Mit dem Wiederaufbau des Wiener Stephansdoms 1946 begann die Geschichte einer Sozialorganisation für Jugend, Alter und Bildung
Die ÖJAB – Österreichische Jungarbeiterbewegung, die heute an 38 Standorten junge und alte Menschen betreut, feiert ihr 75-jähriges Bestehen. Gegründet wurde der gemeinnützige Verein Ende 1946 von Dr. Bruno Buchwieser (1919 – 1993) gemeinsam mit jungen Bauarbeitern. Sie arbeiteten am Wiederaufbau des durch den Zweiten Weltkrieg zerstörten Wiener Stephansdomes und adaptierten eine Bombenruine in der nahen Himmelpfortgasse zu ihrem Wohnheim.
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die ÖJAB zu einer Jugendorganisation und einer gemeinnützigen NGO, die heute 650 hauptamtliche MitarbeiterInnen beschäftigt. Ihre zentralen Aufgaben sind Wohnheime für junge und alte Menschen, stationäre und mobile Pflege, Ausbildung, Integration benachteiligter Menschen, europäische Bildungsprojekte und Entwicklungszusammenarbeit.
„Unser Ziel war es immer, flexibel Hilfe zu leisten, wo es die Gesellschaft benötigt“, erläutert ÖJAB-Präsident Wilhelm Perkowitsch. „Die Vielfalt unseres sozialen Engagements entstand, weil wir kommende gesellschaftliche Entwicklungen früh erkannten und danach handelten. Auch heute ist das so, etwa wenn wir in die Pflegeausbildung investieren. Ein Grundsatz unserer Arbeit ist, parteipolitisch unabhängig zu bleiben und alle zur Zusammenarbeit einzuladen.“
Seit 1946 bietet die ÖJAB jungen Menschen an deren Ausbildungsort einen leistbaren Wohnplatz, an welchem sie überdies eine familiäre Gemeinschaft finden und Lebenserfahrungen sammeln können. Heute geschieht dies in 21 Studierenden- und Jugendwohnheimen.
Um benachteiligten jungen Menschen durch eine Ausbildung zur Selbständigkeit zu verhelfen, gründete die ÖJAB vor über 50 Jahren das Berufspädagogische Institut (BPI) und begann vor 20 Jahren mit der Fördermaßnahme AusbildungsFit des Sozialministeriums. In beiden Einrichtungen, an insgesamt acht Standorten, finden jährlich rund 2.000 Jugendliche und Erwachsene persönliche Unterstützung, Berufsorientierung und berufliche Qualifizierung. Auf europäischer Ebene wird dazu in verschiedenen Initiativen zusammengearbeitet, nachdem die Jungarbeiterbewegung schon in den 1950er Jahren für die Vision eines vereinten Europas eingetreten war.
Ab 1961 holte der Verein Jugendliche aus Obervolta, dem heutigen Burkina Faso, zur Ausbildung nach Österreich. Dies war der Anfang der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit mit dem westafrikanischen Land. Mit dem Schuljahr 1969/70 ging in der Hauptstadt Ouagadougou eine ÖJAB-Fachschule für Maschinenbau, Elektrotechnik und Elektronik in Betrieb, an welcher heute über tausend Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden. Heute verfolgt die Non-Profit-Organisation in ihrer Entwicklungszusammenarbeit in Burkina Faso Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen: vor allem Berufsausbildung nach dualem österreichischem Vorbild und Wasser-, Sanitäts- und Hygiene-Versorgung.
1965 begann die ÖJAB eine bis heute andauernde Kooperation mit der japanischen Jugendorganisation YUAI, die auf der völkerverbindenden Ethik Richard Coudenhove-Kalergis aufbaut. „Für das, was die ÖJAB auf vielen Gebieten getan hat, empfinde ich große Hochachtung und Dankbarkeit“, betont der ehemalige Premierminister Japans und heutige YUAI-Präsident Yukio Hatoyama in seiner Grußbotschaft zum 75-jährigen Bestehen.
Seit dem Ende der 1970er Jahre pflegt der zuvor ausschließlich als Jugendorganisation tätige Verein auch Seniorinnen und Senioren. Anlassgeber war hier erneut der akute gesellschaftliche Bedarf. Heute betreibt die ÖJAB drei Pflegewohnhäuser in Wien, Güssing und Salzburg und Hauskrankenpflege in Wien. Mit einer 2020 gegründeten Pflegeschule wird dem Pflegekräftemangel und der Arbeitslosigkeit begegnet.
„Unser Ziel ist, dass Menschen lernen, ihr Leben unabhängig von der Lebenssituation und vom Alter selbständig zu meistern. Allen uns anvertrauten Menschen bieten wir das Zuhause und die Zugehörigkeit, welche für Wachsen, Lernen und Reifen notwendig sind“, beschreibt ÖJAB-Geschäftsführerin Monika Schüssler. „Werte wie Respekt, Gleichberechtigung, Authentizität und Nächstenliebe werden in unseren Einrichtungen vermittelt und gelebt.“
Seit dem Tod des Gründerpräsidenten Bruno Buchwieser 1993 setzen Nachfolgegenerationen sein Lebenswerk fort. Sein Nachfolger als Präsident wurde Peter Zehndorfer. Eduard Schüssler baute das wirtschaftliche Fundament der ÖJAB und Wilhelm Perkowitsch vergrößerte die ÖJAB kontinuierlich, beide jeweils zunächst als Geschäftsführer, dann als Präsident. Seit 2014 festigt Geschäftsführerin Monika Schüssler diesen Kurs und setzt weitreichende Professionalisierungen und Modernisierungen um. Sie erweitert die ÖJAB kontinuierlich um soziale Betätigungsfelder und sichert die Zukunft der ÖJAB vielschichtig ab.
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