Leitbetriebe Austria: Der Kurier ist breit aufgestellt und hat verschiedene Geschäftsfelder und Kanäle. Wie haben sich diese in den letzten Monaten entwickelt und welche Trends lassen sich hier ablesen?
Thomas Kralinger: Der KURIER hat eine Steigerung der Nachfrage erlebt, und zwar auf allen Kanälen. Wir freuen uns über Zuwächse beim Verkauf der Tageszeitung, bei den Sonntags-Selbstbedienungstaschen ebenso. Das KURIER-Medienhaus war zuletzt mit rund 9,3 Millionen Unique Clients die Nummer 1 des privaten Online-Medienangebots.
Wie hat das Jahr 2020 die tägliche Arbeit verändert?
Im systemrelevanten Medienbereich war es vor allem wichtig, schnell auf die Situation zu reagieren und im Sinne eines sicheren Arbeitens unterschiedliche Teams aufzusetzen, die eine Produktion unseres Mediums gewährleisten.
Einerseits fehlen natürlich die persönlichen Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen und auch zu Kunden, Arbeit war schließlich immer auch mit dem Vergnügen verbunden, interessanten Input durch spannende Menschen zu bekommen. Andererseits hat die notwendige Umstellung auf virtuelle Präsenz für zusätzliche Flexibilität gesorgt. Die interne Kommunikation wurde noch weiter intensiviert, wir reagieren schnell auf neue Entwicklungen in Sachen Corona und informieren regelmäßig unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über aktuelle oder neu hinzugekommene Richtlinien – das hat durchaus zu einem Zusammenrücken von Belegschaft und Führungskräften geführt – freilich nur im übertragenen Sinne. Man schaut auf den Anderen.
Wie lassen sich Home-Office / Telework und ähnliche Organisationsformen in den Alltag einer Tageszeitung integrieren?
Nachrichtenmedien sind ohnehin daran gewöhnt, mit Agenturen oder auch Auslandskorrespondenten, die durchaus auch unter widrigen Umständen Texte liefern müssen, zusammenzuarbeiten, Remote-Arbeitsverhältnisse sind uns also vertraut. Als es im März zum Lockdown kam, konnten wir uns sehr schnell ein- und umstellen. Bis heute produzieren Teams, die einander nie begegnen, alternierend vor Ort und von zuhause aus unsere Medien. Die Rückmeldung unserer Bereichsleitenden ist hervorragend.
Welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die strategische Ausrichtung?
Wir erleben erhöhte Zugriffe auf unser Digitalangebot, eines der vielen Zeichen, dass die Bereitschaft der Leserinnen und Leser, für Qualitätsjournalismus zu zahlen, hoch ist – wobei wir als Service an die Leser etliche Artikel über die Corona-Krise vor die Paywall geholt haben, beispielsweise. Insgesamt ist das die Bestätigung unseres Geschäftsmodells.
Gibt es Learnings, die auch in einer Zeit nach Corona beibehalten werden?
Die Learnings, die es gibt, werden ident sein mit denen, die die gesamte Gesellschaft mitnehmen kann: Sicher werden Redundanzen wegfallen. Die Corona-Krise hat die Digitalisierung der Gesellschaft und Wirtschaft deutlich beschleunigt.
Wie beeinflussen diese Veränderungen auch den Alltag in der Recherche, wenn Pressekonferenzen und Treffen nicht stattfinden können?
Natürlich verändert es den Arbeitsalltag von Journalisten. Andererseits bergen solche Veränderungen auch stets die Möglichkeit, an kreativen Lösungen zu arbeiten. Im Falle des KURIER heißt die Lösung „Pods&Bowls“ und ist der erste Walk-in-Newsroom der Stadt. In dem Lokal auf der Mariahilfer Straße 10 – wir nennen es liebevoll MAHÜ 10 – findet derzeit Journalismus auf Tuchfühlung – natürlich mit Maske und Abstand – statt. Die Location ist so ausgerichtet, dass sie alle Corona-Sicherheitskriterien erfüllt, sie ist sehr offen, sehr luftig, wie das Konzept, dass ihr zugrunde liegt. Es werden dort Einzelinterviews geführt, mittlerweile haben wir über 200 Interviews und Podiumsdiskussionen abgehalten. Es werden Inhalte sowohl für Print, als auch für Online produziert, ebenso Bewegtbild-Content. Das Live-Erlebnis hat einen speziellen Reiz, wir können dort mit unseren Lesern und Usern interagieren, sie in persönlichen Begegnungen abholen, Corona-sicher und mit köstlichen Bowls und Getränken.
Gibt es neue Werkzeuge und Tools auf die man zur Aufrechterhaltung der eigenen Qualität zurückgreifen kann?
Der KURIER war bereits vor Corona technisch gut aufgestellt. Bis auf einige Optimierungen im Bereich der Video-Calls und eine entsprechende technische Aufrüstung vor Ort war der KURIER ajour. Letzte Lücken für mediales Arbeiten wurden durch zusätzliche Hardware- und Softwarelizenzen geschlossen.
Welche Rolle haben Medien in Zeiten die dem ersten Halbjahr 2020 mit laufend neuen Verordnungen und sich nicht immer deckenden Einschätzungen der Situation?
Unsere Rolle als 4. Säule in einem demokratischen Staatsgebilde bleibt unverändert wichtig: Wir sind unseren Leserinnen und Lesern mit einer objektiven, unaufgeregten und sachlichen Berichterstattung verpflichtet. Möglichst zeitnah und gut recherchiert informieren. Einordnen. Kritisch hinterfragen. Und in Zeiten wie diesen, wo so viele Falschinformationen im Internet kursieren, Fakten checken und als fake News enttarnen. Dieses Vertrauen in die Qualität des KURIER hat uns viele neue Leserinnen und Leser auf die Plattform des Medien-Netzwerkes von KURIER; Profil, den Serviceplattformen motor.at, film.at, event.at, dem Portal für junge Leser k.at und auf unserem Fernsehsender schau.tv gebracht. Mit unseren aktuellen Nachrichten und Berichten auf unseren Onlineportalen erreichen wir 9,3 Mio. Leser (ÖWA Basic Oktober 2020). Wir sehen uns in unserem Kurs bestätigt, wenn Sie Ihr Vertrauen in unsere journalistische Arbeit beweisen, indem Sie unsere Abo Angebote – digital wie print – annehmen.
Auch als Plattform für unsere Partner aus der Wirtschaft sehen wir uns als wichtigen Dienstleister und Input-Lieferant. In der Kooperation mit Wirtschaftstreibenden konnten wir ebenfalls neue Formate entwickeln und bieten umfassende, informative und spannende Kommunikationslösungen an. Mit dem Sender schauTV erarbeitet eine eigene B2B-Unit gemeinsam mit den Unternehmen individuelle Konzepte, um deren Botschaften in hochwertiger Aufbereitung an die entsprechenden Zielgruppen zu kommunizieren. Das umfasst nicht nur die TV-Kommunikation auf schauTV mit über 125.000 Seherinnen und Sehern täglich, sondern ebenso die Kommunikation auf allen Medienkanälen und auf Social Media. Aber auch reine Produktionsleistungen von Bewegtbild stehen für Unternehmen, insbesondere für KMUs im Fokus.
Vielen Dank für das Interview!
Weitere Informationen: www.kurier.at