Family Business: Mit Traditions- und Wertebewusstsein gemeinsam weitergehen – TEIL 2

Das gemeinsame Interesse bestimmt die Richtung
Autor: Dr. Christian Fuchs, MBA, CSE (Beiratsmitglied Leitbetriebe Austria)

Teil 1 lesen – Tradition in Familienunternehmen
Ganzen Artikel als PDF downloaden: HIER

Werte haben in Familienunternehmen herausragende Bedeutung und sind das Fundament der Corporate Identity. Sie wirken prägend und entlastend und begründen das Selbstverständnis der Familie.

Sie bestimmen, wofür eine Familie und das damit verbundene Unternehmen stehen oder stehen will. Sie sind Sinn stiftend.

Werte in diesem Sinn operieren nicht auf dem Niveau moralischen Standards, sondern gehen auf die Überzeugung des Gründers als auch in der Weiterentwicklung der Nachfolgegeneration zurück. Diese müssen dem Gründer und Nachfolger nicht einmal bewusst sein, er hat einfach intuitiv danach gehandelt. Alle bekannten Unternehmerdynastien haben eines gemeinsam: Sie leben einen vielleicht nicht umfangreichen, aber jedem bekannten und jeden verpflichtenden Katalog von Werten.

Das Wissen um seine eigenen Werte hilft bei der Orientierung und Findung von persönlichen Zielen sowie dabei, die richtigen Verbündeten zu finden, welche gleiche oder ähnliche Wertvorstellungen besitzen.

Jeder Mensch hat Werte, nach denen er handelt und sein Leben gestaltet.

Werte oder auch Wertvorstellungen sind Eigenschaften oder Qualitäten, die wir als wertvoll und erstrebenswert betrachten. Auch zu bezeichnen als Regeln oder Prinzipien, nach denen wir unser Leben im privaten Bereich und im Familienunternehmen ausrichten.

Werte und Ziele geben uns im Leben Halt, Orientierung und Sinn. Diese sind gerade in stürmischen Zeiten von besonderer Bedeutung.

Werte (Wertvorstellungen) entstehen durch Charaktereigenschaften, Denkmuster, Glaubenssätze und Erziehung. Sie sind der individuelle Ausdruck der persönlichen Wesensmerkmale. Drängelt sich an der Kasse jemand vor, kann die Reaktion z. B. humorvoll, gelassen oder aggressiv sein. Werte repräsentieren einem selbst und sind das zwischenmenschliche Aushängeschild.

Werte können auch abhängig von der jeweiligen Rolle variieren: Möglicherweise ist man bei der Arbeit sehr diszipliniert und ordentlich, während unter Freunden Ausgelassenheit und Kreativität dominieren. Werte sind der Ausdruck unserer Motive und unserer Wesensart und sind Grundlage für jegliches Ergebnis; bestenfalls der gewünschte Erfolg. Umgekehrt: Wer mit dem Status quo (Ergebnis) in einem Bereich unzufrieden ist oder die Möglichkeit einer Optimierung sucht, kommt nicht umher, sich mit seinen Werten zu beschäftigen.

Werte und Moral sind die Glaubenssätze, nach denen wir leben wollen. Sie können uns in schwierigen Situationen leiten und uns helfen, ein erfülltes Leben zu führen. Wer sich im Klaren über seine Werte ist, kann weniger beeinflusst werden und wendet Situationen ab, die im Nachhinein schaden.

Treffen wir Entscheidungen in Übereinstimmung mit unseren wichtigsten Werten fühlt sich das gut und richtig an. Ebensolches gilt für Ziele, die wir uns setzen. Handeln wir entgegen unserer Werte fühlen wir uns unwohl und sind unsicher. Negative Gefühle sind oft ein Indiz dafür, dass die wahren Werte nicht gelebt werden. Die Authentizität ist nicht gegeben.

Es gibt im Leben wenig Dinge die schwerer auf einem wiegen als Schuld und Scham. Wer nach seinen Werten lebt wird sich seltener für seine Taten schämen und schuldig fühlen.

Werte geben einem Unternehmen Herz und Seele. Die Bedeutung von Werten in Familienunternehmen kann kaum überschätzt werden. Gelebte Werte eines Familienunternehmens sind für Konkurrenten einfach nicht zu übertreffen und auf den Punkt gebracht – man kann sie nicht kopieren!

Allen bekannten Unternehmerdynastien ist eines gemeinsam. Sie leben einen vielleicht nicht umfangreichen, aber jedem bekannten und jeden verpflichtenden Katalog von Werten.

Es gilt daher, die Wertvorstellungen zu definieren, die einer Familie von Bedeutung sind und als Basis für konkrete Erwartungen und Vorgaben für das Unternehmen zu verstehen sind. Die Unternehmerfamilie ist meist bestrebt, ihre geltenden Werte auch auf das Unternehmen zu übertragen.

Es gilt daher für die betrieblichen Gegebenheiten die beispielhaften Werte der Bescheidenheit, der Bodenständigkeit und der Langfristigkeit konkret zu formulieren und nicht nur der gefühlten Begrifflichkeit freien Lauf zu lassen. Die Leitplanken der operativen und strategischen Ziele des Unternehmens müssen danach auf Punkt und Beistrich ausgerichtet werden. Die Ausformulierung von Werten ist die eine Sache. Ohne einen Abgleich, was die Familienmitglieder unter dem konkreten Leben des Werts nun verstehen, besteht jedoch eine große Gefahr der Wirkungslosigkeit.

Die „Langfristigkeit“ kann beispielhaft „so oder so“ gesehen werden. Eine klare Formulierung und die darauf ausgerichtete Handlungen werden schon konkreter, wenn diese folgendermaßen definiert ist: „All unsere Handlungen sind nicht kurzfristig ausgerichtet, sondern folgen einem generationsübergreifenden Ziel. Wir setzen auf die uneingeschränkte Enkelfähigkeit“.

Wir erleben eine Renaissance der Werte. Dahingehend auch das Streben nach dem ´ehrbaren Kaufmann´ der das althergebrachte und bewährte Bild wieder in voller Blüte aufleben lässt. Dieser vereint Gewinnstreben, ethisches Verhalten, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl in sich. Korrektes Verhalten und gelebter Anstand.

Geschäftspartner, Mitarbeiter und Kunden fordern von einem Unternehmen zu Recht Anständigkeit, moralische Sauberkeit, Verantwortung für die Folgen ihres Handelns, und zwar schlicht deshalb, weil sie diesen Wunsch nach Werten auch in allen anderen Lebensbereichen verwirklicht sehen wollen. Immer stärker stellen Menschen sowohl an sich selbst als auch an andere den Anspruch, dass ihr Handeln ethisch fundiert und sinnstiftend sein muss. Dies lässt sich auch in Umfragen bei Personalchefs großer Konzerne finden. Diese stellen immer öfter erstaunt fest, dass junge Jobanwärter nicht vordringlich an der Frage nach dem Gehalt und den Aufstiegsmöglichkeiten interessiert sind, sondern wissen wollen, ob sie an ihrem potentiellen künftigen Arbeitsplatz etwas Erfüllendes tun werden, ob sie Sinn finden und ob die Unternehmenstätigkeit insgesamt ihren ethischen Vorstellungen entspricht. 

Was internationale Konzerne unter dem Druck der Konsumenten mühsam erlernen müssen ist den Familienunternehmen im wahrsten Sinn der Worte als eine ganz große Stärke in ihren Genen mitgegeben. Eine Studie bringt die Werteorientierung ganz klar zu Tag:

Annähernd 80% sind überzeugt, dass ethisches Wirtschaften einen Wettbewerbsvorteil darstellen und knappe 70% halten ethischen Handelns auch in einem globalisierten Wirtschaftssystem nicht nur für richtig, sondern auch für möglich.  90% der Unternehmen sehen in der Ausrichtung auf Nachhaltigkeit den richtigen Ansatz für den zukünftigen Erfolg.

Entscheidend ist dabei, dass die Werte nicht nur propagiert werden, sondern auch in der Unternehmenskultur verankert sind und das tägliche Verhalten aller Mitarbeiter bestimmen.

Für den praktischen Umgang mit den Werten in eigenen Unternehmen empfiehlt es sich, einige praktischen Ansätze zu implementieren und diesen zu folgen.

So ist es doch unabdingbar, ein Bewusstsein für die geschaffenen Grundwerte zu schaffen. Diese für die Familie und das damit verbundenen Unternehmen zu ermitteln, bedarf sicherlich eines eigens konzipierten und durchlebten Werteprozesses.

Es kann davon ausgegangen werden, dass Langfristigkeit, Leistung, Ehrlichkeit, Wertschätzung, Familie, Loyalität, Dankbarkeit, Verlässlichkeit, Toleranz, Verantwortung, Entschlossenheit, Respekt, Handschlagqualität, Großzügigkeit, Bodenständigkeit, Anstand, Maßhalten, Glaubwürdigkeit, Solidarität usw. sicherlich in der Diskussion eine Rolle spielen werden.

In diesem Zusammenhang haben wir auch mit dem Experten für Werbung & Marketing im Segment Familienunternehmen, Dkfm. Peter Lemmerer, gesprochen.

Sein Zugang ist ganz klar definiert. „Vertrauen ist ein wesentlicher Aspekt bei der Kaufentscheidung. Neuartige Produkte und Dienstleistungen erleben sehr häufig eine höhere Akzeptanz, wenn diese Familienwerte kommunizieren. Der Grund dafür ist, dass Familie mit Vertrauen, Seriosität und Authentizität assoziiert wird.

Familie steht für Tradition, Geborgenheit, Qualität, Glaubwürdigkeit, Nachhaltigkeit und Generationen. Familienunternehmen sollten daher bei ihrer Marktkommunikation ganz gezielt auf die Betonung dieser positiv besetzten Familienwerte achten. Neben dem Geschäftsführer und der Unternehmerfamilie, kann auch mit den eigenen Mitarbeitern geworben werden. Wichtig ist es den gewählten Ansatz von Print über Online-Werbung bis hin zur Produktverpackung durchzuziehen.

Marke, Markenbotschafter und die zu vermittelnden Werte müssen eine Einheit bilden. Ich würde nur bei Zielgruppen, denen gänzlich andere Werte wichtig sind, zur Wahl einer anderen Marketingstrategie raten. Was Familienunternehmen in der Werbung sonst noch von Konzernen unterscheidet ist, dass die Markenführung häufig nicht so stark professionalisiert ist und die Werbebudgets sehr oft viel geringer ausfallen. Durch die Betonung der zuvor genannten Familienwerte kann dies aber effizient ausgeglichen werden.“ In diesem Zusammenhang haben wir fünf Fragen an die Familien Querfeld, Retter, Landertshammer & Kritsch und Scheiblhofer gestellt, die sich mit dieser Thematik eingehend beschäftigen.

Die der Familie und dem Unternehmen zutreffenden Werte dürfen nicht nur gefallen, sondern müssen auch gelebt werden und sich im Verhalten und im Auftreten klar wieder finden. Wert sollen einen verbindlichen Handlungsrahmen bilden. Es ist wichtig, dass sie von allen Familienmitgliedern und Mitarbeitern auch tatsächlich gelebt werden. Das muss nicht bewusst geschehen. Es kommt einzig und allein auf das Verhalten darauf an. Ein Wert, der nach innen nicht gelebt wird, darf nach außen nicht kommuniziert werden. Im Positiven wie im Negativen strahlen die Werte der Familie auf das Unternehmen aus.

Ähnlich wie bei der Kindererziehung ist die Vorbildwirkung unabdingbar. Wasser predigen und Wein trinken geht in keinster Weise. Die Unternehmensführung muss die Wertehaltung auf Punkt und Beistrich vorleben. Fakt ist auch, dass im Rahmen eines „Change Prozesses“ zur Implementierung bisher vernachlässigter Werte, diese bei der Geschäftsführung und allen Führungskräften beginnen.

Werte werden dann am wirkungsvollsten gelebt, wenn die Betroffenen schon bei der Entwicklung einbezogen werden. Wo es sich um Wiederbelebung traditioneller Werte handelt, können Workshops dazu beitragen, diese wieder ins Bewusstsein zu rufen oder auch zeitgemäß weiterzuentwickeln.  Solche Prozesse stellen auch eine höhere innere Beteiligung der Mitarbeiter sicher und räumen Widerstände aus dem Wege. Mitarbeiter wollen stolz auf ihr Unternehmen sein.

Werte sind wie ein guter Cognac, sie entfalten nur in Maßen genossen ihre wohltuende Wirkung. Sobald sie ins Absolute gedacht werden, werden sie zerstörerisch und absurd. Als Beispiel angeführt die „Leistung“. Diese ist ein hoher Wert, aber Selbstausbeutung und ein Dasein als Workaholic sind ungesund und die vielbeschworene „Ehrlichkeit“ kann leicht zum Vorwand für rüpelhafte Kränkung werden.

Fakt ist auch, dass Kompromisse bei Werten einzugehen, in keinster Weise zu tolerieren ist. Alle jene Mitarbeiter, die die Werte des Unternehmens nicht leben, haben das Unternehmen ausnahmslos zu verlassen. Egal in welcher Position und vermeintlicher Bedeutung. 

Christian Fuchs
www.fuchs-consult.at

(Quellen: siehe PDF)

teilen