Update zur „Omnibus-Initiative“ der EU-Kommission: Nachbericht zum Leitbetriebe Austria Online-Fokusgespräch vom 19.03.2025
Die EU hat mit der am 26. Februar 2025 veröffentlichten Omnibus-Verordnung bedeutende Anpassungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgeschlagen. Beim Leitbetriebe Austria Online-Fokusgespräch erläuterte Günther Reifer, Leiter der Leitbetriebe Austria UNIT Nachhaltigkeit und Gründer des Terra-Instituts, die wichtigsten Änderungen und diskutierte über deren Auswirkungen.
1. Die zentralen Änderungen der Omnibus-Verordnung
CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) – Erleichterungen für Unternehmen
- Die Berichtspflicht gilt nun erst für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden (statt bisher 250).
- Unternehmen mit einem Umsatz von 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von 25 Millionen Euro bleiben berichtspflichtig.
- Drittstaatunternehmen müssen erst ab 450 Millionen Euro Umsatz berichten.
- Wesentliche Reduktion des bürokratischen Aufwands: Die Anzahl der verpflichtenden Datenpunkte wird um 25–30 % gesenkt.
- Verschiebung der Berichtspflicht um zwei Jahre: Unternehmen haben somit mehr Zeit zur Umsetzung.
- Die doppelte Materialitätsanalyse bleibt bestehen, ebenso wie die Prüfpflicht durch Wirtschaftsprüfer – allerdings auf einem geringeren Prüfstandard.
CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) – Neue Regelungen für die Lieferkette
- Unternehmen müssen sich nicht mehr mit der gesamten Wertschöpfungskette befassen, sondern nur mit ihren direkten Lieferanten (Tier-One).
- Sanktionsregelungen wurden entschärft, Unternehmen müssen nun erst alle fünf Jahre eine Überprüfung durchführen.
- Trotz der Erleichterungen bleibt die Verantwortung für nachhaltige Lieferketten bestehen.
EU-Taxonomie – Neudefinition der Berichtspflichten
- Die Anwendergrenze wurde auf 1.000 Mitarbeiter und 450 Millionen Euro Umsatz angehoben.
- Unternehmen mit weniger als 10 % taxonomiefähigem Umsatz müssen keine Berichterstattung mehr durchführen.
- Die neue Struktur soll den Verwaltungsaufwand für Unternehmen weiter reduzieren.
2. Unsicherheiten und politische Diskussionen
Zum jetzigen Zeitpunkt handelt es sich bei den vorgeschlagenen Änderungen lediglich um Entwürfe, deren endgültige Umsetzung weder zeitlich noch inhaltlich seriös abschätzbar ist. Besonders für österreichische Unternehmen besteht aktuell eine rechtliche Grauzone, da die CSRD in Österreich bislang nicht ins nationale Recht überführt wurde. Im Gegensatz dazu haben 20 von 26 EU-Mitgliedsstaaten die Richtlinie bereits ratifiziert. Diese Unsicherheit führt dazu, dass sich viele Unternehmen fragen, wie sie sich am besten auf zukünftige Berichtspflichten vorbereiten sollen.
3. VSME-Standard als Alternative für Unternehmen außerhalb der Berichtspflicht
Besonders für Unternehmen, die durch den Omnibus aus der Berichtspflicht fallen, könnte der VSME-Standard eine sinnvolle Alternative sein.
Die Eckpunkte von VSME:
- Flexible, aber strukturierte Nachhaltigkeitsberichterstattung
- Orientierung an den ESRS-Standards (European Sustainability Reporting Standards)
- Möglichkeit zur Zertifizierung durch Wirtschaftsprüfer
- Schwerpunkt auf strategische Integration statt reiner Compliance
4. Strategische Nutzung der neuen Rahmenbedingungen
Günther Reifer betonte in seinem Vortrag, dass die Omnibus-Verordnung eine große Chance für Unternehmen darstellt. Durch die Lockerung der Berichtspflichten könnten Betriebe nachhaltige Strategien nun flexibler und gezielter in ihr Geschäftsmodell integrieren, ohne sich durch übermäßige bürokratische Hürden ausbremsen zu lassen.
Unternehmen, die Nachhaltigkeit als strategischen Vorteil nutzen, profitieren von einem besseren Image und werden auch zunehmend von Investoren bevorzugt. Zudem stärkt eine klare Nachhaltigkeitsstrategie die Mitarbeiterbindung und steigert die Attraktivität als Arbeitgeber. Auch aus regulatorischer Sicht kann es vorteilhaft sein, sich bereits jetzt mit den neuen Standards auseinanderzusetzen, um für zukünftige Verpflichtungen gewappnet zu sein.
5. Teilnehmer-Diskussion
Die Teilnehmer des Webinars äußerten unterschiedliche Meinungen zu den neuen Regelungen. Während einige die Reduzierung der bürokratischen Anforderungen begrüßten, merkten andere Bedenken hinsichtlich des Wegfalls der sektorspezifischen Standards.
Ein Kommentar betonte, dass eine Strategie ohne klare Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse wenig zielführend sei. Unternehmen müssen sich weiterhin an ihrer Value Proposition orientieren sollten und dass Nachhaltigkeitsstrategien nicht zum Selbstzweck werden dürfen.
Günter Reifer stimmte zu, dass Nachhaltigkeit kundenzentriert gedacht werden muss: „Es geht nicht darum, einfach nur grüne Reports zu schreiben. Unternehmen müssen Nachhaltigkeit strategisch nutzen, um sich vom Wettbewerb abzuheben“.
Zum Abschluss hielt Monica Rintersbacher, Geschäftsführerin Leitbetriebe Austria, fest: „Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, freiwillig und proaktiv Verantwortung zu übernehmen. Nutzen wir diese Flexibilität als Innovationstreiber. So können wir echten Mehrwert für Unternehmen und Gesellschaft schaffen.“
Ein Follow-Up zum Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung | Antworten & Tipps zur Umsetzung findet am 2. April als Q&A statt. Dieses Leitbetriebe Austria Online-Format bietet eine Plattform für weitere Fragen und vertiefende Diskussionen.