Die Initiative „UNTERNEHMEN LEBEN!“ hat es sich zum Ziel gesetzt, das Thema Krebs im beruflichen Kontext aus der Tabuzone zu holen und Unternehmen mit konkreten Reintegrationsmaßnahmen zu unterstützen.
Österreichweit leben rund 380.000 Frauen und Männer mit einer Krebserkrankung. Etwa 50% davon stehen mitten im Berufsleben. Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen und für MitarbeiterInnen mit einer Krebserkrankung ist die möglichst schnelle und reibungslose Rückkehr in den Beruf nach überstandener Erkrankung.
Die Österreichische Krebshilfe Wien hat ein Coaching-Programm entwickelt, um Unternehmen bei der Reintegration ihrer an Krebs erkrankten MitarbeiterInnen zu unterstützen. Eine spezielle Ausformung dieses Programms ist das Präventiv-Coaching für Führungskräfte, das wir in Kooperation mit dem Leitbetriebe Austria-Mitglied Sanofi-Aventis durchgeführt haben.
Vorgesetzte nehmen bei der Reintegration von MitarbeiterInnen mit Krebs eine Schlüsselrolle ein. Der Balanceakt zwischen der Verantwortung für die wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens einerseits und das Team sowie die erkrankten MitarbeiterInnen andererseits ist schwierig und heikel. Ein bewusster, zielorientierter und zugleich empathischer Umgang mit dem Thema und den beteiligten MitarbeiterInnen nimmt entscheidend Einfluss auf das Arbeitsklima und auf einen erfolgreichen Wiedereingliederungsprozess.
Sanofi-Aventis hat sich dazu entschieden, das „UNTERNEHMEN LEBEN!“-Führungskräfte-Coaching unternehmensintern durchzuführen – welche Motivation war dafür ausschlaggebend?
50% der Krebserkrankten stehen mitten im Berufsleben. Die Erkrankung eines Teammitglieds betrifft das gesamte Team sowie die Führungskraft. Durch eine Krebserkrankung ergeben sich einige Fragen, allen voran zu nennen sind hier Fragen zur Kommunikation, Belastbarkeit der erkrankten MitarbeiterInnen, der Auswirkung von Krankenständen und der emotionalen Bewältigung der Erkrankung – für die betroffene Person und die KollegInnen. Um diese Herausforderung in seiner gesamten Komplexität mitsamt all seiner wirtschaftlichen, psychischen und physischen Implikationen in der Schnelligkeit erfassen zu können und kompetent agieren zu können, braucht es ein Coaching, um für den Ernstfall gewappnet zu sein.
Gab es bei Sanofi-Aventis zu diesem Zeitpunkt bereits MitarbeiterInnen mit einer Krebserkrankung?
Nein, es hat sich bei diesem Coaching um eine rein präventive Maßnahme gehandelt.
Warum halten Sie es für entscheidend, Führungskräfte für die spezielle Situation eines beruflichen Wiedereinstiegs nach einer Krebserkrankung zu sensibilisieren?
Die Führungskraft ist eine zentrale Ansprechperson im Unternehmen für MitarbeiterInnen mit Krebs. Führungskräfte müssen zudem einen Spagat schaffen: Einerseits muss das Team gewisse wirtschaftliche Ziele erfüllen, andererseits müssen die Ressourcen des betroffenen Mitarbeiters geschont werden – die übrigen Teammitglieder dürfen aber auch nicht überfordert werden. Hier empathisch und zugleich rational vorzugehen, ist essentiell für das gesamte Team und die Wiedereingliederung der betroffenen Person.
Wie ist es Ihnen gelungen, einen großen Teil Ihrer Führungskräfte für die Thematik zu interessieren?
Wir haben die Angelegenheit immer wieder thematisiert, beispielsweise bei jeder Weihnachtstagung, bei Townhall Meetings und bei Meetings der Außendienstleiter – das hat sicher wesentlich dazu beigetragen, den Need und die Akzeptanz für dieses Projekt zu erhöhen!
Wie war das Feedback? Welche Resonanz hat das Coaching unter Ihren Führungskräften erzeugt?
Das Coaching ist bei unseren MitarbeiterInnen auf großes Interesse gestoßen, die Teilnehmerrate und die Resonanz waren sehr positiv. Unsere Führungskräfte waren mit Herzblut dabei! Das zeigt, dass ein Need für solche Coachings vorhanden ist.
Konnten Sie Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Coaching bereits in die Praxis umsetzen?
Zum Glück war das noch nicht notwendig. Dennoch sind unsere Führungskräfte viel sensibler durch dieses Coaching geworden, auch im Bezug auf andere Herausforderungen wie bspw. andere Erkrankungen.
Hat sich die Perspektive Ihrer Führungskräfte auf MitarbeiterInnen mit einer schweren chronischen Erkrankung – und speziell auf MitarbeiterInnen mit Krebs -durch das Coaching verändert?
Ja, die Information und Darstellung der Situation aus unterschiedlichen Perspektiven (Betroffene, KollegInnen, Vorgesetzte) und Fragen zur emotionalen Bewältigung der Erkrankung sensibilisieren und erleichtern die Empathie. Die Reflexion und Erarbeitung von Szenarien und Lösungswegen stärkt die Zuversicht, im Ernstfall kompetent und rasch reagieren zu können. Unsere Führungskräfte konnten im Zuge des Coachings also einige wertvolle Tools erlernen!
Würden Sie das Coaching als Leuchtturm-Projekt für gelebte soziale Verantwortung gegenüber den eigenen MitarbeiterInnen bezeichnen?
Ein derartiges Projekt zeigt, dass dem Unternehmen die MitarbeiterInnen am Herzen liegen und das Unternehmen seine soziale Verantwortung gegenüber den MitarbeiterInnen wahrnimmt. Das kann man den eigenen MitarbeiterInnen nie genug zeigen!
Sehen Sie auch einen Effekt solcher Maßnahmen in der externen Kommunikation von Sanofi-Aventis – Stichwort „War for Talents“?
Derartige Maßnahmen sind natürlich immer ein positives Aushängeschild, die das Vertrauen künftiger MitarbeiterInnen in das Unternehmen generell stärken und für die Zuversicht sorgen, im Unternehmen als Mensch wahrgenommen zu werden.
Hat das Coaching Ihren Blick auf die gesellschaftliche Relevanz der Arbeit der Österreichischen Krebshilfe verändert?
Durch zahlreiche gemeinsame Projekte ist uns die gesellschaftliche Relevanz der Arbeit der Österreichischen Krebshilfe sehr vertraut. Die Österreichische Krebshilfe leistet durch ihre zahlreichen Beratungsangebote für Betroffene einen wesentlichen Beitrag in der Begleitung von Betroffenen. Durch das Coaching von Führungskräften in Unternehmen wird die gesamtgesellschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit deutlich.
Nähere Informationen zum „UNTERNEHMEN LEBEN!“ Präventiv-Coaching für Führungskräfte oder im Fall der Erkrankung von MitarbeiterInnen finden Sie unter www.unternehmen-leben.wien oder kontaktieren Sie Mag. Gaby Sonnbichler unter sonnbichler@krebshilfe-wien.at bzw. unter +43 699 140 219 22.