Claudia Grabner (BDO), Monika Sixtl (GDELS), Martin Lachout (ARCOTEL), Monica Rintersbacher (Leitbetriebe Austria), © BDO

Work Smart: Knappe Personalressourcen in unplanbaren Zeiten

Strategische Personalplanung, Employer Branding, Generationenwertewandel und gesellschaftliche Verantwortung – diese Themen stehen im Fokus der neuen Arbeitswelt.

Mitte Jänner 2023 fand in den Räumlichkeiten der BDO Austria GmbH ein von Leitbetriebe Austria organisiertes Fokus-Gespräch zum Thema „Work Smart“ statt. Impulsvorträge und Analysen von Claudia Grabner (Head of People and Organisation bei BDO), Martin Lachout (Vorstand der Arcotel Hotel AG) sowie Monika Sixtl (Head of Human Resources, GD European Land Systems-Steyr GmbH) lieferten praxisnahe Einblicke in die Themen Personalressourcen und Employer Branding und führten im Anschluss zu anregenden Diskussionen unter den Teilnehmern.

Die Arbeitsmarktsituation macht ein Umdenken erforderlich
Der österreichischen und europäischen Wirtschaft fehlt es an Mitarbeitern – so die Ausgangslage am Arbeitsmarkt. Welche Entwicklungen und Gegebenheiten zu dieser Situation geführt haben, analysierte Claudia Grabner in ihrem Impulsvortrag. Zu aktuellen Problemfeldern zählen beispielsweise der demografische Wandel, die Covid-19-Pandemie, der Wirtschaftsaufschwung und der Generationenwertewandel. Während die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt und gleichzeitig weniger Arbeitskräfte aus dem Ausland nachkommen, sehen sich Arbeitgeber darüber hinaus mit neuen Forderungen der Generation Z konfrontiert. Wie lassen sich die unterschiedlichen Anforderungen und Gegebenheiten vereinen und welche Möglichkeiten haben Unternehmen, damit umzugehen? Die Teilnehmer des Fokus-Gesprächs sind sich einig: In der Personalplanung ist ein Umdenken zwingend erforderlich.

Strategische Personalplanung als Lösungsweg
Wenn weniger Personal verfügbar ist, wird die ganzheitliche Strategie immer wichtiger, betont Claudia Grabner. Nachhaltige Lösungsstrategien sieht sie unter anderem in einer strategischen Personalplanung: „Wenn der Fischteich kleiner wird, ist die Frage, welche Mitarbeiter ich brauche und wie ich die vorhandenen Mitarbeiter optimal einsetze, immer wichtiger“, so Grabner. Neben der ganzheitlichen HR-Strategie spielt das Employer Branding eine immer wichtigere Rolle. Unternehmen sind gefordert, sich ihrer Stärken und Entwicklungsfelder wieder bewusst zu werden und diesbezüglich verstärkt Maßnahmen zu setzen. Dabei müssen Unternehmen die generationenspezifische Entwicklung und die Bedürfnisse der Generationen im Auge behalten. Eine Individualisierung in Personalentwicklungsfragen ist hierfür unausweichlich, so das Fazit.

Best practice – Motive der Mitarbeiter kennen, Zusammenarbeit mit Kunden forcieren
Besonders in der Gastronomie und Hotellerie hat die Corona-Krise deutliche Spuren hinterlassen. Viele Mitarbeiter haben in dieser Zeit die Branche verlassen und sind auch später – aufgrund attraktiver Alternativmöglichkeiten – nicht wieder zurückgekehrt. „Es ist einfacher einen Gast als einen Mitarbeiter zu finden“, bringt Lachout die Situation auf den Punkt. Eine wichtige Maßnahme besteht seiner Meinung nach darin, die vorhandenen Mitarbeiter zu halten und gleichzeitig die Motive der Mitarbeiter zu kennen. Was motiviert die Arbeitskräfte? Steht der Lebensunterhalt, die Karriere oder eine sinnstiftende Tätigkeit im Vordergrund und passt die jeweilige Erwartungshaltung zur angebotenen Stelle? Diese Fragen können im Vorfeld bei Bewerbungsgesprächen und Stellenausschreibungen bereits abgeklärt werden, so Lachout. Er spricht darüber hinaus eine weitere Entwicklung an, die besonders in der Hotellerie beobachtbar ist, an: Die Zusammenarbeit mit dem Kunden rückt immer mehr in den Fokus. So lassen sich Dank Digitalisierung etwa administrative Prozesse in Richtung Gast auslagern (beispielsweise das Selbst-Einchecken des Gastes). Dieses Angebot wird laut Lachout auch sehr gerne angenommen und stellt damit eine Win-Win-Situation für Unternehmen und Kunden dar.

Mitarbeiter halten, Mitarbeiterpool ausschöpfen – Erfolgsbeispiele aus der Praxis
„Es gibt nicht den richtigen Weg, der für alle gilt. Wichtig ist es, sich als Unternehmen in der Personalsuche breit aufzustellen“, meint Monika Sixtl, die von ihren Erfahrungen berichtet und unter anderem das Thema Ü50 anspricht. In ihrem Unternehmen GD European Land Systems-Steyr bleiben die Mitarbeiter mit einer Fluktuation unter 5 Prozent im Vergleich zu anderen Unternehmen sehr lange im Unternehmen. Einen Grund sieht sie im durchschnittlich hohen Alter ihrer Mitarbeiter und in diesem Zusammenhang den gemeinsam im Laufe der Jahre gemeisterten Herausforderungen.  Diese Mitarbeiter sind höchst zufrieden und bleiben dem Unternehmen in der Regel bis zur Pensionierung erhalten. Das Thema Ü50 bewusst auch im Recruiting aufzugreifen und wertvolle Erfahrungen bis zur Pension noch einige Jahre nutzen, wird aufgrund unserer demografischen Entwicklung auch immer wichtiger, betont Sixtl. Weiters geht sie auch im Recruiting eigene Wege und setzt verstärkt auf klassische Mundpropaganda im Freundes- und Bekanntenkreis. Auch mit analogen Mitteln wie Flyern mit QR-Code hat sie beim Recruiting gute Erfahrungen gemacht.

Den verfügbaren Mitarbeiterpool auszuweiten und gleichzeitig soziale Verantwortung zu übernehmen, dafür plädiert auch Gerlinde Tröstl, Geschäftsführerin vom Familienunternehmen Markas. In diesem Facility Service Unternehmen, welches unter anderem im Bereich Reinigung tätig ist, setzt Gerlinde Tröstl stark auf Diversität und Inklusion. Menschen mit Beeinträchtigung bieten ein großes Mitarbeiterpotenzial, das von vielen Unternehmen (noch) nicht wahrgenommen wird. „Jeder Mensch möchte gebraucht werden und eine Aufgabe haben. Wir nehmen unserer gesellschaftlichen Verantwortung als Unternehmen wahr und geben allen Menschen, die können und wollen, eine Chance“, so Tröstl.  

Ein weiteres Tabu-Thema betrifft die Pflege, welche an diesem Vormittag ebenso angesprochen wurde und in unserer Gesellschaft immer präsenter wird.  Auch in diesem Bereich gilt es für die Unternehmen ihren Mitarbeitern mehr Flexibilität anzubieten, um die Vereinbarkeit zu verbessern und diese langfristig im Unternehmen zu halten.

Weitere Trends – 4-Tage-Woche und Remote Work

Work hard – live smart“ – ein Trend, der sich in vielen Branchen abzeichnet und sich auf komprimierte Arbeitszeit (z.B. Vier-Tage-Woche) bezieht. Lachout zu Folge wird sich dieser Trend auch in Zukunft durchsetzen. Durch gebündelte und konzentrierte Arbeitszeit entstehe weniger Liegezeit und für den Mitarbeiter gleichzeitig mehr Freizeit. In der anschließenden Diskussionsrunde stimmen auch Vertreter anderer Branchen ein. So ist die 4-Tage-Woche auch in der IT-Branche fest verankert, wie Thomas Brödl, Standortleiter bei der Parkside Interactive, betont. Neben der komprimierten Arbeitszeit tragen auch Remote Work, Mitspracherecht der Mitarbeiter und eine sinnstiftende Tätigkeit dazu bei, junge und hoch qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, so Brödl abschließend. 

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