DORDA: Die neue Welt der Lieferketten-Regeln

CS3D – Pause, kein Stopp
Die EU-Lieferketten-Richtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CS3D) machte in den letzten Wochen Schlagzeilen. Seit vier Jahren wurde um den Text gerungen. Ende 2023 erfolgte schließlich die Einigung auf einen vermeintlich finalen Text im Trilog. Die Abstimmung darüber Anfang 2024 sollte eigentlich nur eine Formsache werden. Da aufgrund öffentlicher Äußerungen einiger EU-Mitgliedstaaten fraglich war, ob die nötige Mehrheit im Rat erreicht wird, wurde die Abstimmung mehrfachverschoben. Aktuell laufen Diskussionen um einen Kompromiss, der aber nur beschränkt möglich ist, weil finale Richtlinientexte eigentlich nicht mehr geändert werden können. An den Grundzügen wird sich , egal ob vor oder nach der EU-Wahl abgestimmt wird, nichts Wesentliches ändern.

Worum geht es?
Die CS3D verpflichtet Unternehmen zur Identifizierung von negativen Auswirkungen auf Umwelt, Klima oder Menschenrechte. An Umweltstandards betrifft das so gut wie alle messbaren negativen Umweltauswirkungen. Zu den sozialen Standards verweist die CS3D umfassend auf internationale völkerrechtliche Übereinkommen, wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder der UN-Sozialpakt. Auch Themen wie Gender Pay Gap sind dabei.

Während das bereits in Kraft getretene deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz vorsieht, dass grundsätzlich nur die Lieferbeziehung zum unmittelbaren Vertragspartner zu betrachten ist, kennt die CS3D keine solche Einschränkung. Das bedeutet: Das von der CS3D erfasste Unternehmen muss tatsächlich die komplette Wertschöpfungskette über den unmittelbaren und mittelbaren Lieferanten hinaus kennen. Erfasst ist die komplette Wertschöpfungskette, vom Ursprung des allerersten Einzelteils eines Produkts (zB: Wurde der Baum, aus dem ein Holzbestandteil des Endprodukts gefertigt wurde, rechtmäßig geschlägert?) bis das Produkt ein Endverbraucher in den Händen hält.

Wer ist davon betroffen
Unmittelbar erfasst sind Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern und einem Umsatz über EUR 150 Millionen. Für Unternehmen in „High Impact“-Branchen (zB Textilien oder Bau) gelten niedrigere Schwellenwerte. Letztlich sind aber ohnehin alle Unternehmen und insbesondere auch KMU betroffen. Entweder ein Unternehmen ist so groß, dass es gesetzlich erfasst ist. Oder es hat einen unmittelbaren oder mittelbaren Vertragspartner, der wiederum verpflichtet ist, seine gesetzlichen Pflichten an die kleineren Unternehmen weiterzugeben.

Was passiert bei Verstößen?
Die Rechtsfolgen sind massiv. Verwaltungsstrafen bis zu 5 % des konsolidierten weltweiten Umsatz und umfassender Schadenersatz sind vorgeschrieben. Besondere Klagsrechte sollen NGO und Zivilgesellschaft bekommen. Auch eine persönliche Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat ist nicht ausgeschlossen.

Was ist jetzt zu tun?
Viele österreichische Unternehmen sind heute schon mit Anfragen konfrontiert, Lieferantenkodices zu unterschreiben. Das wird zukünftig noch zunehmen. Sobald die CS3D in Kraft ist, wird es für viele auch eine gesetzliche Pflicht geben, die eigenen Lieferanten daran zu binden. Umsetzung der neuen Lieferketten-Vorgaben und Vorbereitung auf die CS3D ist deshalb hauptsächlich Eines: Vertragsüberarbeitung. Dabei braucht es einen pragmatischen und konstruktiven risikobasierten Zugang, der auch viel damit zu tun haben wird, was Marktstandard ist.

Bernhard Müller ist Partner und Leiter der Praxisgruppe öffentliches Recht. Christian Richter-Schöller ist Rechtsanwalt und Co-Leiter der Sustainablity Group. Ihr CS3D Knowledge Hub www.cs3d.eu bietet weiterführende Informationen und unter anderem auch Vorlagen für einen Supplier Code of Conduct.

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