New Work im Fokus: Arbeitsmodelle im digitalen Zeitalter

Die Flexibilität in Bezug auf Arbeitsort und Arbeitszeit beschäftigen jedes Unternehmen. Welche arbeitsrechtlichen Gegebenheiten sind zu beachten, welche Vorteile ergeben sich für das Recruiting und die Mitarbeiterbindung sowie welche Modelle funktionieren in der Praxis? Impulsvorträge und Best Practice Beispiele standen im Zentrum des Online Fokus-Gesprächs. Eine Zusammenfassung:

Zeitliche Flexibilität – Arbeitszeit und arbeitsrechtliche Aspekte
Zentrale Regelungen der Arbeitszeiten sind im Arbeits- und Ruhegesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarungen und Einzelverträgen festgelegt. Folgende Modelle der flexibleren Arbeitszeitgestaltung sind dabei u.a. möglich: Bei der gleitenden Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer innerhalb eines gesetzten Rahmens Beginn und Ende seiner Arbeitszeit frei wählen. Dieses Modell vermeidet den Aufbau von zuschlagspflichtigen Mehr- und Überstunden. Bei der durchrechenbaren Arbeitszeit wird die Normalarbeitszeit unregelmäßig aufgeteilt, z.B. je nach Saison und Arbeitsanfall. Mit einer zweiwöchigen Vorwarnfrist kann der Arbeitgeber die Normalarbeitsstunden jeweils höher oder niedriger ansetzen. Die durchrechenbare Arbeitszeit ist nur zulässig, wenn der einschlägige Kollektivvertrag diese vorsieht. Beim Gleitzeitkontomodell besteht – zusätzlich zur durchrechenbaren Arbeitszeit – die Möglichkeit, die angesparten Gutstunden in den nächsten Durchrechnungszeitraum (z.B. in das nächste Jahr) zu übertragen. Bei der bereits in vielen Unternehmen praktizierten 4-Tage-Woche wird die Wochenarbeitszeit auf vier Tage aufgeteilt, dabei sind bis zu 10 Normalarbeitsstunden täglich möglich. Vorsicht ist hier bei regelmäßiger Arbeit am freien Tag geboten. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten sind beispielsweise „Freitags-Frühschluss“ und das Einarbeiten von Fenstertagen: Bei beiden Konzepten werden die fehlenden Stunden auf andere Tage verteilt. (Quelle: Fachliche Inputs von Florina Thenmayer, Rechtsexpertin bei DORDA Rechtsanwälte GmbH)

Best Practice: 4-Tage-Woche
Eine 4-Tage-Woche praktiziert die Firma KAMPER Bau + Handwerk Gmbh bereits seit Oktober 2022. Das Modell funktioniert nach eigenen Angaben sehr gut und wurde von der Belegschaft auch bereitwillig angenommen. Die 38 Wochenstunden wurden dabei bei vollem Lohnausgleich auf vier Tage aufgeteilt. Die Firma KAMPER konnte dadurch einen Rückgang der Überstunden feststellen. Zu beachten: Lehrlinge dürfen nicht mehr als neun Stunden pro Tag arbeiten, daher wurde eine Sonderregelung überlegt: Einmal im Monat wird ein Zusatzbildungstag mit acht Stunden angeboten. Diese Weiterbildungsmöglichkeit steht allen Mitarbeitern zur Verfügung. (Quelle: Erfahrungsbericht von Friederike Prassl, Prokuristin bei KAMPER Bau + Handwerk Gmbh) Auch die Firma BECKHOFF Automation GmbH hat mit der 4-Tage-Woche gute Erfahrungen gemacht. Die Mitarbeiter arbeiten klassisch von Montag bis Donnerstag, jeweils 9 Stunden, für freitags gibt es ein „Radl“, d.h. wechselnde Dienste. Wer nicht will, kann aber weiterhin in einer 5-Tage-Woche bleiben. Bereits bei der Einstellung eines neuen Mitarbeiters wird bei der Firma BECKHOFF darauf geachtet, dass dieser das Potential hat, bis zur Pensionierung zu bleiben. Aus diesen Gründen ist die Fluktuation in der Firma BECKHOFF mit weniger als ein Prozent sehr niedrig. (Quelle: Erfahrungsbericht von Armin Pehlivan, Geschäftsführer von BECKHOFF Automation GmbH).

Best Practice: Software zur Arbeitszeiterfassung und Personaleinsatzplanung
Je flexibler die Arbeitszeiten gestaltet werden, umso wichtiger wird ein digitales Workforce Management zur Arbeitszeiterfassung. Die Firma ATOSS Software Ges.m.b.H. setzt hier auf Software-Lösungen, die die Komplexität der einzelnen Arbeitszeitmodelle berücksichtigt, ebenso wie rechtliche Regelungen wie Arbeitszeitgesetze, unterschiedliche Kollektivverträge und betriebliche Regularien. Gleichzeitig wird durch die Software mehr Flexibilität für Mitarbeiter und Unternehmen geschaffen. Das System kann beispielsweise aktiv warnen, wenn Ruhezeiten nicht eingehalten werden oder bei Überschreitung der 10 Stunden. (Quelle: Erfahrungsbericht von Jan Balgemann, Senior Director Customer Support & Technical Services bei ATOSS)

Räumliche Flexibilität – Arbeitsort und arbeitsrechtliche Aspekte
Home Office, Remote Work und Work from Anywhere bieten Möglichkeiten eines räumlich flexiblen Arbeitens. Für Home Office ist eine schriftliche Vereinbarung zwingend notwendig. Der Arbeitgeber muss die digitalen Arbeitsmittel zur Verfügung stellen oder Kostenersatz leisten. Hier sind auch Pauschalen möglich, wobei nach der aktuellen Rechtslage bis zu 300 Euro steuerfrei sind. Beim Remote Work handelt es sich um Telework, die nicht nur im Home Office, sondern überall stattfinden kann, also z.B. auch im Zug oder im Kaffeehaus. Besondere Vorsicht ist allerdings bei dem Modell Work from Anywhere, d.h. beim Arbeiten auch im Ausland, geboten, zumal die – für den Mitarbeiter und das Unternehmen – weitreichende steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Implikationen haben kann. Die Inanspruchnahme eines Steuerberaters ist daher unbedingt empfehlenswert. (Quelle: Fachlicher Input von Florina Thenmayer, Rechtsexpertin bei DORDA Rechtsanwälte GmbH).

Best Practice: Home Office
In der Verwaltung von Trenkwalder arbeiten die Mitarbeiter bis zu 50% im Home Office, wobei jedes Team nach Absprache mit der Führungskraft die einzelnen Tage selbst einteilt. Trenkwalder konnten dadurch eine Effizienzsteigerung feststellen, etwa durch den Wegfall des langen Arbeitsweges. Damit auf den sozialen Aspekt nicht vergessen wird, findet auch im Home Office eine tägliche Kommunikation statt. Zudem setzt die Firma Trenkwalder auf Bürotage, an denen das ganze Team zusammenkommt. Die Erfahrung der Firma Trenkwalder hat gezeigt, dass Home Office jedoch nicht für jeden das Richtige ist. Manche „brauchen“ das Büro, andere schätzen die Ruhe und Effizienz zu Hause. Eine klare offene Kommunikation schafft diesbezüglich Klarheit. (Quelle: Erfahrungsbericht von Richard Galambos, Rechtsexperte bei Trenkwalder Personaldienste GmbH)

Mitarbeiterführung und Mitarbeiterkontrolle
Für viele Führungskräfte stellt sich bei räumlicher und zeitlicher Flexibilität die Frage nach der Leistungskontrolle. Aus rechtlicher Sicht braucht es für eine Mitarbeiterkontrolle in vielen Fällen die Zustimmung des Betriebsrates bzw. des Mitarbeiters. Es existieren verschiedene Möglichkeiten der Mitarbeiterüberwachung, z.B. Überwachungskameras oder Software, etwa auch solche, die nur monitoren (und primär dem Kundenmanagement dienen). (Quelle: Fachlicher Input von Florina Thenmayer, Rechtsexpertin bei DORDA Rechtsanwälte GmbH). Die Kontrolle der Leistung ist in einer hybriden Arbeitswelt oft nicht leicht greifbar. Besonders wenn es sich z.B. um kreative Arbeiten handelt. Statt einer Leistungskontrolle ist daher eine Projekt- und Lösungsorientierung sinnvoll. Führungskräfte brauchen Projektmanagementkompetenz, Sozial- und Digitalkompetenz, um die Mitarbeiterproduktivität zu fördern. Als Mittel können etwa z.B. Zielvereinbarungen, Leitlinien und Vereinbarungsgespräche dienen. (Quelle: Erfahrungsbericht von Andreas Purkarthofer, COO/CDO von TRUMMER Montage & Personal GmbH)

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