Firmenübergaben bieten neben einer Neugründung eine spannende und hoffentlich ertragreiche Unternehmerlaufbahn.
Das Potenzial dafür ist groß. Insgesamt stehen bis 2027 etwa 42.000 kleine und mittlere Unternehmen zur Übergabe an und das sind 26% aller KMU der gewerblichen Wirtschaft Österreichs. Erfolgreiche Übergaben sind nicht nur im Interesse von Übergebern und Nachfolgern, sondern des gesamten Wirtschafts- und Arbeitsstandortes. Über 400.000 Arbeitsplätze können in den nächsten zehn Jahren durch gelungene Übergaben gesichert werden. Übergebene KMU können laut KMU Forschung Austria im Zeitraum 2018 bis 2027 voraussichtliche Umsätze von durchschnittlich fast 50 Mrd. € jährlich erzielen.
2021 gab es in Österreich insgesamt 6580 Firmenübernahmen, was ein Plus von 3,5% im Vergleich zu 2020 bedeutet. Die Hälfte der Unternehmen, die zur Übergabe anstanden, bestand seit mindestens 25 Jahren. Mit rund 1100 Übernahmen war dabei einmal mehr die Gastronomie auf Platz 1, jedoch in geringerem Ausmaß als in den Vorjahren. 55% sind familieninterne Übergaben. Rund die Hälfte der familienexternen Übergaben sind Verkäufe an Dritte. Bei etwa einem Viertel erfolgt die Übernahme durch einen Mitarbeiter bzw. mittels eines Management Buyout. Ein weiteres Viertel werde an Bekannte bzw. Freunde verkauft. Gründe für eine Unternehmens-Übergabe sind vielfältig. Zu 60% ist der bevorstehende Pensionsantritt der maßgebliche Grund für die Übergabe während 30% familiäre oder wirtschaftliche Gründe dafür ausschlaggebend sind diesen Schritt vorzunehmen und zu 10% erfolgt die Übergabe auf Grund unplanbarer Ereignisse.
Die Übergabeform muss passen
Es gibt natürlich mehrere Formen der Übergabe. Die „richtige“ Form muss für jedes einzelne Unternehmen individuell erarbeitet werden. Zahlreiche innerbetriebliche sowie persönliche Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden. Familienbetriebe werden innerhalb der Familie meist in Form einer Schenkung übergeben. Die gebräuchlichste Form der Übergabe außerhalb der Familie ist der Verkauf des Unternehmens. Bei einer Pacht hat der Pächter das Recht, für einen vertraglich festgesetzten Zeitraum das Unternehmen des Verpächters zu nutzen, und zahlt dafür einen Pachtzins.
Stolpersteine beachten
Fakt ist, dass bei Übergaben natürlich immer wieder Fehler passieren. Beispielhaft ist das falsches Zeitmanagement so nach der Devise „Das hat ja noch Zeit.” Wichtig für das Gelingen der Übergabe ist der richtige Faktor Zeit, der größte Fehler das Hinausschieben auf die lange Bank. Unternehmer sollten frühzeitig überlegen, ob und wie die Firma an die nächste Generation übergeben wird. Der ideale Zeitpunkt ist 5 bis 10 Jahre vor dem Abschied. Ebenso die falsche Annahme: „Eines der Kinder wird es schon machen.” Die Übergabe eines Unternehmens ist wie ein Doppelconférence – einer gibt ab, einer übernimmt. Wer will, dass die Erben die Nachfolge antreten, muss ihr Interesse wecken. Es sollte das Motto gelten: „Kinder haben nicht automatisch Anspruch auf die Nachfolge“, … „aber sie haben Anspruch auf Klarheit, damit sie ihre Lebensplanung danach ausrichten können.“
Ein Generationenvertrag auf Basis einer Familienverfassung, der alle relevanten Fragen regelt, ist ein probates Mittel um frühzeitig auch diese und weitere essentiellen Fragen zu klären. Die Nachfolge-Generation muss in die Erarbeitung einer Familienverfassung einbezogen werden. Ein weiterer Fehler liegt auch in der falschen Zukunftsplanung so nach der Devise aus der Sicht des Seniors: „Wir machen das gemeinsam. Und irgendwann ziehe ich mich zurück.” Dies ist immer wieder zu beobachten und damit ist wahrlich niemanden geholfen. Ein Nebeneinander von Übergeber und Nachfolger wäre natürlich sinnvoll, enthält aber Konfliktpotenzial. Die Versuchung für Übergeber, über den Übergabetermin hinaus noch den „Senior-Chef” zu spielen, ist groß. Unabdingbar ist daher ein Zeitplan, der das Nebeneinander, die Übergabe und den Rückzug eindeutig regelt. Wichtig wäre es bei diesem Thema, für die ältere Generation eine neue Rolle außerhalb des Unternehmens zu finden. Denn wer sein Leben lang aktiv war, tut sich schwer, plötzlich nichts zu tun. Der Spruch: „Hier geht’s nur um Zahlen und Fakten, nicht um Emotionen.” wäre sicherlich der falsche Ansatz, das Thema Übergabe in den Griff zu bekommen. Mangelndes Vertrauen, die Angst, nicht mehr wichtig zu sein, Neid auf einen Kronprinzen, gekränkter Stolz, Sorgen ums Geld – fast jede Nachfolge hat auch emotionale Komponenten. Manche Familienmitglieder sind in der Firma beschäftigt, andere nur Gesellschafter. Vielleicht gibt es familienfremde Manager, die Anteile halten, oder Schwiegerkinder, die zwar zur Familie gehören, aber keine Gesellschafter sind. Daraus ergeben sich oft große Interessenkonflikte. Abhilfe auch für diesen Punkt schafft die rechtzeitige Implementierung einer Familienverfassung. Ein neutraler Mediator, mit nachweislicher Expertise auf diesem Gebiet, der mit den betroffenen Personen zukunftsweisende Lösungen erarbeitet. Dafür bietet sich die Familienverfassung bestens an.
Gemeinsam in die gute Zukunft
Firmenübergaben innerhalb der Familie sind eine heikle Aufgabe. Fragen: Wie ist es steuerlich am besten? Wer setzt die Verträge auf? Wer bekommt wie viel Geld? Das sind die Fragen, mit denen sich Firmenchefs bei der Übergabe innerhalb der Familie meist zuerst und oft ausschließlich befassen. Und dann wundern sie sich, warum sie trotzdem scheitern. Die Ursachen liegen oft nicht im organisatorischen Teil. Steuerberater, Notare oder Banker leisten jeder für sich einen wichtigen Beitrag. Wenn es aber hakt, liegt es meist im Zwischenmenschlichen. Oft bleibt viel unausgesprochen. Beim Nachfolger zum Beispiel: Warum mischt sich der Papa andauernd ein? Immer weiß er alles besser und auf Seiten des Gründers: Kriegt der Junior das alleine hin? Immer daheim ist eh fad, ich behalte ihn besser im Auge. Das ist auch eine gelungene Zutatenliste für Konflikte. Firmenweitergaben im familiären Umfeld lassen keinen Lebensbereich unangetastet. Privates verschwimmt gänzlich mit Beruflichem. Einzelfälle sind das nicht und fast überall gibt es Hürden zu meistern. Geregelt werden können all diese Punkte am besten bevor es noch zu den Schwierigkeiten kommt. Dies muss aber gemeinsam erarbeitet werden und kann nicht mittels eines Vertrages den Familienmitgliedern verordnet werden.
Die Familienverfassung als oberste moralische Instanz
Über die Familienverfassung wird sehr oft gesprochen, aber dennoch ist sie für manche nicht so greifbar. Die Familienverfassung ist eine von allen Mitgliedern einer Unternehmerfamilie gemeinsam ausgearbeitete und im Konsens beschlossene schriftliche Zusammenfassung von Absichten, Zielen, Werten, Regeln und Verhaltensnormen. Sie erfasst unter anderem die Rolle der Familie im Unternehmen, deren Rechte und Pflichten sowie Verhaltensregeln für den Umgang mit Familien- und Unternehmensangelegenheiten.
Steigerung des Unternehmenswerts
Gegen den Verlust der familiären Einheit hilft kein noch so guter Gesellschaftsvertrag. Der Gesellschaftsvertrag schafft nicht das, was gebraucht wird – nämlich ein stabilisierendes Gefüge von Strukturen in der Familie. Eine Familienverfassung erhöht die emotionale Bindung der Familie zum Unternehmen. Eine renommierte Studie besagt ganz eindeutig: Eine Familienverfassung macht Unternehmen erfolgreicher! Der emotionale und ökonomische Wert des Familienunternehmens wird durch die Familienverfassung nachweislich gesteigert.
Fakt ist, Firmenübergaben sind kein Thema die aus dem Arm geschüttelt werden. Die Aufgaben sind mannigfach und erstrecken sich aus den jeweiligen Sichtweisen von Übergeber und Übernehmer äußerst facettenreich und vielfältig. Die persönlichen Herausforderungen, verbunden mit der Themenvielfalt der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vom Gesellschaftsrecht bis hin zum Familien- und Erbrecht und natürlich die Finanzierung und Förderungen. Die ganz Palette der Hausforderungen die es zu bedenken gilt. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Betriebsübergabe sind vielfältig und es gilt, rechtzeitig und mit Unterstützung von Experten diesen Schritt in die Wege zu leiten.