BDO: Wiedereinführung der Erbschaft- und/oder Vermögensteuer

Die angedachte Wiedereinführung der Erbschaft- und Vermögensteuer hat zu einer kontroversen Diskussion in der Öffentlichkeit geführt. Ob und in welcher Form diese Steuern erneut eingeführt werden, ist primär vom Ausgang der nächsten Wahlen abhängig. Nichtsdestotrotz kann dieser Diskus einen Denkanstoß für die eigene Zukunftsplanung darstellen. Gerald Huber und Florian Meindl, beide Partner bei BDO, umreißen die Eckpunkte der möglicherweise kommenden Steuerbelastungen.

Wie war die Erbschaft- und Vermögensteuer in der Vergangenheit in Österreich ausgestaltet? Von welcher zukünftigen Ausgestaltung ist daher auszugehen?

Florian Meindl: Die Besteuerung von Erbschaften hat sich in Österreich in der Vergangenheit einerseits am Verwandtschaftsgrad, andererseits am Wert sowie an der Art des zu übertragenden Vermögens orientiert. In den höheren Steuerklassen war mit einem durchaus substanziellen Steueraufwand zu rechnen. Trotz der Freibeträge konnte es gerade bei großen Erbschaften zu einer Besteuerung bis zu 60% kommen. Davon ausgehend, dass sich eine potenzielle Neueinführung der Erbschaftsteuer wiederum nach ähnlichen Parametern richtet, ist die damit verbundene Steuerlast keinesfalls zu vernachlässigen.

Gerald Huber: Für die 1993 abgeschaffte Vermögensteuer gilt, dass grundsätzlich ein pauschaler Steuersatz von 1% des zu besteuernden Vermögens pro Jahr einzubehalten war. Dabei war jedoch auf die Bewertungsmethoden zu achten, denn die steuerliche Bemessungsgrundlage konnte dabei vom tatsächlichen Wert abweichen. Genau diese unterschiedlichen Bewertungsansätze der zu besteuernden Vermögensgegenstände war in der Vergangenheit auch der kritische Punkt, der den Verfassungsgerichtshof bewogen hat, das Erbschaft- und Schenkunssteuergesetz für verfassungswidrig zu erklären.

Wie die neuerliche Ausgestaltung aussehen könnte, müsste also vonseiten der Politik diskutiert und festgelegt werden. Der aktuelle Vorschlag der SPÖ sieht einen Freibetrag von EUR 1 Mio. und eine progressive Besteuerung in Höhe von 0% bis 2% pro Jahr vor, die sog. Millionärsabgabe.

Welche steuerlichen Risiken lassen sich aus der Besteuerung in Deutschland ableiten?

Gerald Huber: Grundsätzlich lehnt sich die österreichische Gesetzgebung häufig an der deutschen an. Daher lohnt sich auch im Fall einer möglichen Erbschaft- und Vermögensteuer ein Blick über die Grenze. In Deutschland wird Erbe – vergleichbar mit dem alten österreichischen Modell – in verschiedenen Steuerklassen je nach Nähe des Verwandtschaftsverhältnisses besteuert. Auch die jeweiligen Freibeträge sind gestaffelt von EUR 20.000 für Personen, die mit dem:der Hinterlassenden nicht verwandt oder verschwägert sind, bis zu EUR 500.000 für Ehepartner:innen. Die Vererbung von selbst genutzten Immobilien ist unter bestimmten Voraussetzungen gänzlich steuerfrei, ähnlich wie die Übernahme von Betrieben, die z.T. für bis zu 85% bzw. 100% steuerfrei erfolgen kann. Ob auch wirklich alle Details für eine neue Steuergesetzgebung in Österreich übernommen werden würden, bleibt allerdings abzuwarten. Gerade für Personen mit Immobilienbesitz und/oder Unternehmer:innen kann es jedoch lohnend sein, sich schon frühzeitig mit den Gegebenheiten auseinanderzusetzen, da einige Bedingungen lange Fristen beinhalten.

Florian Meindl: Eine Besonderheit stellt das deutsche Erbsatzsteuerrecht in Bezug auf Stiftungen dar, da hier alle 30 Jahre ein Erbfall fingiert wird, was mit einer Erbersatzsteuer einhergeht. Ein ähnliches Vorgehen wäre auch für Österreich denkbar, wo aktuell noch keine vergleichbare Steuer eingehoben wird.

Welche Gestaltungsvarianten für die Vermögensnachfolge gibt es?

Gerald Huber: Pauschal lässt sich das schwer sagen, da die Gestaltung ebenso individuell ist wie die Situation des:der Kund:in und davon abhängt, ob es sich um reines Privatvermögen handelt oder ob ein Unternehmen vorhanden ist. Bei sehr vielen unserer Kund:innen trifft Letzteres zu.

Florian Meindl: Zu Beginn des Nachfolgeprozesses in Unternehmen stehen nicht steuerliche und rechtliche Fragen, sondern die Anliegen der Unternehmerfamilie. Es geht darum, herauszufinden, was der:die Unternehmer:in als zentral für die Nachfolge ansieht und ob bzw. wie sich Familienmitglieder einbringen möchten: Übernimmt eines der Kinder das Unternehmen? Oder mehrere Kinder gemeinsam? Haben sie einen anderen Karriereweg eingeschlagen, möchten aber z.B. im Rahmen einer Beirats- oder Aufsichtsratsfunktion die Geschicke des Unternehmens mitlenken? Sobald klar ist, was die Familie wünscht, entwerfen wir die passenden Rahmenbedingungen.

Gerald Huber: Es gibt z.B. die Möglichkeit, das generationenübergreifende Vermögen im Rahmen der Gründung einer Familienholding unter Beteiligung diverser Familienmitglieder in einer Gesellschaft zu bündeln. Gesellschaften sind im Vergleich zu österreichischen Privatstiftungen flexibler in ihrer Ausgestaltung und erlauben mehr Gestaltungsspielraum wie z.B. die Einräumung eines Fruchtgenussrechts oder die Möglichkeit eines Dividendenvorbehalts bei der Übertragung an eine:n Nachfolger:in.

Florian Meindl: Einen größeren bzw. langfristigeren Sicherungseffekt und noch mehr Stabilität bietet die Privatstiftung: Auch nach dem Tod des:der Stifter:in lebt dessen:deren Wille durch eine Familienstiftung weiter und kann von den Nachfolgegenerationen fortgeführt werden. Neben dem langfristigen und zweckgebundenen Schutz des Vermögens kann mit einer Privatstiftung auch die Versorgung der Familie als Begünstigte nachhaltig sichergestellt werden. Weiters eignet sich eine Privat- bzw. Familienstiftung durchaus auch als Spitze einer Unternehmensgruppe. In der Praxis wird eine derartige Struktur oftmals mit sogenannten “Golden Shares” zum Erhalt der Stimmrechte der Familienmitglieder (nach einer Übertragung an die Privatstiftung) kombiniert. “Golden Shares” sind mit speziellen Rechten ausgestattete Anteile an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden und die einen Einfluss der Familie auf die künftige Ausgestaltung des Unternehmens sicherstellen.

Gerald Huber: Unabhängig von der Wiedereinführung einer Erbschaft- bzw. Vermögensteuer lohnt es sich in jedem Fall, das Thema Vermögensnachfolge oder Nachfolge im Unternehmen rechtzeitig und strukturiert anzugehen, um die jeweils individuell beste Lösung zu finden.

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