Monica Rintersbacher, Geschäftsführerin der Leitbetriebe Austria im Gespräch über Tradition, Innovation und Nachhaltigkeit mit Mautner Markhof-Geschäftsführer Jürgen Brettschneider.
Monica Rintersbacher: Jürgen Brettschneider, Sie sind Geschäftsführer der Firma Mautner Markhof und wir dürfen dem Traditionsunternehmen heuer zum 180-Jahr-Jubiläum gratulieren. Was machen 180 Jahre Mautner Markhof aus?
Jürgen Brettschneider: Hinter Mautner Markhof liegt eine interessante 180-jährige Entwicklung und Geschichte. Vom Bierbrauer entwickelte sich die Produktion hin zu Feinkost und Sirup – aktuell produzieren wir mittlerweile 240 Produkte direkt am Standort Wien Simmering. Zu unserem Sortiment zählen Senf, Essig, Sirup, Feinkost und Kren. Unser „Estragon Senf“ ist beispielsweise auch schon 100 Jahre alt und zeigt deutlich, wie durch Tradition, Innovation und moderne Technologie eine Marke über all die Jahre relevant bleiben konnte.
Monica Rintersbacher: Wie wichtig ist Bio-Qualität bei Mautner?
Jürgen Brettschneider: Bio ist grundsätzlich ein wichtiges Thema und wird bei Mautner noch mehr an Bedeutung gewinnen. Ein Marktführer hat die Verpflichtung sich in diesen Segmenten zu bewegen, da Bio die Zukunft in der Landwirtschaft sein wird.
Monica Rintersbacher: Wie sieht der Fokus von Mautner in Bezug auf Regionalität aus? Werden die Produkte für die Produktion der Genussmittel möglichst aus der Nähe bezogen?
Jürgen Brettschneider: Beziehen wir, wann immer wir können, die Ressourcen aus Österreich oder aus den umliegenden Ländern. Darauf achten wir sehr. Senf und Äpfel sind beispielsweise Produkte, die in unserer Region angebaut werden und deshalb nicht aus dem Ausland bezogen werden müssen. Es gibt jedoch auch Rohwaren und Zutaten, die nicht typisch für unsere Regionen sind und diese beziehen wir dann aus Europa oder auch weltweit.
Monica Rintersbacher: Regionalität ist ein Schwerpunkt bei Mautner und Sie produzieren zu 100 Prozent am Standort Österreich. War das immer so geplant?
Jürgen Brettschneider: Regionalität und der Standort in Österreich sind wesentliche Elemente unseres Unternehmens. Deshalb haben wir in den letzten drei Jahren auch 10 Millionen Euro in den Ausbau unseres Standortes Wien Simmering investiert. Dem Eigentümer und der Geschäftsleitung ist es wichtig, dass die Wertschöpfung auch dort bleibt, wo sie erzielt wurde. Denn auch hier ist es unsere Verpflichtung als Unternehmen, Arbeitsplätze für die Region zu schaffen. Dies ist seit weit mehr als einem Jahrhundert unsere Ideologie und das werden wir auch in Zukunft beibehalten.
Monica Rintersbacher: Ein Ausbau nimmt viel Zeit in Anspruch. Nun stehen Sie kurz vor der Fertigstellung der neuen Produktion – was wurde alles erneuert?
Jürgen Brettschneider: Zuerst mussten wir in die Struktur der Gebäude investieren, da diese in Wien Simmering teilweise um die 100 Jahre alt sind und ein Bauen, Zubauen und Umbauen während der laufenden Produktion nicht so einfach möglich sind. Im zweiten Schritt investierten wir in neue Technologien in Richtung Nachhaltigkeit, weniger Energiebedarf, modernste Technik und bessere Produktionstechnologien. Es wurden zum Beispiel neue Abfüllanlagen implementiert und die Palettier-Halle wurde komplett automatisiert und digitalisiert. Diese Anpassungen sind für ein Unternehmen notwendig und unumgänglich, um wirtschaftlich und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Konkurrenz schläft nicht und ist nicht nur in Österreich, sondern auch im Ausland, stark.
Monica Rintersbacher: Wachstum ist immer ein Thema und ihr werdet in Zukunft für eine weitere Erweiterung der Produktion mehr Platz benötigen. Wie wird dieses Vorhaben angegangen, da der Standort von Wohnhäusern umgeben ist?
Jürgen Brettschneider: Diese spannende Frage haben wir uns vor fünf Jahren gestellt und deshalb den Ausbau des Standortes Simmering beschlossen. Mit dieser Entscheidung konnte die Produktion erheblich erweitert werden und in der Mautner-Markhof-Gasse wurden langfristig Kapazitäten geschaffen. Grundsätzlich beschäftigen wir uns sehr mit der Thematik Wachstum und evaluieren ständig neu. In den letzten drei Jahren sind wir schneller gewachsen, als von uns prognostiziert wurde, weshalb ein zweiter Standort oder andere Möglichkeiten natürlich Zukunftsthema sein werden. Aber zuerst muss einmal dieses Projekt abgeschlossen werden.
Monica Rintersbacher: 180 Jahre ein Unternehmen zu führen, bedeutet einerseits innovativ zu denken, sich weiterzuentwickeln, unternehmerisch zu handeln und Verantwortung zu übernehmen. Andererseits aber auch der sozialen und ökologischen Verantwortung nachzukommen. Ihr seid sehr aktiv in unserer „UNIT Nachhaltigkeit“-, in der wir die Ziele zu Klima und Umweltschutz gemeinsam verfolgen. Dabei entwickeln Manager und Unternehmer selbst neue und vor allem umsetzbare Konzepte. Welche Maßnahmen trefft ihr als Unternehmen, um die Klimaziele zu erreichen?
Jürgen Brettschneider: Das Thema Nachhaltigkeit war schon vor dem Phänomen „Greta Thunberg“ ein wichtiges Thema für uns, weil das in unseren Augen die Verpflichtung eines Unternehmens ist. Wir können wesentlich mehr bewegen und erzielen als einzelne Haushalte. Wir beschäftigen uns mit den Themen Energie, Strom und Wasser. Den Strombedarf konnten wir durch neue Anlagen und Photovoltaik reduzieren und wir produzieren nun 12 Prozent des benötigen Stroms selbst. Auch das Wasser ist ein fundamentaler Punkt für mich. Obwohl wir in Österreich mit unserem Wasser sehr privilegiert sind, haben wir Maßnahmen wie Wasserreinigung, Wasserwiederverwertung und Abwasserverminderung gesetzt. Uns ist es damit gelungen seit 2010 fast 15.000 Kubikmeter Abwasser pro Jahr zu sparen und den CO2-Ausstoß um die Hälfte zu reduzieren. Es stehen noch weitere Projekte im Bereich Nachhaltigkeit an, wie zum Beispiel die Erweiterung der Photovoltaik und den kompletten Austausch von fossiler Energie zu erneuerbarer Energie.
Monica Rintersbacher: Für Unternehmen, die ebenfalls nachhaltiger sein möchten, klingt das zu Beginn nach großen Investitionen. Gibt es für Unternehmen, die diesen Weg gehen wollen, Förderungen und unterstützende Maßnahmen? Kann es sich ein Unternehmen in Österreich leisten, die Klimaziele zu verfolgen?
Jürgen Brettschneider: Es werden nicht alle Maßnahmen gefördert, aber es gibt durchaus Unterstützung. Aus wirtschaftlicher Sicht kann Nachhaltigkeit nicht zu jedem Preis erreicht werden, denn es können nicht alle Klimaziele auf einmal umgesetzt werden. Das würde Unternehmen überfordern und gefährden. Wir sehen aber die Verantwortung und möchten für die nächste Generation nachhaltig produzieren. Auch der Konsument wird immer aufgeklärter, bewusster und möchte wissen wo die Produkte hergestellt wurden. Die Zukunft geht in diese Richtung.
Monica Rintersbacher: Wenn die Baustelle bzw. dieses Großprojekt bald abgeschlossen ist, warten schon neue Projekte auf Mautner Markhof. Welche Ideen und Projekte stehen als nächsten an?
Jürgen Brettschneider: Die Baustelle dauerte 3 Jahre und ist bald abgeschlossen. Es war eine Herausforderung hier den alltäglichen Betrieb weiterzuführen. Dazu kamen die Corona-Pandemie und durch diese hervorgebrachten Maßnahmen, die die Zusammenarbeit von Menschen auf der Baustelle erschwerten und mehr Planung erforderten. Im nächsten Schritt investieren wir weiterhin in neue Technologien und in die Digitalisierung, damit alle Standorte – nicht nur in Österreich – vernetzt sind.
Monica Rintersbacher: Wenn wir von Innovation sprechen: Es gibt gerade ein neues Produkt von Mautner, die Vinegar Tonics mit den Geschmacksrichtungen Himbeere und Apfel. Wie kam es dazu?
Jürgen Brettschneider: Diese Innovation entstand während eines Workshops mit Barkeepern hier am Standort. Das Ziel war Essig in die Barwelt einzuführen und wir haben dafür mit Cocktails experimentiert, um zu sehen was geschmackstechnisch alles möglich ist. Da Tonic seinen säuerlichen Geschmack durch chemische Zusätze erhält, probierten wir die gleiche Wirkung mit Essig. Sie haben sehr gut geschmeckt – so kam es zu diesem innovativen Getränk. Tonic ist eine ideale Alternative für nicht alkoholische Getränke, sowie zur Verfeinerung von Cocktails. Dieses Produkt zeigt wie vielfältig und innovativ unser Unternehmen ist. Denn es ist nicht typisch Mautner, es ist jünger, frecher, frischer. Man besteht nicht über 100 Jahre als Firma, wenn man stehen bleibt. So haben wir bereits vor 15 Jahren die 0%-Linie begonnen, als die Reduktion von Zucker noch kein Thema war, dennoch wollten wir den Menschen schon zukunftsweisend eine Alternative bieten. Ein 180 Jahre altes Unternehmen besteht lange am Markt, weil es Tradition mit Veränderung verbindet
Monica Rintersbacher: Ich freue mich darauf, dass wir das bei einer der nächsten Leitbetriebe-Veranstaltungen verkosten können. Herzlichen Dank für den Austausch und weiterhin ToiToiToi für die anstehenden Projekte.