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Neues vom OGH zum Aufgriffsrecht in der Insolvenz

Gesellschaftsverträge sehen häufig Aufgriffsrechte vor, die es Gesellschaftern ermöglichen, in bestimmten Fällen, wie etwa Tod oder Insolvenz, den Geschäftsanteil des betroffenen Gesellschafters aufzugreifen. Das OLG Linz entschied 2019, dass ein solches Aufgriffsrecht für den Insolvenzfall nicht zulässig sei. Der OGH sprach nun aus, dass dies doch möglich ist. 

Sachverhalt
Eine Gesellschaft fasste ihren Gesellschaftsvertrag neu. Nach dieser Neufassung sollte die rechtskräftige Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters ein Aufgriffsrecht der übrigen Gesellschafter zur Folge haben. Dabei sollte der Kaufpreis mit einem Abschlag von 20 % vom begutachteten Wert ermittelt werden.

Das Erstgericht lehnte die Eintragung dieser Regelung unter Berufung auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz zu 6 R 95/19m ab. Die Regelung widerspreche insolvenzrechtlichen Bestimmungen und der vorgesehene Abschlag vom Aufgriffspreis sei sittenwidrig. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Oberste Gerichtshof (6 Ob 64/20k) war aus folgenden Gründen anderer Ansicht:

Insolvenzrechtliche Argumente
Nach § 25a IO ist die Auflösung von Verträgen durch Vertragspartner des Schuldners nur aus wichtigem Grund möglich, wenn die Vertragsauflösung die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte. Vereinbarungen, die die Anwendung des erwähnten § 25a IO ausschließen oder beschränken, sind unzulässig; die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts oder der Vertragsauflösung für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist grundsätzlich unzulässig. Ein Aufgriffsrecht für einen Insolvenzfall kann als eine solche Vereinbarung verstanden werden. In der Literatur ist umstritten, ob diese Bestimmungen auf Gesellschaftsverträge anwendbar sind. Wäre dies der Fall, wäre die Vereinbarung eines Aufgriffsrechts für einen Insolvenzfall in einem Gesellschaftsvertrag unzulässig. Der OGH sprach nun aus, dass die zitierten Bestimmungen nicht auf Gesellschaftsverträge zugeschnitten und daher auf diese nicht anwendbar sind.

Nach § 26 Abs 3 IO ist der Insolvenzverwalter an „Anträge des Schuldners, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht angenommen worden sind“, nicht gebunden. Ob auch ein Aufgriffsrecht der anderen Gesellschafter einen solchen „Antrag des Schuldners“ (also ein Angebot des Schuldners auf Abtretung seines Geschäftsanteils im Aufgriffsfall) darstellt, ist umstritten. Der OGH schloss sich nun der überwiegenden Auffassung an, wonach gesellschaftsvertragliche Aufgriffsrechte nicht unter § 26 Abs 3 IO fallen. Das grundsätzliche Interesse der Gesellschafter, im Fall der Insolvenz eines anderen Gesellschafters das Eindringen eines Gesellschaftsfremden verhindern zu wollen, sei durchaus legitim.

Diese insolvenzrechtlichen Regelungen sprechen daher nicht gegen ein gesellschaftsvertragliches Aufgriffsrecht für einen Insolvenzfall.

Höhe des Abfindungspreises
Häufig sehen gesellschaftsvertragliche Regelungen einen Abfindungspreis vor, der unter dem Verkehrswert liegt. Durch eine solche Abfindungsbeschränkung werden die Gläubiger eines Gesellschafters benachteiligt, wenn der Geschäftsanteil ihres Schuldners etwa aus Anlass seiner Insolvenz aufgegriffen werden kann – sie erhalten dadurch nicht den Verkehrswert des Geschäftsanteils, sondern einen niedrigeren Preis, sodass der den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsfonds reduziert wird.

Der OGH meint, dass unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes freiwilliges Ausscheiden und das Ableben eines Gesellschafters einerseits sowie Exekution bzw Insolvenz andererseits als Fälle des Aufgriffsrechts gleichbehandelt werden müssen. Wird aber für alle diese Fälle derselbe reduzierte Aufgriffspreis vorgesehen, ist ein Aufgriffspreis, der unter dem Verkehrswert liegt, zulässig.

Dies war im vorliegenden Fall aber nicht vorgesehen. Die Fälle wurden ungleich behandelt, sodass die gegenständliche Regelung dem OGH zufolge zurecht nicht vom Firmenbuch akzeptiert wurde. Deshalb musste der OGH auch nicht darüber entscheiden, in welcher Höhe ein Abschlag vom Verkehrswert vereinbart werden kann. Diese Frage ist daher nach wie vor nicht endgültig beantwortet. Die Untergrenze zieht jedenfalls die Sittenwidrigkeit.

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