„Hin & Weg“ – im Sinne von „ich fahre dort HIN und bin vollkommen begeistert“. Leitbetriebe haben viel zu erzählen. Da macht es mir besonders viel Freude die Unternehmer und Unternehmerinnen bei einem persönlichen Gespräch besser kennen zu lernen und ihre spannenden Geschichten zu hören.
Unterwegs in Österreich geht es dann meist hinter ein paar Berge in Täler, die vielleicht als Tourismusdestinationen bekannt sind, aber in denen man nicht unbedingt das eine oder andere der erfolgreichsten Unternehmen des Landes vermuten würde. Doch genau die gibt es, und zwar gar nicht selten: Leitbetriebe, die für die langfristige Entwicklung ihrer Region eine Schlüsselrolle spielen, oft als große Arbeitgeber und manchmal sogar als Unternehmen mit globaler Bedeutung – echte Hidden Champions also.
In Kärnten führt mich meine Tour vorbei am Wörthersee, am Ossiacher See und am Millstätter See bis fast an die Osttiroler Grenze nach Dellach im Drautal. Hier erwarten mich Helmuth Kubin und Dr. Arthur Primus, Gründer bzw. Geschäftsführer des kunststoffverarbeitenden Unternehmens Europlast, das mehr als 130 stabile Arbeitsplätze bietet und vor allem im Klimaschutz und Schnelligkeit zu den Spitzenreitern der Branche zählt.
Europlast: Klimaschutz von Kärnten bis Uganda
Europlast wurde 1995 gegründet ist der führende Produzent in Österreich für Großkisten (Industrie und die Landwirtschaft) sowie 2 und 4 Rad Wertstoffsammelbehälter aus HDPE im Spritzgussverfahren. Das Unternehmen beliefert rund 30 Länder in ganz Europa und Asien. Europlast verfügt über 13 Spritzgussanlagen, darunter zwei der stärksten in Österreich, mit einer Schließkraft von 4.500 Tonnen. „Als Unternehmen der Kunststoffindustrie haben wir eine besondere Verantwortung hinsichtlich Nachhaltigkeit – und die leben wir in jedem Teilbereich unseres Unternehmens“, sagt Unternehmensgründer Helmuth Kubin. „Seit Anfang 2019 setzen wir neue Standards für die gesamte Kunststoffindustrie und haben unseren Company CO2-Fußabdruck auf Null reduziert.“
Europlast produziert seit 2019 klimaneutral
Möglich wurde dies unter anderem durch den Kauf von Klimazertifikaten, mit denen drei UN-zertifizierte Klimaschutzprojekte in Uganda und Indien unterstützt werden. Primär ermöglicht aber der 100%ige Einsatz von Ökostrom eine nahezu klimaneutrale Produktion. Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern tragen wesentlich zur Verbesserung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Situation bei und unterstützen die Realisierung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Für Schwellen- und Entwicklungsländer ist der Emissionshandel ein wesentlicher Treiber für den Transfer sauberer Technologien und einer nachhaltig ausgerichteten wirtschaftlichen Entwicklung. Für die klimaschonenden Maßnahmen wurde Europlast mit dem Sustainable Development Goal Award des Senats der Wirtschaft Österreich ausgezeichnet.
Doch Europlast engagiert sich im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz bei weitem stärker als in Form von Kompensationen für seinen CO2-Ausstoß. Noch wichtiger ist, dass das in der Produktion anfallende CO2 radikal verringert wurde und weiter reduziert werden wird. Der Produktionsprozess ist bei Europlast auf größtmögliche Nachhaltigkeit ausgelegt und setzt in der Branche neue Maßstäbe. Noch wichtiger ist den Kunststoffexperten aber das Thema Recycling. Gebrauchte Behälter werden von den Kunden zurückgenommen, in der eigenen Recyclinganlage granuliert und rückstandslos recycelt. Geschäftsführer Dr. Arthur Primus räumt dabei mit einem weit verbreiteten Missverständnis auf: „Viele Kunden erwarten sich durch Recyclingeinsatz günstigere Produkte – das stimmt jedoch leider nicht, wenn die Produkte der Qualität von Produkten aus Neuware entsprechen müssen. Durch den aufwendigen Prozess sind die Kosten teilweise sogar höher wie bei einem neuen Produkt. Das Kostenthema müssen wir den Kunden oft erläutern, aber glücklicherweise setzt sich eine klimafreundliche Denkweise immer mehr durch. Wir recyclen jedenfalls, weil es im Hinblick auf Klimawandel und Ressourcenschonung völlig unverantwortlich wäre, dies nicht zu tun.“
Treffen sich ein Lehrling und ein Bauer bei Europlast…
Nachhaltigkeit bezieht sich bei Europlast aber nicht nur auf möglichst umweltschonende Produktionsstandards, sondern auch auf die langfristige Stärkung der Region Oberkärnten. „Wir sind einer der größten Arbeitgeber in der Region und der Großteil unserer Mitarbeiter wohnt in einem Umkreis von 30 km – wir ersparen also unseren Mitarbeitern das Pendeln in die nächstgrößeren und weiter entfernten Ballungszentren wie Spittal, Villach oder Lienz. Das reduziert Autoverkehr und CO2-Ausstoß und gleichzeitig wirken wir durch langfristig gesicherte Arbeitsplätze der Abwanderung, generell einem der gravierendsten Probleme ländlicher Regionen, entgegen“, so Primus.
Primus engagiert sich daher auch in Projekten wie „Wirtschaft trifft Schule“, um schon den Jungen zu zeigen, welche beruflichen Chancen sich ihnen in ihrer Heimatregion bieten und ihnen eine Lehre bei einem regionalen Leitbetrieb schmackhaft zu machen. Gründe gibt es dafür jedenfalls genug: „Als Unternehmen der Kunststoffindustrie wenden wir den KV der chemischen Industrie an und zahlen entsprechend attraktive Gehälter – mit einem Job bei uns lässt sich ein gutes Familieneinkommen erwirtschaften.“
Besonders am Herzen liegen Primus die zahlreichen Nebenerwerbslandwirte unter seinen Mitarbeitern, also Bauern, die von der Landwirtschaft allein nicht mehr leben können. „Wir produzieren im Drei-Schicht-Betrieb und das lässt sich auch mit der Hofbewirtschaftung vereinbaren – ohne das Zusatzeinkommen bei Europlast hätten diese Mitarbeiter ihren Betrieb schon aufgeben müssen und könnten damit wichtigen Aufgaben wie Landschaftspflege oder Lebensmittelproduktion nicht mehr nachkommen. Auch diese gelebte Verantwortung gegenüber der Entwicklung der Region Oberkärnten zählt für uns zur Nachhaltigkeit.“
Diese Schlussworte bilden den passenden Abschluss für meinen spannenden Besuch bei Europlast. Sie zeigen perfekt, dass für einen Leitbetrieb die Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft nicht an der eigenen Türschwelle endet, sondern weit darüber hinauswirkt.