Dr. Clemens Pig, Geschäftsführer APA-Austria Presse Agentur © APA

APA: Die Zukunft der Medien mit KI (Interview)

„Generative AI ist ein mächtiges Werkzeug, das in sichere Hände und in ein sicheres Umfeld gehört. Qualitätsmedien können ein solches faktenbasiertes und zuverlässiges System darstellen“, ist Clemens Pig, Geschäftsführer APA-Austria Presse Agentur, überzeugt. 

Im Interview mit Leitbetriebe Austria spricht er darüber, welche enormen Chancen KI in der Medien- und Kommunikationsindustrie bietet, aber auch welche Gefahren – etwa in Bezug auf Fake News – damit einhergehen. Er spricht sich für Trusted Content und Trusted AI aus. Dies werde etwas durch Initiativen wie den „trusted European Media data Space“ möglich. Die Zusammenschlüsse dienen als Grundlage für neue und erfolgreiche Geschäftsmodelle von Medien, ist Pig überzeugt.  

KI wird Unternehmen und Medien künftig stark verändern. Wo liegen Ihrer Meinung nach die Chancen, wo die Gefahren beim Einsatz von KI?
Clemens Pig: KI bringt wie jede neue Technologie sowohl Gefahren als auch Chancen, wobei die konkreten Auswirkungen stark vom gesetzlichen Rahmen sowie von den Menschen und Institutionen abhängen, die diese einsetzen. Eine unkontrollierte generative AI kann etwa zum Superspreader für Fake News werden und damit ganze demokratische Gesellschaften und deren Meinungsbildungsprozesse schwer beschädigen.   

Richtig eingesetzt kann KI jedoch der Medien- und Kommunikationsindustrie enorme Vorteile bringen. Sie hat unter anderem große Potenziale, Komplexität zu verringern, Effizienz bei Routinearbeiten zu schaffen, Kommunikation etwa über Sprachen und Verständnisniveaus hinweg zu erleichtern oder neue Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden. Entscheidend wird allerdings sein, dass dies in einem transparenten, rechtlich und ethisch korrekten Rahmen mit großer Transparenz und vor allem zum Wohle des Menschen passiert – ich halte das für die größte und dringliche Aufgabe in diesem Zusammenhang, der wir uns alle gemeinsam auf politischer, wirtschaftlicher, gesellschaftlicher Ebene stellen müssen.  

Für unseren eigenen Umgang mit generativer AI haben wir mit „Trusted AI“ einen strategischen Rahmen geschaffen sowie eine Leitlinie verfasst. Diese stellt für uns selbst eine bindende Richtschnur in einem ständig sich wandelnden Tätigkeitsfeld dar und bildet eine Garantie für unsere Kundinnen und Kunden, von der APA faktenbasierte und transparente Produkte zu erhalten.  

Wie stellen Sie sich die österreichische Medienlandschaft der Zukunft vor? Wie kann Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter funktionieren? 
Eine der zentralsten Gefahren für Demokratien und freie Gesellschaften ist die erwartbare Flut an Fake News. Wichtige Fragen lauten: Welcher Information und Nachricht – egal ob Text, Bild, Video – kann noch vertraut werden, oder wie kann Qualitätscontent von Medien für die Userinnen und User sicher authentifiziert werden? Problematisch wird es vor allem bei gezielter Manipulation und Beeinflussung von z.B. Wahlergebnissen durch KI-gestützte Desinformation. Wir stehen kurz vor entscheidenden nationalen und internationalen Wahlen und müssen das Phänomen der Desinformation sehr ernst nehmen. Es braucht dringend starke vertrauenswürdige Gegengewichte in Form von vertrauenswürdiger, faktengeprüfter Berichterstattung – die Kernaufgabe des Qualitätsjournalismus. 

AI bringt für Medienhäuser darüber hinaus extrem spannende Anwendungen in der Erstellung, Verarbeitung und Analyse von Inhalten – auch die APA bietet hier eine Palette an Services, jeweils auf Basis faktenbasierter Inputs. KI kann beispielsweise bei der Userzentrierung oder der Text- und Formatekonvertierung enorme Vorteile bringen, um Zielgruppen besser ansprechen und erreichen zu können. Unliebsame, zeitaufwändige Aufgaben, wie Beschlagwortung oder Interview-Transkripte, können effizienter und schneller erfolgen. Journalist:innen haben damit die Chance, sich auf ihre zentralen Aufgaben zu konzentrieren: Die Recherche, die Einordnung und die Essenz einer Geschichte. Auch in der Fake-News-Erkennung, die ja derzeit schon ein wesentlicher Bereich qualitätsjournalistischer Arbeit ist, wird KI eine noch stärkere Rolle spielen. Dadurch entstehen insgesamt neue Berufsbilder in den Newsrooms. 

In Ihrem kürzlich veröffentlichten Buch „Democracy Dies in Darkness“ sprechen Sie sich für enge Kooperation innerhalb der Medienbranche zu „Trusted AI“ aus. Wie würde dies konkret aussehen? 
Generative AI ist ein mächtiges Werkzeug, das in sichere Hände und in ein sicheres Umfeld gehört. Qualitätsmedien können ein solches faktenbasiertes und zuverlässiges System darstellen. Der sichere Umgang sowie eine umfassende Kenntnis der rechtlichen, ethischen und technologischen Rahmenbedingungen sind insbesondere für Medienunternehmen essenziell.  

Ich bin überzeugt, dass die digitale Zukunft von Medien durch technologische Innovation und Kooperation nachhaltig gelingen kann. Eine solche konkrete, bereits operativ tätige Initiative ist etwa der „Trusted European Media data Space“ (TEMS) – ein europäisches Konsortium von 43 Organisationen aus 14 Ländern, in dem verifizierte und zuverlässige Informationen den Input für kontrollierte, gemeinsame AI-Anwendungen bilden. Ich sehe Zusammenschlüsse wie diese als Leuchtturm und kollaborativen Hub für Trusted Content und Trusted AI und in weiterer Folge eine Grundlage für neue und erfolgreiche Geschäftsmodelle von Medien. 

Die APA bietet am APA-Campus eine Vielzahl an Webinaren und Workshops zum Thema KI. An wen richten sich diese und welches Wissen wird hier vermittelt? 
Das Angebot von APA-Campus richtet sich an PR-Fachleute aus Unternehmen und Agenturen sowie an Journalist:innen quer durch alle Ressorts und Mediengattungen, von Berufseinsteiger:innen bis zu Führungskräften. Das Thema KI wird hier derzeit sehr stark nachgefragt, da es die gesamte Branche nach wie vor intensiv beschäftigt. Spezialist:innen wie etwa unsere Prompt Engineerin oder Data Scientists aus dem eigenen Haus, aber auch hochkarätige externe Expert:innen bieten dazu in unseren Seminaren und Workshops kompakte Theorie, beleuchten sämtliche Aspekte bis zu Recht und Ethik, und leiten – etwa in Hackshops – praktische Übungen an, stets mit ausreichend Raum für Fragen und Diskussionen.  

Abschließend: Was bedeutet für Sie die Teilnahme bei Leitbetriebe Austria? Was heißt es, ein Vorbildunternehmen zu sein? 
Die APA zählt seit dem Frühjahr 2019 zur Riege der Leitbetriebe Austria und steht seitdem in einem laufenden und spannenden Austausch innerhalb des Netzwerks. Als führender Informations- und Technologieprovider im heimischen Medienbereich setzen wir auf Digitalisierung, Innovation und Vertrauenswürdigkeit. Die Leitbetriebe-Zertifizierung bestätigt unsere Ausrichtung hinsichtlich Nachhaltigkeit, Technologie und unternehmerischer Verantwortung.   

Vielen Dank für das Interview! 

Infobox
Die APA – Austria Presse Agentur ist die nationale Nachrichtenagentur und der wichtigste Informationsdienst des Landes. Ihre Eigentümer sind zehn österreichische Tageszeitungen und der ORF. Damit ist die APA eine von nur rund 20 Nachrichtenagenturen weltweit, die von Staat und Regierung unabhängig sind. Mehrere Tochterunternehmen bietet der Informations- und Kommunikationsbranche spezialisierte Produkte, Lösungen, Services und Tools für deren inhaltliche und technologische Workflows an. 

Die APA-Dienste bilden mit ihren multimedialen Nachrichtenangeboten, Datenbanken und technischen Dienstleistungen einerseits eine substanzielle Basis für die tägliche Arbeit in Redaktionen und der Kommunikationswirtschaft, sowie Services und Entscheidungsgrundlagen für Politik und Wirtschaft. Andererseits stellt die APA auch eine unabhängige Inhalte- und Technologieplattform für Innovationen und Kollaboration innerhalb der Branche und darüber hinaus dar. Dies zeigt sich in einer Reihe digitaler Kooperationsprojekte wie dem Login-System MediaKey, dem digitalen Zeitungsstand Austria-Kiosk, dem Innovation-Hub APA-medialab, der Videosharing-Plattform Austria Videoplattform (AVP) und anderen.  

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