v.l.n.r.: Ulrike Rabmer-Koller, Geschäftsführerin der Rabmer Gruppe; Monica Rintersbacher, Geschäftsführerin Leitbetriebe Austria; Eveline Pupeter, CEO der Emporia Telecom GmbH & Co. KG / Copyright: Leitbetriebe Austria

Interview: Eine Win-Win-Situation zwischen Wirtschaft und Umwelt

Leitbetriebe Austria-Geschäftsführerin Monica Rintersbacher im Interview mit Eveline Pupeter, CEO der Emporia Telecom GmbH & Co. KG, und Ulrike Rabmer-Koller, Geschäftsführerin der Rabmer Gruppe und Leiterin der UNIT Nachhaltigkeit der Leitbetriebe Austria.

Monica Rintersbacher: Liebe Frau Pupeter, Emporia Telecom entwickelt am Standort Linz Smartphones, Tablets, Apps und Tastentelefone, sowie weitere Kommunikationslösungen. Nachhaltigkeit und der langfristige Erhalt von Geräten werden Endkonsumenten immer wichtiger, was sind hier Ihre Erfahrungen?

Eveline Pupeter: Unsere KundInnen sind die Generation 60+, eine sehr treue Zielgruppe mit einem hohen Anspruch an Qualität und Langlebigkeit von Produkten. Da ein älterer Mensch mehr Zeit benötigt, sich an ein neues Produkt zu gewöhnen, möchte dieser ein Gerät solange wie möglich nutzen und sich nicht ständig umgewöhnen müssen. Ein herkömmliches Smartphone ist durchschnittlich nicht länger als eineinhalb Jahre im Gebrauch, emporia Smartphones hingegen werden bis zu fünf Jahre genutzt. Ein wichtiger Punkt ist dabei, dass etwa der Akku selbst ausgetauscht werden kann, das ist bei Geräten von anderen Herstellern heutzutage kaum mehr möglich. Zusätzlich bieten wir in Linz ein eigenes Reparatur-Center an und verfügen über einen sehr guten Hotline-Service, bei dem sich die KundInnen jederzeit informieren können und sich aufgehoben und verstanden fühlen.

Monica Rintersbacher: Frau Rabmer-Koller, Ressourcenschonung ist auch in der Rabmer-Gruppe ein wichtiges Thema?

Ulrike Rabmer-Koller: Ressourcenschonung spielt eine sehr wichtige Rolle bei der Erreichung der Klimaschutzziele. Die Rabmer Gruppe setzt als Klimabündnisbetrieb und Träger des Bundesumweltzeichens im eigenen Unternehmen viele Maßnahmen um den Material- und Energieeinsatz so effizient als möglich zu gestalten. Unter anderem haben wir unseren Firmenstandort – einen alten Mühlviertler Bauernhof – thermisch saniert, heizen mit Abfallholz unserer Baustellen, erzeugen einen Großteil des benötigten Stroms mit einer Photovoltaik-Anlage, haben auf LED-Beleuchtung umgestellt und setzen auch auf optimierte Baustellenabläufe sowie schrittweise auf E-Mobilität. Wir bieten aber auch für unsere Kunden ein umfangreiches Angebot an innovativen Technologien und Lösungen für den Klimaschutz und das schon seit 30 Jahren. Der Bogen spannt sich dabei von der grabungsfreien Rohrsanierung, über Energie aus Abwasser zum nachhaltigen Heizen und Kühlen von Gebäuden, bis zum umweltfreundlichen Kalk- und Korrosionsschutz sowie Wasser- und Energieeffizienz-Lösungen. Aus unternehmerischer Sicht spart Ressourceneffizienz Geld und ist so eine klassische Win-Win-Situation für das Unternehmen und die Umwelt. Es ist ein Umdenken in allen Bereichen gefragt, damit in Zukunft Qualität über billigen Produkten steht. Unternehmen wie Emporia zeigen, dass langlebige Produkte nachhaltig und ressourcenschonend sind. Auch die Möglichkeit, Produkte wieder reparieren zu können, wird immer wichtiger und ist zukunftsweisend.

Monica Rintersbacher: Nachhaltigkeit beziehungsweise ökologische Nachhaltigkeit müssen immer öfter durch Studien, Zertifikate usw. belegt werden, wie geht Emporia damit um?

Eveline Pupeter: Unsere Kunden, darunter bedeutende europäische Netzbetreiber wie Deutsche Telekom, O2 oder Swisscom, stellen strenge Kriterien zur Einhaltung der Nachhaltigkeit auf. Jedes Produkt, das gelistet werden soll, wird einem Öko-Rating unterzogen, was der Klassifizierung eines Produkts in Bezug auf Nachhaltigkeit gleichkommt. Es wird kontrolliert, aus welchen Materialien die Produkte bestehen, ob sie wiederverwertbar sind und woher die Einzelteile stammen. Ganze Fabriken müssen zudem zertifiziert werden und auch die Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten werden begutachtet. Es ist ein intensiver Prozess, der von der Konzeption des Produktes bis hin zur Auslieferung an die Kunden durchgezogen wird.

Auch im Bereich Transport & Logistik erleben wir Veränderungen. Es wird vermehrt auf Schiffstransport umgestiegen bzw. von den Konzernen gefordert, um den Flugverkehr zu reduzieren, obwohl ein Schiffstransport circa zwei Monate – mit dementsprechend höheren finanziellen Ausgaben – dauert. Ein Flugtransport hingegen dauert 10 Tage. Als Lieferant stellen wir uns Anforderungen natürlich, um nachhaltig und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Monica Rintersbacher: Die Leitbetriebe haben eine Vorbildfunktion. Das richtige Handeln von einzelnem Unternehmen erhält einen neuen Stellenwert, wie positionieren sich diese?

Ulrike Rabmer-Koller: In Österreich gibt es viele Unternehmen, die im Bereich Klima- und Umweltschutz vorbildhaft aktiv sind. Diese zeigen auf, dass jeder einen Beitrag leisten kann und dieser letztendlich für die Betriebe dann auch zu Ersparnissen führt. Wichtig ist, dass sich jedes einzelne Unternehmen mit dem Thema beschäftigt. Deshalb wollen wir auch „Best Practices“ vor den Vorhang holen und so Anregungen geben, damit diese dann auch bei anderen Unternehmen umgesetzt werden können. Positive Beispiele, finanzielle Anreize und Freiwilligkeit führen sicher schneller zum Ziel, als reine Verbote, die sich negativ auf Innovationen auswirken würden.

Monica Rintersbacher: Freiwilligkeit ist ein wichtiges Stichwort. Maßnahmen, die freiwillig und eigenverantwortlich getroffen werden, haben oft mehr Substanz. Umweltschutz ist aber nicht nur die Angelegenheit großer Firmen, sondern auch der Kleinen?

Ulrike Rabmer-Koller: Unsere Wirtschaft ist geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). 99,6 % der österreichischen Betriebe haben weniger als 250 Mitarbeiter. Deshalb ist es für die Erreichung der Klimaziele auch wesentlich, dass nicht nur ein paar große Betriebe, sondern vor allem die vielen KMU’s Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz setzen. Es gibt auch viele österreichische Unternehmen, die mit innovativen Umwelttechnologien international punkten. Greentech made in Austria ist weltweit sehr gefragt und oftmals sind es KMU’s, die diese entwickeln. Der Schlüssel zum Erfolg führt meiner Meinung nach über Innovation und Technologie. Österreich sollte diese Position noch weiter ausbauen und könnte zum „GreenTech Valley“ Europas werden.

Monica Rintersbacher: Was hat Sie persönlich angetrieben, als Klimaschutz noch kein so großes Thema war?

Ulrike Rabmer-Koller: Ich bin als Kind am Land aufgewachsen und so war mir intakte Natur immer sehr wichtig. Durch meine Zeit im Ausland erhielt ich einen Perspektivenwechsel und erkannte, dass saubere Natur nicht selbstverständlich ist und in vielen Ländern überhaupt kein Augenmerk auf Umweltschutz gelegt wird. Dieser neue Blickwinkel hat mich dann dazu angetrieben, innovative Umwelttechnologien zu entwickeln und international zu vertreiben, um auch in anderen Teilen der Welt Lösungen für den Klimaschutz zu ermöglichen.

Monica Rintersbacher: Frau Pupeter, was war Ihre Initialzündung, um Verantwortung im Klimaschutz zu übernehmen?

Eveline Pupeter: Mein Antrieb, mich für Umwelt, Nachhaltigkeit und Qualität einzusetzen, wurde bereits in meiner Kindheit geformt. Ich hatte immer großen Respekt vor der Natur und ein gutes Gespür dafür, was es zu bewahren gilt. Ich betrachte Dinge nicht als Wegwerfartikel. Meine Initialzündung war der Zusammenschluss großer Unternehmen in Europa, um ein gemeinsames Siegel für Umweltverträglichkeit im Telekom-Bereich zu entwickeln. Besonders ältere Menschen haben ein gutes Sensorium für dieses Thema, weil sie ihren Enkelkindern eine lebenswerte Welt hinterlassen wollen. Dieses Bewusstsein wird dazu führen, dass sich die ältere Generation beim Kauf eines neuen Smartphones oder Tablets für das neue Siegel und damit für Nachhaltigkeit entscheiden wird. Für mich und mein Unternehmen emporia ist es daher wichtig, beim Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit als Vorreiter zu agieren und immer die neuesten und innovativsten Technologien dafür einzusetzen.

Monica Rintersbacher: In Österreich ist Nachhaltigkeit schon lange sehr gegenwärtig und wir sind für viele Länder ein Vorbild. Die Rabmer Gruppe besitzt mehrere Standorte in China – Fr. Pupeter, können Sie einen Trend zu mehr Umweltbewusstsein in diesem Land erkennen?

Eveline Pupeter: Der chinesische Markt beeindruckt bei der Produktion von Smartphones vor allem im Aufbau der Supply-Chain und der Durchführungskonsequenz. Angenommen, wir würden die Smartphone-Produktionen nach Europa bringen wollen, dann würde uns der Aufbau ca. 10 Jahre kosten, um den gleichen Standard wie in China zu erreichen. Fakt ist, wenn sich die chinesischen Hersteller entscheiden, den Weg des Umweltschutzes zu 100% zu gehen, dann wird das rigoros und konsequent in einem Drei-Jahresprogramm durchgeführt.

Ulrike Rabmer-Koller: Ja genau, diese Prozesse konnte man in China sehr gut beobachten. Ganz klar ersichtlich war es beim Thema Photovoltaik. Hier hat China vor einigen Jahren beschlossen, enorm aufzurüsten und hat ein Programm aufgelegt und 2,5 Milliarden US-Dollar in die Forschung und Produktion investiert. Dabei wurden auch große Solarparks errichtet. Nun ist China, wie wir wissen, führend in der Photovoltaik Produktion – mittlerweile sind schon acht der zehn größten PV-Unternehmen aus China. Das zeigt, dass China nicht mehr nur ein Billigproduktionsland ist, sondern voll auf Technologie setzt. Europa muss also alle Kräfte bündeln, um durch die richtigen Maßnahmen eine Win-Win-Situation für die Wirtschaft und das Klima zu schaffen und so auch die Technologieführerschaft in der Umwelttechnologie weiter auszubauen.

Monica Rintersbacher: Europa als Vorbild. Dies könnte die Zukunft vieler Unternehmer, den Markt und der Länder beeinflussen. Wie seht Ihr das?

Eveline Pupeter: Wenn man als Unternehmen fortbestehen will, muss man auf jeden Fall in diese Richtung gehen. Umweltschutz ist ganz klar der Trend. emporia investiert deshalb massiv in die Nachhaltigkeit und bringt laufend Innovationen hervor. Diese Schritte setzen wir bei der Verpackung, beim Produktdesign, bei der Auswahl der Materialien. Dabei können wir eine Vorbildfunktion übernehmen und zeigen, wie nachhaltig wir als Unternehmen sind.

Ulrike Rabmer-Koller: Europa hat hier definitiv eine Vorbildfunktion. Die USA und China haben sich schlussendlich auch bereit erklärt, die Klimaschutzziele ernst zu nehmen und umzusetzen. Das ist eine starke Message und ich hoffe, dass nun auch entsprechende Maßnahmen wirklich folgen werden.

Monica Rintersbacher: Wie lässt sich Ihre Botschaft zusammenfassen?

Ulrike Rabmer-Koller: Jeder Einzelne muss bzw. kann seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Es wird dann funktionieren, wenn eine Win-Win-Situation zwischen Wirtschaft und Umwelt entsteht. Wichtig ist es dabei, die „Vier-I-Strategie – Innovation, Investition, Information und Internationalisierung“ zu verfolgen. Dabei zeigen die Leitbetriebe ihre Vorbildfunktion und informieren die Unternehmen mit „Best Practices“ darüber, was alles im Umweltschutz möglich ist und, dass man damit wirtschaftlich sehr erfolgreich sein kann.

Eveline Pupeter: Es gibt keinen Planet B. Alle Unternehmerinnen und Unternehmer sind gefordert, achtsam mit den Ressourcen und mit unserer Welt umzugehen. Leitbetriebe tragen dabei eine ganz besondere Verantwortung.

Monica Rintersbacher: Zwei interessante Unternehmerinnen, die sich beim Thema Nachhaltigkeit einig sind und in unterschiedlichen Branchen mit Vorbildwirkung voran gehen. Wir hoffen, dass sich viele Betriebe von dieser Umsetzungskraft inspirieren lassen. Vielen Dank für das Interview.

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