v.l.n.r.: Leonhard Schitter (Vorstandsvorsitzender & CEO Energie AG Oberösterreich), Ulrike Rabmer-Koller (GF Rabmer Gruppe), Andrea Wartner-Weixlbaumer (Partnerin LeitnerLeitner GmbH), Monica Rintersbacher (GF Leitbetriebe Austria), Christian Fuchs (Beirat Leitbetriebe Austria); © cityfoto/Roland Pelzl

NACHHALTIGKEIT im FOKUS: Nachhaltigkeitsbericht, Taxonomie und erneuerbare Energien

Was Leitbetriebe künftig erwartet, wie neue Regelungen umsetzbar werden und was schon jetzt getan werden kann 

Am 23. März 2023 fand in Linz bei Gastgeberin LeitnerLeitner GmbH ein Fokus-Gespräch ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit statt. Die Podiumsgäste Mag. (FH) Andrea Wartner-Weixlbaumer (LeitnerLeitner GmbH), Mag. Ulrike Rabmer-Koller (Rabmer Gruppe) sowie Dr. Leonhard Schitter (Energie AG) beleuchteten das Thema aus unterschiedlichen Richtungen und lieferten spannende Einblicke aus der Praxis der Leitbetriebe. 

Nachhaltigkeitsberichte – welche Änderungen bringt die CSRD?
Mag. (FH) Andrea Wartner-Weixlbaumer, Partnerin, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin beim Leitbetrieb LeitnerLeitner GmbH, präsentierte zum Einstieg einen Überblick zum Thema Nachhaltigkeitsberichte im Anwendungsbereich der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) sowie einen kurzen Rückblick: Vom Übereinkommen von Paris im Jahr 2015, dem EU-Green-Deal über die EU Taxonomie Verordnung und dem ersten Richtlinienvorschlag CSRD im April 2021 bis hin zur Veröffentlichung der CSRD im Dezember 2022 im Amtsblatt der EU mit dem Inkrafttreten am 5. Jänner 2023.  Mit der CSRD haben Unternehmen in deren Anwendungsbereich zukünftig die Pflicht, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, in welchem unter anderem ihre Geschäftsstrategie, Nachhaltigkeitsziele und -maßnahmen offen zu legen sind. Derzeit sind in Österreich rund 130 Unternehmen im Anwendungsbereich der nicht-finanziellen Erklärung (NFRD), erwartet werden rund 2.000 weitere Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD. Über die zukünftige Verortung der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagerbricht wird ihr gleichwertige Bedeutung mit der finanziellen Berichterstattung beigemessen. „Mit dem integrated reporting und der für alle gültigen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS – European Sustainability Reporting Standards) steigt die Vergleichbarkeit für Investoren, Wettbewerber, Kunden, Mitarbeiter und sonstige Stakeholder, was zu Wettbewerb innerhalb einer Branche führen kann“, so Wartner-Weixlbaumer über die Folgen der Vereinheitlichung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung.  

Anwendbarkeit der CSRD – wen trifft es?
Ab dem Geschäftsjahr 2024 sind kapitalmarktorientierte Unternehmen (PIE´s) mit mehr als 500 Mitarbeitern im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Pflicht, ab dem Geschäftsjahr 2025 zudem große Kapitalgesellschaften mit mehr als 250 Arbeitnehmern, mehr als EUR 20 Mio. Bilanzsumme und über EUR 40 Mio. Umsatzerlöse, wobei mindestens zwei der drei Schwellenwerte überschritten werden müssen. Ab 2026 wird der Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung schließlich um kapitalmarktorientierte KMUs ausgeweitet (d.h. 10-250 Arbeitnehmern, Bilanzsumme zwischen EUR 350.000 und EUR 20 Mio. und Umsatzerlöse zwischen EUR 700.000 und EUR 40 Mio., wobei mindestens zwei der unteren Schwellenwerte über- bzw. zwei der oben angeführten Schwellenwerte unterschritten werden müssen). Neben den gesetzlichen Verpflichtungen bestehen aber auch für Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereichs der CSRD „durchgereichte“ Nachhaltigkeitsanforderungen, die ebenfalls ein Tätigwerden erfordern. Der erste Entwurf für die nationale Umsetzung wird im 2. Quartal 2023 erwartet, eine Finalisierung ist bis 6. Juli 2024 erforderlich. Das erste Set der ESRS wird bis 30. Juni 2023 finalisiert. 2026 sind sämtliche ESRS abzuschließen. „Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird zu einer großen Herausforderung! Daher ist es entscheidend, möglichst jetzt schon mit den Vorbereitungen und der Erstellung einer Roadmap zu starten, um rechtzeitig eine entsprechende Datenbasis zu schaffen“, so Wartner-Weixlbaumer abschließend.  

Taxonomie – Green Building und nachhaltige Lösungen für den Klimaschutz
Mag. Ulrike Rabmer-Koller, Geschäftsführerin der Rabmer Gruppe, widmete sich dem Thema Taxonomie. Sie spricht von der dringenden Notwenigkeit der Nachhaltigkeit: „Die Wissenschaftler sind sich einig, dass die Kipppunkte bald erreicht sind und wir etwas tun MÜSSEN! Es gibt schon sehr viele Unternehmen, die das Thema ernst nehmen. Wir sollten aber auch jene Unternehmen anregen, die noch nicht so weit sind – denn auch kleine Schritte haben eine große Wirkung“, ist Rabmer-Koller überzeugt. Die steigenden Energiekosten etwa haben gezeigt, dass sich Maßnahmen sehr rasch umsetzen lassen. Die Investition in Nachhaltigkeit bringe zu dem nicht nur dem Klimaschutz etwas, sondern sorgt auch für auch Kostenreduktion. „Wir dürfen den Zug in die Zukunft nicht verpassen“, so Rabmer-Koller. Auch was die Bürokratie der Berichte und Regelungen angeht, gibt sie Entwarnung: „Es wirkt sehr kompliziert, spielt sich aber rasch ein, wie auch die ISO-Zertifizierung gezeigt hat.“  

Beispiel aus der Praxis – Nachhaltigkeit im Gebäudesektor
Die Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem, das dabei hilft, das „Pariser Abkommen“ umzusetzen. Sie umfasst 6 Säulen: Klimaschutz, Klimawandelanpassungen, nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung und Schutz von Ökosystemen und Biodiversität. Dabei darf keine der Grundlagen verletzt werden und es soll ein wesentlicher Beitrag zu mindestes einem Umweltziel geleistet werden sowie bestimmte Mindestanforderungen erfüllt werden. Im Immobilienbereich betrifft das Neubauten, Renovierung sowie Erwerb und Eigenheim, z.B. was Primärenergiebedarf, Luftdichtetest und bestimmte Normen angeht. Lösungen am Weg zur EU-Taxonomie sind etwa Gebäudesanierungen (Green Building), Verbesserungen in der Energie- & Wassereffizienz sowie im Bereich erneuerbare Energien (z.B. die Nutzung von Abwasserenergie zum Heizen und Kühlen oder optimierte Lüftungsanlagen mit intelligenter Abwärmenutzung oder Sektorkoppelung). Vor allem das Thema Kühlung wird immer wichtiger, wie Rabmer-Koller betont. „Es braucht Technologie, um die Ziele zu erreichen. “, ist Rabmer-Koller überzeugt. „Jeder kann einen Beitrag für nachhaltige Lösungen leisten. Dazu braucht es vier I´s: Innovation, Investition, Information und Internationalisierung“, so Rabmer-Koller abschließend. 

Erneuerbare Energien – Nachhaltigkeit zum Leitthema machen
Dr. Leonard Schitter, Vorsitzender des Vorstands & CEO der Energie AG, widmet sich dem Thema erneuerbare, nachhaltige Energien und deren Notwendigkeit. „Wir befinden uns in einer Epochenwende, die uns gezeigt hat, dass Abhängigkeit, z.B. von russischem Gas, an volkswirtschaftlichem Gut hängt. Wir müssen Abhängigkeit in Unabhängigkeit umwandeln und das ist nur mit erneuerbarer Energie möglich“, so Schitter.  

Die Klimakrise wurde in den letzten Jahren immer deutlicher und das hat sich auch bei der Energie AG gezeigt. Durch die Trockenheit und dem daraus folgenden Wassermangel konnte die Energie AG übers Jahr gerechnet circa 10% weniger Strom aus Wasserkraft erzeugen.  

Schitter spricht von einem großen „committment in der Gesellschaft“. Die Menschen spüren den Drang, nachhaltig zu leben und damit ist das Thema Nachhaltigkeit auch Kundenwunsch: „8 von 10 Österreichern sagen, erneuerbare Energien gehören ausgebaut. Zwei Drittel sind der Meinung, es geht zu langsam. Dies zeigt die Dringlichkeit, Lösungen anzubieten und gesellschaftspolitische Verantwortung zu übernehmen“, so Schitter. Zudem bietet Nachhaltigkeit auch einen klaren Wettbewerbsvorteil: Unternehmen, die den Weg nicht gehen, werden früher oder später vom Markt ausgeschlossen, sie werden zudem Kunden verlieren, ist er überzeugt. 

Auch wenn Österreich auf einem guten Weg ist und mit einem Anteil an erneuerbaren Energien von 75% europaweit ganz vorne mitspielt, gibt es noch Aufholbedarf. „Die letzten 25% fordern uns. Wir müssen den Ausbau in erneuerbare Energien weiter forcieren und Teil der Lösung sein!“ Die Energie AG investiert bis 2030 insgesamt 2 Milliarden in die Zukunft. 1 Milliarde in den Ausbau der erneuerbaren Energien, eine Milliarde in den Ausbau der Netze. Damit will die Energie AG Impulsgeberin und Tempomacherin sein.  Abschließend spricht er noch die Themen Speichersysteme und grüner Wasserstoff an, die für den Wohlstandserhalt immer wichtiger werden. Nachhaltigkeit brauche es auf allen Ebenen. „Leitbetriebe müssen sich Nachhaltigkeit zum Leitthema machen“, so Schitter abschließend. 

Einblicke in die Nachhaltigkeitspraxis der Leitbetriebe
In der anschließenden Diskussion meldeten sich auch Teilnehmer zu Wort.

Mag. Stefan Jauk, Generaldirektor der Niederösterreichischen Versicherung AG, spricht noch offene Punkte an und betont die Herausforderungen im Finanz-, und hier speziell im Veranlagungsbereich. Der Klimawandel und das Thema Nachhaltigkeit werden dominierende Faktoren in der Geschäftsausrichtung der Zukunft einnehmen. Das Nachhaltigkeitsreporting ist im Finanzsektor bereits jetzt ein großes Thema, das Kapazitäten benötigt. So wurde bei der NV aufbauorganisatorisch ein eigener Bereichsleiter verankert, der unter anderem für diesen Themenkomplex verantwortlich sein wird. Die Finanzwirtschaft wird nach Meinung von Jauk eine führende Rolle im Bereich Nachhaltigkeit einnehmen (müssen).

Johann Dumser von Plasser & Theurer Export von Baumaschinen Gesellschaft m.b.H. lieferte ebenso einen Wortbeitrag. Seine Firma hat bei den Produkten bereits früh mit der Einsparung von Co2 begonnen, indem Hybridmaschinen mit zusätzlichem E-Antrieb entwickelt wurden. Plasser & Theurer hat bereits einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Johann Dumser: „In dem wir uns alles angeschaut haben, ist im Unternehmen etwas Positives passiert. Denn was ich nicht messen kann, kann ich nicht steuern. Wir haben uns daran gewöhnt und sehen den CSR-Bericht als Chance für Innovation. Es bringt unser Produkt- und Mindset nach vorne!“

Josef Zeppetzauer, Geschäftsführer der Zeppetzauer Bau- & Zimmerei GmbH: Die Kundenkommunikation, was Nachhaltigkeit betrifft, ist besonders wichtig. „Wir haben für unsere Kunden einen Brief aufgesetzt und darin erläutert, was wir unter Nachhaltigkeit am Bau verstehen, z.B. die Dämmung der Außenwände bringen eher nur geringfügig Veränderungen. Im Bereich Wärmedämmung bringt eine hochwertige Dämmung nach oben z.B. viel, da warme Luft nach oben steigt. Die Kunden sind dankbar, wenn sie sehen, dass Wert auf das Thema gelegt wird und wir uns Gedanken machen, welche Möglichkeiten es hier gibt“, ist Zeppetzauer überzeugt. 

Auch Anita Lafer, Geschäftsführerin der Great Lengths Haarvertriebs GmbH, hat das Thema Nachhaltigkeit in verschiedenen Aspekten ihrer Firma verankert. Regionalität spielt in ihrem Betrieb beispielsweise eine große Rolle, etwa was Arbeitsplätz angeht, aber auch die Produktion. Auch energietechnisch setzt Great Lengths in der sonnenreichen Südoststeiermark etwa auf Photovoltaik oder achtet auf umweltfreundliche Verpackung. Innovation spielt ebenso eine Rolle: Great Lengths arbeitet mit einem jungen Startup zusammen, das Lockenbänder entwickelt hat. „Wir schauen bei Great Lengths auf Nachhaltigkeit in verschiedenen Bereichen. Auch im Kleinen kann viel bewirkt werden“, ist Lafer überzeugt. 

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