketten umfasst, wird als Schlüssel für eine resiliente Versorgungssicherheit gesehen. In Krisenzeiten ist eine enge Kooperation zwischen Unternehmen, politischen Akteuren und der Bevölkerung notwendig, um auf unerwartete Herausforderungen reagieren zu können.
Monica Rintersbacher unterstrich hier die Bedeutung heimischer Vorbild-Unternehmen: „Leitbetriebe sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Sie spielen eine entscheidende Rolle, um einen stabilen und verlässlichen Versorgungsprozess sicherzustellen. Dieser umfasst auch eine gute internationale Vernetzung, um Österreich nachhaltig gut versorgt zu halten.“