Regionale Wetterlagen sorgten im Juli für leichten Anstieg des heimischen Stromverbrauchs um plus zwei Prozent. Niederschläge führten zu guter Stromerzeugung durch Laufwasserkraft.
Der österreichische Stromverbrauch befand sich im Juli über dem Vergleichswert aus 2017-2019, also bevor sich Lockdowns auf den heimischen Verbrauch auswirkten. Ende Juli lag man mit 1.129 GWh zwei Prozent über dem Referenzwert. Größter Einflussfaktor war, wie schon in den Vormonaten, die Temperatur. Gleichzeitig darf man die zunehmende Elektrifizierung diverser Sektoren – unter anderem Mobilität,
Wirtschaft, Industrie – nicht komplett außer Acht lassen, da sie zum Teil jetzt schon, aber vor allem in Zukunft ein zusätzlicher und wesentlicher Faktor beim Stromverbrauch sein wird. „Das Wetter im Juli war sehr wechselhaft. Im Westen Österreichs war es teils sehr kühl mit hohen Niederschlägen. Im Osten dagegen gab es viele heiße Tage, die unter anderem eine vermehrte Nutzung von Klimaanlagen und somit einen erhöhten Stromverbrauch verursachten. Das heißt, dass der Verbrauch um Juli, österreichweit abhängig von den oben beschriebenen klimatischen Einflüssen, im Normalbereich lag. Zusätzlich ist die vermehrte Nutzung von Strom als Energiequelle in dieser Dynamik zu berücksichtigen,“ sagt Gerhard Christiner, technischer Vorstand der APG.
Große Unterschiede im EU-Vergleich
Am auffallendsten war der Verbrauch in Frankreich mit minus sieben Prozent und Ungarn mit plus zehn Prozent in der Kalenderwoche 30. Ähnlich gleichmäßig wie in Österreich, verhielt sich der Stromverbrauch Ende Juli in Italien, Deutschland oder Tschechien. Diese Zahlen verdeutlichen die mögliche Auswirkung von regionalen Wetterextremen.
Laufwasserkraft führt Erneuerbare an
Der Juli zeichnete sich durch eine gute Stromproduktion aus erneuerbaren Energien aus. In den Kalenderwochen 28 und 29 konnte der heimische Verbrauch, bilanziell gesehen, zu 100 Prozent durch nachhaltigen Strom gedeckt werden. Großen Anteil daran hatte, wie schon im Juni, die Laufwasserkraft, unter anderem auch wegen der hohen Niederschläge. Damit ergab sich über den Monat gesehen nur ein geringer
Strom-Import. Die größte Tagesmenge wurde mit einem Import in Höhe von 37 GWh am 31.7 erzielt. Gleich darauf, in den ersten August-Tagen, konnte wieder exportiert werden. Am 3.8. waren das 31 GWh.
Die gute Stromerzeugung aus Laufwasserkraft spiegelt sich auch im Energieaustausch innerhalb Österreichs zwischen den Bundesländern und dem überregionalen APG-Netz wider. Vor allem aus den Bundesländern Tirol (rund 303 GWh) und Oberösterreich (rund 288 GWh) konnte im Juli Strom in das APG-Netz eingespeist werden, der so für ganz Österreich nutzbar wird. Bundesländer mit einem hohen Anteil an kalorischen Kraftwerken und deren geringen Erzeugung im Sommer, wie Wien, profitieren davon und können den Strom für Ihren Bedarf aus dem überregionalen Netz entnehmen. Im Juli waren das rund 394 GWh, die Wien aus dem APG-Netz entnommen hat. Das zeigt wie wichtig eine leistungsstarke Strominfrastruktur auch innerhalb des Landes für die Versorgungssicherheit sowie die effektive Nutzbarkeit von erneuerbaren Energien ist.
Strompreis weiterhin im Anstieg
Weiterhin ist ein Ansteigen des Strompreises zu konstatieren. Im Monatsvergleich zum Vorjahr lag der monatliche Durchschnittspreis im Juli bei 83,7 Euro pro Megawattstunde. Im Vorjahr waren es 32,3 Euro pro Megawattstunde, das bedeutet einen Anstieg von 159 Prozent. „Wesentliche Faktoren für den Strompreis sind die CO2-Bepreisung, die Preise der Rohstoffe Kohle und Gas, die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien sowie der Bedarf an Strom. Aktuell zeigt der Blick auf den Markt, dass der Gaspreis immer noch steigt und die Erzeugung der Erneuerbaren im Moment nur selten zu negativen Preisen führt. Der CO2 Preis hat sich inzwischen auf einem relativ hohen Niveau stabilisiert, allerdings sorgt der aktuell hohe Gaspreis dafür, dass relativ viel Strom in Europa aus Kohle erzeugt wird,“ sagt Thomas Karall, kaufmännischer Vorstand der APG.
Keine Energiewende ohne starkes Stromnetz
Die Ziele der Stromzukunft sind ambitioniert. Bis 2030 soll der gesamte Stromverbrauch Österreichs bilanziell durch nachhaltigen Strom gedeckt werden. Um das zu schaffen braucht es hierzulande einen enormen Ökostrom-Ausbau von 27 TWh. Davon sollen 11 TWh (11.000 MW Leistung) auf Photovoltaik (PV) entfallen, 10 TWh (5.000 MW Leistung) auf Windkraft, 5 TWh (1.250 MW Leistung) auf Wasserkraft und 1 TWh (200 MW Leistung) auf feste Biomasse. Den Grundstein für den Ausbau der Erneuerbaren legt das in Kraft getretene Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), doch braucht es nicht nur die Erneuerbaren, sondern auch eine dementsprechend starke Netzinfrastruktur. „Die beste Erzeugung durch Erneuerbare nützt uns nichts, wenn die zur Verteilung des Stroms notwendige Infrastruktur zu schwach oder nicht vorhanden ist. Ohne ein
sicheres und starkes Stromnetz werden wir die für die Energiewende notwendigen Ziele nicht erreichen“, stellt Christiner klar.
Um die Anforderungen der Zukunft, das Gelingen der Energiewende sowie die Elektrifizierung von Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft zu ermöglichen, investiert APG allein 2021 rund 357 Millionen Euro in das heimische Stromsystem. Bis 2030 werden insgesamt rund 3,1 Milliarden Euro investiert. Doch bereits jetzt führen fehlende Netzkapazitäten zu Engpässen auf den Leitungen und erfordern nahezu täglich den Einsatz
von Notfall- sogenannten Redispatch-Maßnahmen (RD). Dabei wird hohen Leitungsbelastungen durch gezielte Eingriffe in den Einsatz von thermischen und hydraulischen Kraftwerken entgegengesteuert. „Heuer waren derartige Eingriffe bereits an 130 Tagen notwendig. Das verursacht Kosten, die letztendlich der Stromkunde bezahlen muss. Mit Ende Juli lagen die durch RD-Maßnahmen ausgelösten Ausgaben bei rund 63 Millionen Euro. Ein leistungsstarkes Stromnetz mit ausreichenden Kapazitäten würde den RD-Bedarf erheblich verringern und die Kosten reduzieren. Der unmittelbare Ausbau der Netzinfrastruktur hat daher oberste Priorität“, betont Karall.