„Als Arzneimittelgroßhandel haben wir für die Republik Österreich ein Notfalllager für lebenswichtige Arzneistoffe etabliert, sodass diese ausreichend zur Verfügung stehen und im Bedarfsfall in den Apotheken magistral verarbeitet werden können“, so Andreas Windischbauer, CEO Herba Chemosan.
Im Interview mit Leitbetriebe Austria spricht Windischbauer außerdem darüber, wie das Unternehmen Versorgungsengpässe verhindern konnte, welche Maßnahmen im Notfall getroffen werden und warum eine transparente und situationsgerechte Kommunikation in Krisenzeiten besonders wichtig ist.
In Pandemiezeiten hat Herba Chemosan als wichtige Infrastruktureinheit für eine lückenlose Impfstoff- und Arzneimittelversorgung gesorgt. Wie haben Sie dies in dieser Ausnahmesituation geschafft?
Andreas Windischbauer: Als Arzneimittelgroßhandel üben wir seit jeher eine Mengen- und Zeitüberbrückungsfunktion aus, ohne dass es die Patient*innen bemerken. Wir lagern von jedem benötigten Arzneimittel etwa den Bedarf von drei Wochen und sind auch in der Lage, die Abgabe in den Markt kontrolliert vorzunehmen. So war es zu Beginn der Pandemie möglich, den ersten Ansturm an Hamsterkäufen in den Apotheken abzufedern. Unsere Anlagen und Prozesse sind dafür ausgelegt, zu Spitzenzeiten große Mengen zu kommissionieren. Die ersten Tage der Pandemie haben uns zwar auf die Probe gestellt, aber bewiesen, dass unsere Kapazitäten richtig ausgelegt sind. Diese Kernkompetenz konnten wir dann der Republik Österreich für die Impfstoffauslieferung anbieten, die wir ebenso erfolgreich abgewickelt haben.
Die Coronakrise war auch für die Mitarbeitenden bei Herba Chemosan eine herausfordernde Zeit. Wie wurde eine gute interne Kommunikation sichergestellt?
Wir hatten bereits vor der Pandemie begonnen, digitale Kommunikation im Unternehmen zu etablieren. Das hat uns ermöglicht, sofort und durchgängig auf MSTeams umzusteigen und unsere Kommunikation in allen Unternehmensbereichen nahtlos fortzusetzen. Zusätzlich haben wir kurzfristig mit Sharepoint ein Intranet aufgebaut, sodass die Mitarbeitenden im Homeoffice voll in die aktuellen Unternehmensgeschehnisse eingebunden waren. Klare Anweisungen, Transparenz und eine situationsgerechte.
Kommunikation von Entscheidungen haben uns sicher durch die Krise gebracht. Fahren auf Sicht war unser Motto.
Immer wieder ist in den Medien von Lieferengpässen bei Medikamenten zu lesen. Wie steht es derzeit um die Versorgungssicherheit für Kunden?
Das letzte Jahr war extrem schwierig, da es bei vielen Antibiotika-Säften für Kinder beinahe zu einem Versorgungsengpass in Österreich gekommen ist, den wir durch intensive Anstrengungen verhindern konnten. Dieses Jahr ist es etwas besser geworden. Nichtsdestotrotz stellen Lieferengpässe eine große Herausforderung dar, die der pharmazeutische Vollgroßhandel tagtäglich zu meistern hat.
Wie geht Herba Chemosan mit möglichen Medikamenten-Engpässen um? Welche Präventionsmaßnahmen werden getroffen?
Wir kennen die kritischen Produkte und haben besonderes Augenmerk auf Reserven. Wir sind gut vernetzt und können im Notfall auch Ware aus dem Ausland organisieren. So haben wir in Zeiten des Antibiotikamangels vielen Menschen in Österreich helfen können. Als Arzneimittelgroßhandel haben wir für die Republik Österreich ein Notfalllager für lebenswichtige Arzneistoffe etabliert, sodass diese ausreichend zur Verfügung stehen und im Bedarfsfall in den Apotheken magistral verarbeitet werden können.
Nicht nur in Österreich, sondern europaweit bestehen bei Medikamenten große Abhängigkeiten von Asien. Welche Lösungen braucht es langfristig?
Es wird immer wieder zu Lieferschwierigkeiten bei gewissen Arzneimitteln kommen, das hat vielfältige Gründe. Europa als Produktionsstandort für Arzneistoffe wäre wünschenswert, ist aus heutiger Sicht aber wirtschaftlich nicht realisierbar. Da die Produktionskapazitäten in Europa schlichtweg nicht bestehen, sind Bestrebungen auf europäischer Ebene nötig. Ein kurzfristiges Ziel der Regierung ist es, dass Hersteller von lebenswichtigen Arzneimitteln per Verordnung entsprechende Reserven in Österreich bilden müssen.
Abschließend: Was bedeutet für Sie die Teilnahme bei Leitbetriebe Austria? Was heißt es, ein Vorbildunternehmen zu sein?
Wir sind uns der tragenden Rolle in der österreichischen Arzneimittelversorgung sehr bewusst und nehmen unsere Verantwortung dafür wahr, indem wir uns stetig weiterentwickeln, verbessern und für Kontinuität sorgen. Wir tun dies für unsere Kund*innen und insbesondere für Österreichs Patient*innen. Ein Leitbetrieb zu sein, drückt unsere Rolle als führender Gesundheitsdienstleiter Österreichs sehr deutlich aus.
Vielen Dank für das Interview!
Infobox:
Die Herba Gruppe ist mit 1,8 Mrd Euro Umsatz der größte eigentümergeführte Gesundheitsdienstleister Österreichs und beschäftigt insgesamt mehr als 1.000 Mitarbeitende an 7 Logistik- und 3 Medtech-Standorten. Die Herba Chemosan Apotheker-AG wurde 1916 gegründet, ist heute der einzige flächendeckende Pharmagroßhandel in Österreich und beliefert rund 90 Prozent der Apotheken im Lande. Das größte Tochterunternehmen, die Sanova Pharma GesmbH, ist im Bereich Brand Management für Gesundheitsprodukte und als Logistik-Service-Provider für die Healthcare-Industrie tätig.
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