Erich Steinreiber (ISS Österreich), Monica Rintersbacher (Leitbetriebe Austria), Thomas Schwabl (Marketagent), Martina Salomon (Kurier) und Christoph Troesch (Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien) © Katharina Schiffl

Präsentation Arbeitsmarkt-Kompass: So tickt der Arbeitsmarkt

Nachbericht zur Vorstellung der aktuellen Ergebnisse am 18. Februar 2025

Der „Arbeitsmarkt-Kompass“ erhebt regelmäßig die aktuelle Stimmungslage der österreichischen Arbeitnehmer. Dieser Barometer von Marketagent in Kooperation mit Leitbetriebe Austria gibt relevante Einblicke in die Jobpräferenzen der heimischen Beschäftigten.

Zur Präsentation der neuesten Zahlen kamen am 18. Februar rund 40 Gäste in der Medienlounge des KURIERS zusammen. Nach der Begrüßung durch Monica Rintersbacher (Leitbetriebe Austria) und Gastgeberin Martina Salomon (KURIER) gab Thomas Schwabl (Marketagent) Einblicke in die wichtigsten Erkenntnisse des Arbeitsmarkt-Kompasses / 4. Quartal 2024.

Arbeitsmarkt im Wandel – die Marktforschungsergebnisse

  • Arbeitszeitpräferenzen: Die Österreicher wünschen sich im Schnitt eine Wochenarbeitszeit von 33,3 Stunden. Besonders Frauen streben aufgrund von Care-Arbeit eine reduzierte Stundenzahl an.
  • Homeoffice-Anteil: Im Durchschnitt wollen Arbeitnehmer 35,7 % ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen, wobei die Tendenz dazu rückläufig ist.
  • Arbeitswege: Die maximale akzeptierte Pendeldistanz liegt bei durchschnittlich 24 km. In Wien ist die Bereitschaft, längere Arbeitswege in Kauf zu nehmen, am geringsten.
  • Trennung Beruf von Privatleben: Trotz des Wunsches nach mehr Flexibilität bei Ort und Zeit, wünschen sich 80 % der Befragten eine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben. Besonders Frauen betonen den Bedarf an Work-Life-Balance und mehr Zeit für Familie und persönliche Ziele.
  • Jobprioritäten: An erster Stelle stehen eine faire Bezahlung (64 %), ein angenehmes Arbeitsklima (57,2 %) und flexible Arbeitszeiten (41,4 %).
  • Zufriedenheit vs. Wechselbereitschaft: 85 % der Befragten sind mit ihrem Job zufrieden. Dennoch sind 32,6 % für einen Wechsel, vor allem aus finanziellen Gründen, bereit. Arbeitnehmer erwarten beim Jobwechsel eine Gehaltssteigerung von durchschnittlich 26 %.
  • Internationale Vergleiche: Während österreichische Arbeitnehmer eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 33,3 Stunden bevorzugen, sind es in der Schweiz 35 Stunden. Zudem ist der Wunsch nach Homeoffice in Deutschland und der Schweiz höher als in Österreich.

Diskussion: Herausforderungen und Chancen für Unternehmen
Die anschließende Gesprächsrunde brachte interessante Einblicke aus der Praxis. Mit Monica Rintersbacher (Geschäftsführerin Leitbetriebe Austria) diskutierten Martina Salomon (Herausgeberin KURIER), Erich Steinreiber (CEO ISS Österreich) und Christoph Troesch (HR-Leiter Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien) über die präsentierten Erkenntnisse sowie die Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt.

  • Homeoffice – Flexibilität statt Reglementierung

Homeoffice bleibt gefragt, aber die Präsenz am Arbeitsplatz steigt wieder an. Laut Troesch steigt der Wunsch nach Flexibilität, fixe Homeoffice-Tage verlieren an Bedeutung. Steinreiber erlebt leere Büros trotz hoher Investitionen in moderne Arbeitsplätze und warnt vor negativen Folgen von zu viel Homeoffice für Teamdynamik. Salomon merkt an, dass manche Facharbeiter sich nur wegen Homeoffice-Möglichkeiten in Verwaltungsberufe umschulen lassen – ein Zeichen für den hohen Stellenwert flexibler Arbeitsmodelle.

  • Gehalt oder Unternehmenskultur – Was hält Mitarbeiter wirklich?

Ein gutes Gehalt reicht nicht aus, um Mitarbeiter langfristig zu halten, so Steinreiber. Entscheidend ist die Unternehmenskultur – bei ISS Österreich sind viele Führungskräfte seit über 15 Jahren im Unternehmen. Auch Troesch betont die Wichtigkeit einer guten Unternehmenskultur. Monetäre Anreize sind zwar ein Faktor, aber echte Wertschätzung könne dadurch nicht ersetzt werden.

  • Integration und Diversität als Zukunftsthema

ISS Österreich beschäftigt 92 Nationalitäten und setzt auf gezielte Programme zur Integration. Laut Steinreiber braucht es sprachliche und fachliche Förderung, um Migranten erfolgreich in den Arbeitsmarkt einzubinden. Salomon sieht politischen Handlungsbedarf: Trotz Fachkräftemangel wird qualifizierten Menschen der Zugang zum Arbeitsmarkt oft unnötig erschwert. Diese Widersprüche könne sich Österreich langfristig nicht mehr leisten.

  • Generationenkonflikte und die Zukunft der Arbeit

Die Diskussion zeigte auch deutliche Unterschiede zwischen den Generationen. Während jüngere Arbeitnehmer verstärkt Flexibilität und Work-Life-Balance forderten, wünschten sich ältere Generationen oft mehr Sicherheit. Salomon verwies auf Dänemark, wo 75 % der 55- bis 65-Jährigen noch arbeiten, in Österreich hingegen nur 50 %. Dies deutet darauf hin, dass das österreichische System nicht auf längere Erwerbsphasen ausgelegt sei. Steinreiber kritisiert steuerliche Hürden für ältere Arbeitnehmer, die weiterarbeiten möchten – eine verpasste Chance, wertvolle Fachkräfte länger im Erwerbsleben zu halten.

Fazit und Ausblick
Die Diskussion machte deutlich, dass der Arbeitsmarkt im Wandel ist und sowohl Unternehmen als auch die Politik gefordert sind, neue Lösungen zu finden. Die wichtigsten Aussagen:

  1. Homeoffice wird langfristig bleiben, aber Präsenz gewinnt wieder an Bedeutung. Unternehmen sollten flexible Modelle weiterentwickeln.
  2. Geld ist wichtig, aber nicht alles. Unternehmenskultur, Teamgeist und Entwicklungsmöglichkeiten sind essenziell für die Mitarbeiterbindung.
  3. Integration muss aktiv gestaltet werden. Unternehmen könnten durch gezielte Programme und Weiterbildungsmaßnahmen einen großen Beitrag leisten.
  4. Ältere Arbeitnehmer müssen besser eingebunden werden. Reformen sind nötig, um Anreize für längeres Arbeiten zu schaffen.
  5. Generationenkonflikte sind absehbar. Junge Arbeitnehmer forderten Flexibilität und Work-Life-Balance, während Unternehmen Leistung und Engagement erwarteten.

Salomon betonte abschließend, dass die Gesellschaft über den Stellenwert von Arbeit nachdenken müsse. Eine Wirtschaft könne nur funktionieren, wenn Arbeit als Wert begriffen wird – und das beginne bereits in der Schule.

Alle Ergebnisse im Detail: https://b2b.marketagent.com/media/jzgood4f/praesentation_arbeitsmarkt-kompass_q4-2024-plus-hj2_dach_final.pdf

Weiterführende Informationen unter: leitbetriebe.at/initiative-neue-welt-der-arbeit

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