„Eine Workforce Management Software schafft Mehrwert für Mitarbeitende, Unternehmen und Kunden.“ – Jan Balgemann, Manager & Workforcemanagement Expert bei der ATOSS Software AG
Leitbetriebe Austria: Was verbirgt sich hinter dem Begriff digitales Workforce Management und wo liegt der Unterschied zur reinen Zeiterfassung?
Jan Balgemann: Zeiterfassung bedeutet im Prinzip nur, dass man festhält, wer wie lange an welchem Arbeitsplatz arbeitet. Das erfolgt im Idealfall digital am PC, an Terminals oder per Apps. Werden diese Daten bewertet und in die Lohnverrechnung weitergegeben, um daraus die Bezahlung für einen Monat abzuleiten, fällt das unter den Begriff der Zeitwirtschaft. Schaut man am Monatsersten auf die Frage, wer bis zum Monatsletzten wann was macht, ist damit die Personaleinsatzplanung gemeint.
Eine Workforce Management Software integriert all diese Funktionen und sorgt dafür, dass Arbeitszeitdaten korrekt, DSGVO-konform und revisionssicher zur Weiterverarbeitung und Nutzung zu Verfügung stehen. Von einer korrekten Übertragung an das Lohn- und Gehaltssystem zum Beispiel profitieren alle im Unternehmen. Der Mitarbeitende erhält gearbeitete Stunden und allfällige Zuschläge ausbezahlt. Die HR-Abteilung spart sich viel Aufwand, Fehlerquellen werden weitestgehend ausgeschlossen. Das ist ein Zeitgewinn für Mitarbeitende und Management und sorgt gleichzeitig für Compliance rund um die Arbeitszeit.
Leitbetriebe Austria: Wie lassen sich Daten aus der Zeiterfassung strategisch nutzen?
Jan Balgemann: Echte Wertschöpfung entsteht aus unserer Sicht dann, wenn zeitwirtschaftliche Daten für eine individuelle, zur jeweiligen Lebensphase des Mitarbeitenden passende Dienstplanung genutzt werden. Das funktioniert aus unserer Sicht nur mit einer integrierten Lösung für Zeiterfassung, Zeitwirtschaft und Personaleinsatzplanung. Auf Basis von Kurzzeit- oder Jahresarbeitszeitkonten können Unternehmen Arbeitszeiten flexibilisieren und an branchenspezifische Personalbedarfsschwankungen ausgleichen. Davon profitieren Mitarbeitende und Unternehmen gleichermaßen. Der Zeitraum für den Ausgleich kann im Rahmen der vom Kollektivvertrag erlaubten Grenzen festgelegt werden. Diese Möglichkeiten sollten explizit erlaubt sein. Sehr viele Kollektivverträge haben hier jedoch noch Handlungsbedarf.
Leitbetriebe Austria: Wie können Unternehmen sicherstellen, dass sie bei der Dienstplanung vorgegebene Gesetze und Regeln einhalten?
Jan Balgemann: Professionelle Workforce Management Systeme können individuelle Lebensrealitäten ebenso wie Gesetze und komplexe Kollektivverträge abbilden. Neben Angaben zur Verfügbarkeit, die nicht verhandelbar sind („Ich muss morgens bis elf Uhr mein Kind betreuen.“) können Mitarbeitende auch Wünsche, beispielsweise Wochenarbeitstage oder Schichten, angeben. Solche mitarbeiterbezogenen Informationen fließen automatisch in die Dienstplanung ein – ebenso Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetze, Gleitzeitvereinbarungen, Kollektivverträge und betriebsinterne Regelungen. Werden diese Vorgaben nicht eingehalten oder drohen Verstöße, gibt das System rechtzeitig Warnungen ab. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein bestimmtes Datum oder ein Schwellenwert wie die tägliche Höchstarbeitszeit überschritten werden. Eine E-Mail oder SMS informiert den Vorgesetzten, die Personalabteilung oder je nach definiertem Workflow beide. Das System signalisiert auch, wenn zum Beispiel ein Zertifikat ausläuft und eine neue Trainingseinheit erforderlich ist. Die Ereignisse, Aufgaben und Verantwortlichen lassen sich frei definieren.
Leitbetriebe Austria: Wie können Unternehmen Dienstpläne flexibilisieren bzw. individualisieren, ohne den Überblick zu verlieren?
Jan Balgemann: Mit Workforce Management Software behalten Unternehmen Bewegungen auf den Zeitkonten immer im Blick. Und sie können Saldenstände mit Hilfe eines als Ampel dargestellten Kontos aktiv steuern und für die Dienstplanung nutzen. Zeigt das Ampelkonto rot, heißt das „Achtung, dieser Mitarbeiter hat schon viele Überstunden angesammelt“. Steht es auf gelb, ist das Zeitkonto bereits leicht über der definierten Maximalarbeitszeit. Sieht der Planer hingegen „grün“, hat er freie Fahrt für die bedarfsorientierte Verplanung des Mitarbeitenden. So werden Normalarbeitszeiten bestmöglich genutzt, die Personaleinsatzplanung erfolgt regelkonform und gleichzeitig kostenoptimiert. Eine solche individuelle Arbeitszeitgestaltung entlang dem tatsächlichen Personalbedarf erhöht die Produktivität und ermöglicht mehr Work-Life-Balance. Das schafft Mehrwert für Mitarbeitende, Unternehmen und Kunden.