Um am Arbeitsmarkt zukunftsfit zu bleiben, müssen Unternehmen „Arbeit“ neu denken und innovative Lösungen für potenzielle, bestehende und verabschiedete Arbeitnehmende finden.
Die branchenübergreifende Mitarbeiterfluktuation (1) (mit Spitzenwerten bis zu 49% in der Logistikbranche) stellt Unternehmen vor völlig neue Herausforderungen. Während diese bemüht sind, Mitarbeitende nachhaltig zu binden, streben Arbeitnehmende zunehmend nach Flexibilität, Freiheit und weniger starren Strukturen. Die Wechselbereitschaft ist laut einer Langzeitstudie von forsa (2) so hoch wie nie. Jeder 2. Arbeitnehmende wäre derzeit bereit, bei einem neuen Arbeitgebenden das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, Zufriedenheit, Agilität und neuen Formen der Zusammenarbeit zu stillen. Mitarbeitende interessieren sich immer weniger für fixe Arbeitgebende, Stellen oder Berufsbeschreibungen, sondern halten Ausschau nach vielversprechenden Kontakten, Tätigkeiten und Wirkungspotenzialen. Welche Position man innehat, wird nachrangig, welche Wirkung man erzielt, zur Priorität.
Daraus resultierend legen Unternehmen den Fokus auf attraktive Recruiting-Kampagnen und unternehmensinterne Bindungsprogramme. Gerade jetzt ist es unumgänglich, das Potenzial eines zeitgemäß gestalteten Trennungsmanagements aktiv zu nutzen. Denn Authentizität und Wertearbeit spiegeln sich nicht nur in der Mitarbeitergewinnung und -bindung wider, sondern speziell in deren Verabschiedung.
Wie man sich trennt, ist ausschlaggebend. Der Austrittsprozess – als wichtiger Bestandteil der Employee Experience – wird oftmals nur wenig später zum (Wieder-) Eintrittsprozess. Ehemalige Mitarbeitende tragen ein hohes Potenzial in sich. Sie sind Botschafter, die zum Unternehmensimage beitragen – im Guten wie im Schlechten. Sie sind „Auskunftgebende“ für potenzielle Kandidatinnen, oftmals neue „Kunden“ oder „Rückkehrerinnen“, die nach einer Phase der Weiterentwicklung selbst wieder ins Unternehmen eintreten. Boomerang Hiring liegt voll im Trend. Mehr als ein Drittel der 2021 befragten Unternehmen (3) können sich vorstellen, ehemalige Mitarbeitende wieder einzustellen, Tendenz steigend.
Im Offboarding-Prozess ergeben sich durch die neue Arbeitswelt maßgebliche Änderungen. Dies erfordert nicht nur eine Weiterentwicklung des bisherigen Trennungsmanagements, sondern auch einen komplexen Wandlungsbedarf der Trennungskultur.
Trennungsmanagement der Vergangenheit – mehr Flop als Top:
81% aller Befragten sehen den Wert, den ein professionelles Trennungsmanagement zum Engagement und zur langfristigen Mitarbeiterbindung beiträgt (4) (Kienbaum-Studie 2016). Bei 70% aller Unternehmen fehlt es allerdings an einer aktiv gesteuerten Trennungskultur. Über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg konnten 64% der Befragten keine klar definierte Rekrutierungs- und Trennungsstrategie vorweisen. Auch klare Richtlinien, Vorgaben, Prozesse oder kohärentes Führungsverhalten fehlen. Die Studie zeigt deutlich, dass weder „Hard Factors“ wie Erfolgskennzahlen im Trennungsmanagement noch „Soft Factors“ wie einheitliches Leadership klar definiert sind. Nur 33% aller Führungskräfte erhalten eine Schulung, wie Trennungsgespräche zu führen wären. Dafür berufen sich bereits 58% der Befragten in Trennungsprozessen auf externe Unterstützung. Besonders die Out/New Placement Beratung gewinnt an Beliebtheit, auch wenn erst 12% der Betriebe dieses Angebot in ihrem Standard-Abfindungspaket haben. Die Mehrheit der befragten Unternehmen ist sich einig: Professionelles Trennungsmanagement senkt die Kosten, steigert das Unternehmensimage und setzt noch vor der Trennungsentscheidung an.
Trennungsmanagement der Gegenwart – den Weg bereiten:
In den letzten fünf Jahren fand eine leichte Weiterentwicklung statt (5). 2021 gaben bereits 33% aller befragten Unternehmen an, dass sie über eine klar definierte Trennungsstrategie verfügen – immerhin eine Steigerung von rund 10% gegenüber 2016. Allerdings fehlen immer noch bei 74% aller Befragten klare Strukturen, Führungsvorgaben und Prozesse. Auch besteht immer noch Unklarheit über die Rolle des Managements im Trennungsprozess und die positive Gestaltung der Trennung. Die größte Herausforderung bleibt die adäquate, zielgruppengerechte Kommunikation mit den Betroffenen.
Trennungsmanagement der Zukunft – die Kunst des Verabschiedens:
Verabschiedungen müssen also weiterhin verfeinert werden. Trennungsmanagement muss einen zentralen Baustein in der langfristigen Personalstrategie darstellen. Denn Trennungen – ob freiwillig oder unvermeidbar – prägen maßgeblich die gesamte Unternehmenskultur. Der Umgang mit scheidenden Mitarbeitenden spiegelt ganz unverfälscht die allgemeine Führungs- und Feedbackkultur wider. Das beeinflusst nicht nur das Unternehmensbild der Scheidenden, sondern maßgeblich das Vertrauen der verbleibenden Belegschaft. Werden Ausscheidende fair, ehrlich und wertschätzend behandelt und unterstützt, vermittelt dies psychologische Sicherheit. Genau diese ist essenziell, damit sich Mitarbeitende aktiv einbringen, loyal verbunden bleiben und sich darauf verlassen, dass sich ihre Wünsche und Bedürfnisse – im Idealfall gemeinsam mit dem aktuellen Arbeitgebenden – verwirklichen.
Um teure und nervenaufreibende Konflikte sowie verdeckte Kostenfallen zu vermeiden, muss Trennungsmanagement in seinen jeweiligen Phasen ausgereift durchdacht sein: von der Entscheidung des Personalabbaus über die Vorbereitung, der Planung der internen Kommunikationsstrategie bis hin zur Konkretisierung der notwendigen Schritte und der individuellen Gesprächsführung mit Betroffenen. Auch die Neuausrichtung nach dem Personalabbau gehört dazu. Unterschätzen Sie nicht die Reparaturkosten eines unbedachten Personalabbaus (sowohl organisatorisch als auch psychisch), diese sind immens. Materielle Kosten wie Sozialplan- und Fluktuationskosten sind sichtbar, direkt quantifizierbar und treten kurzfristig auf. Immaterielle Kosten wie die Belastung des Betriebsklimas, Know-how–Verlust und Imageschaden durch negatives Word-of-Mouth sind meist unsichtbar, nur eingeschränkt messbar und erst langfristig spürbar. Einsparungseffekte werden oft durch negative Folgewirkungen absorbiert. Berücksichtigen Sie diese daher unbedingt in ihrer Gesamtkalkulation.
Wird der Trennungsprozess professionell vorbereitet und einheitlich umgesetzt, hat dies signifikant positive Auswirkungen auf alle Beteiligten. Unternehmen können von Unternehmensalumni als potenzielle zukünftige Kunden profitieren und gleichzeitig ein wertvolles Netzwerk für zukünftige Rekrutierungsbemühungen aufbauen. Zusätzlich fungieren positive Mundpropaganda und Empfehlungen in den sozialen Netzwerken der ehemaligen Mitarbeitenden als hervorragendes Marketing für Unternehmen – positives Word-of-Mouth ist oft der wichtigste Faktor für Arbeitssuchende (Dornmayr/Riepl 2021).
Daher sind künftig besondere Finesse und Feingefühl erforderlich, um den Trennungsprozess bestmöglich und zeitgemäß zu gestalten.
Mit folgenden Maßnahmen kann Ihnen dies gelingen:
Kontinuierlich optimieren. Eine Standardisierung des Trennungsprozesses sichert allen Beteiligten im Zeitverlauf die gleiche Qualität und Unterstützung zu. Dazu braucht es umfassende Schulungen aller Trennungsbeteiligten, von der Führungsebene bis zur HR-Abteilung. Mit umfassenden Feedbackschleifen, die alle Stakeholderinnen einbeziehen, soll das Trennungsmanagement als kontinuierlicher Verbesserungsprozess stetig optimiert werden. Das ermöglicht die aktive Verankerung einer bewussten Trennungskultur in Ihrem Unternehmen.
Unternehmenswerte authentisch verkörpern. Trennungskultur spiegelt sich nicht nur in den Abschiedsgesprächen wider, sondern auch in der Feedback- und Konfliktkultur. Zeigen Unternehmen soziales Verantwortungsbewusstsein im Trennungsprozess, zahlt das direkt auf die interne Mitarbeiterzufriedenheit und mentale Gesundheit ein und verstärkt gleichzeitig das externe Unternehmensimage.
„New Work“ konsequent leben. Gerade in Zeiten der Sinn-Ökonomie gewinnt der New Work Aspekt „Purpose“ an immenser Wichtigkeit. Konsequente Purpose-Orientierung darf somit auch im Trennungsprozess nicht fehlen: Wollen Mitarbeitende woanders „Impact“ schaffen, sollte man Reisende ziehen lassen, ihnen aber im Sinne der sozialen Verantwortung und fairen Verabschiedung die optimale Ausrüstung für ihren weiteren Weg mitgeben.
New Placement-Beratung anbieten. Bei Trennungen – egal ob gewünscht oder notwendig – sind Wertschätzung und zielgerichtete Unterstützung der einzelnen Mitarbeitenden in ihrer weiteren Karrieregestaltung essenziell. Das Angebot von Out/New Placement Beratungen hilft, damit sich scheidende Mitarbeitende gesehen, gehört und geschätzt fühlen. Eine Tür geht zu, im Zuge einer New Placement Begleitung geht die nächste Tür auf. „New Work“ umfasst somit auch „New Placement“.
Impulsfragen für die Weiterentwicklung Ihres Trennungsmanagements:
- Wann wurde der Trennungsprozess das letzte Mal hinterfragt?
- Wie würden Ihre Mitarbeitenden die Trennungskultur in Ihrem Unternehmen beschreiben?
- Wie wollen Sie als Unternehmen/Arbeitgebende:r in Erinnerung bleiben?
- Welche Angebote haben Sie in Ihrem Abfindungspaket?
- Wie „New Work“-gerecht ist ihr derzeitiger Trennungsprozess?
Quellen:
(3) https://www.klaglos.at/wp-content/uploads/Trennungsmanagement-4.0_Kienbaum-Studie_2016.pdf
(4) https://www.kienbaum.com/de/publikationen/trennungsmanagement-update-2021
(5) https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/3-new-work-trends-die-arbeit-praegen/
Weiter zum Unternehmensprofil