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Corona-Krise: Ernüchterung zu Teamgeist und Motivation, aber weniger Sorge um das eigene Unternehmen

Ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Krise hat Marketagent in Kooperation mit currycom communications neuerlich Österreichs Marketing- und Kommunikationsexpert*innen zu Learnings, Erfahrungen und Erwartungen befragt – mit höchst spannenden Veränderungen.

  • 63 Prozent erleben die Auswirkungen der Pandemie auf das eigene Unternehmen besser als erwartet (nach 61 Prozent im April)
  • Motivation der Kolleg*innen wird weiterhin als markant sinkend wahrgenommen, nur noch jeder Fünfte spürt das erhoffte Zusammenschweißen durch die Krise (April 2020: 59 Prozent)
  • Gesamtdauer der wirtschaftlichen Einbußen wird im Schnitt auf 18,9 Monate geschätzt (April 2020: 9,5 Monate, Oktober 2020: 22,7 Monate)
  • Corona-Arbeit der Bundesregierung wird nur noch von 35 Prozent als kompetent bezeichnet (nach 96 Prozent vor einem Jahr), vor allem in der Kommunikation sehen 81 Prozent Defizite.

Im April 2020, kurz nach dem Ausbruch der Corona-Krise, hatte das Online-Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent in Kooperation mit der Wiener Kommunikationsagentur currycom communications eine Umfrage zum Thema „Marketing und Kommunikation im Zeichen der Corona-Krise“ gemacht, um erste Wahrnehmungen und Erwartungen zu erheben. Genau ein Jahr und drei Lockdowns später, wurden abermals Expert*innen aus den Bereichen Kommunikation, Medien, PR und Werbung zu ihren Erfahrungen und Einschätzungen befragt. Die Ergebnisse daraus zeichnen ein über weite Strecken gänzlich anderes Meinungsbild: Vor allem die zu Beginn geäußerte Wahrnehmung über steigenden Teamgeist und Zusammenhalt hat sich deutlich relativiert. Geblieben und teilweise sogar noch deutlich stärker geworden ist das feste Vertrauen darauf, dass wir alle aus der Krise gelernt und künftig einige Dinge besser machen werden.

Die erste Umfrage im April 2020 bildete naturgemäß nur in Ansätzen Wahrnehmungen über bereits eingetretene Veränderungen ab, sondern vielmehr eine auf ersten Eindrücken basierende Erwartungshaltung. Und da wurde vor allem der Teamgeist in den Unternehmen hervorgehoben. Ein Bild, das sich nun doch deutlich anders darstellt: Sagten bei der ersten Umfrage noch 59,2 Prozent der Befragten, die Krise würde Mitarbeiter*innen/Kolleg*innen zusammenschweißen, so sank dieser Wert in einem ersten Update im Oktober 2020 bereits dramatisch auf 34,3 Prozent, um aktuell bei 21,7 Prozent zu liegen zu kommen. Das mag unter anderem auch mit der spürbar sinkenden Motivation zusammenhängen. Vor einem Jahr, also nach wenigen Wochen Corona, attestierten 79,3 Prozent der Befragten ihren Mitarbeiter*innen/Kolleg*innen, sie seien motiviert (ein Drittel konstatierte sogar, sie seinen „sehr motiviert“), nun ist dieser Wert binnen eines Jahres markant auf 67,1 Prozent gefallen (19,9 Prozent für „sehr motiviert“). Ähnlich dramatisch auch die Entwicklung der Erwartungshaltung nach dem „Zusammenwachsen von Unternehmen, die einander unterstützen“. Hatte im April 2020 noch jede*r Dritte (34,4 Prozent) diese Hoffnung, so ist es heute nur noch jede*r Sechste (15,5 Prozent). Ein differenzierteres Bild als zu Beginn der Pandemie zeigt sich heute bei der Frage nach der Chance erhöhter Autonomie durch Homeoffice und flexiblere Zeiteinteilung. Diese sagen zu Beginn noch 68,7 Prozent, dann stieg diese positive Einschätzung bis Oktober 2020 sogar auf 78,4 Prozent. Nun sind gerade noch 62,1 Prozent dieser Ansicht, allerdings mit einer sehr signifikanten Teilung: Vertreter*innen von Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter*innen sehen dieses Potenzial nach wie vor zu immerhin 72 Prozent, während es bei Unternehmen bis zu 49 Mitarbeiter*innen nur noch 51,9 Prozent sind. „Dass fast jede*r Zweite in Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeiter*innen nicht mehr vom großen Vorteil der räumlichen und zeitlichen Autonomie durch Home Office & Co überzeugt ist, wohingegen sich die Zustimmung in größeren Firmen auf 72% beläuft, belegt deutlich, dass Digitalisierung auch eine Frage der Unternehmensgröße ist“, hält Marketagent-Geschäftsführer Thomas Schwabl fest und verweist dazu noch auf einen anderen Punkt: „Die mögliche Entstehung neuer Distributionskanäle, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, sehen aktuell lediglich 16,1 Prozent als Chance für ihr Unternehmen. Im vergangenen Jahr waren dies noch gut 21 Prozent – es zeigt sich aber auch hier die Differenzierung nach Unternehmensgröße: Bei den Großunternehmen konnten 25,6 Prozent Potenzial erkennen, während es bei den Unter-50-Mitarbeiter*innen-Unternehmen nur bescheidene 6,3 Prozent sind.“

Marketagent hat die Expert*innen auch zu ihrer Kernkompetenz eingehender befragt, mit Fokus auf die bereits spürbaren, nachhaltigen Veränderungen in der Kommunikation (eine empirische Abfrage, daher gibt es nur Vergleichswerte aus dem Oktober). Bei der Frage nach jenen Kommunikationskanälen, die Pandemie-bedingt im Aufwind seien, nannten knapp vier von fünf Befragten die Digitalisierung der internen und externen Kommunikation als Topthema, mit kaum nennenswerten Veränderungen zum Oktober 2020. Weiter zugelegt hat die Bedeutung der Kommunikation über eigene Social-Media-Kanäle von 65,7 auf nunmehr 69,6 Prozent. Und jede*r Zweite nennt – gegenüber Oktober unverändert – Public Relations und Medienarbeit sowie Krisenkommunikation als Segmente, die seit Ausbruch der Pandemie Auftrieb erfahren haben. Am anderen Ende der Skala, also der Frage nach den Kommunikationskanälen, deren Bedeutung gesunken ist, rangiert wenig überraschend der Bereich „Events & Live Communications“ auf Platz eins mit 75,8 Prozent Nennungen, 55,9 Prozent attestieren sogar einen deutlichen Verlust an Bedeutung. Eher ausgewogen ist das Bild zu klassischer Werbung in TV, Radio und Print, der von 23 Prozent steigende, zugleich aber von 19,3 Prozent sinkende Bedeutung zugeschrieben wird. Ein ähnlich hoher Anteil der Befragten bescheinigt auch Blogger*innen & Influencer*innen gesunkene Bedeutung (21,7 Prozent).

„Die digitale Transformation ist zweifellos eines der großen Themen unserer Zeit, und die Pandemie hat uns nun in einem sehr nachhaltigen Praxistest sehr deutlich gezeigt, wo die Stärken und Schwächen des digitalen Arbeitens liegen“, so currycom-CEO Christian Krpoun. „Was die reine Funktionalität im Sinne der Meetings und Abstimmungen betrifft, hat remote Working viele überzeugt. Was aber doch deutlich leidet, sind Teamgeist und Motivation, ist das analoge Miteinander. Das Erfolgsrezept wird also der gute Mix aus beidem sein.“

Was die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie angeht, hat sich das eher triste Bild vom Oktober ein wenig aufgehellt. Auf die Frage, wie lange es dauern würde, bis Österreichs Wirtschaft insgesamt wieder zur Normalität zurückkehren werde, hatten die Befragten im April 2020 durchschnittlich noch neuneinhalb Monate genannt. Damals dachte aber wohl kaum jemand daran, dass uns die Infektionslage selbst so lange und intensiv beschäftigen würde. Im Oktober schließlich gingen die Teilnehmer*innen im Schnitt von knapp 23 Monaten aus, einer Erholung ab etwa Februar 2022 also. Nun pendelt sich der Mittelwert bei knapp 19 Monaten ein.

Dass dies für die Branchen sehr unterschiedliche Auswirkungen hat, spiegelt sich auch in der Frage nach den Folgen für das eigene Unternehmen wider. Im Oktober erstmals dazu befragt, sagten 60,8 Prozent der Befragten, die Auswirkungen auf das eigene Unternehmen seien besser als erwartet, nun ist dieser Wert auf 63,4 Prozent weiter gestiegen. Fast verdoppelt hat sich der Anteil derer, die die Auswirkungen sogar als „deutlich besser als erwartet“ beschreiben, und zwar von 12,3 auf 23 Prozent. Dafür gibt es am anderen Ende der Skala auch mehr Menschen, die eine Verschlechterung erlebten. Nach 12,7 Prozent im Oktober meinten nun 18,6 Prozent, die Auswirkungen seien schlechter ausgefallen als erwartet, für 5,6 Prozent sogar deutlich schlechter (nach zuletzt 2,9 Prozent).

Hart ins Gericht gehen die befragten Kommunikationsexpert*innen mit der Arbeit der Bundesregierung. Wurde deren Kompetenz in der Corona-Krise vor einem Jahr von 96 Prozent positiv herausgestrichen, waren es im Oktober noch 68 Prozent – und aktuell sind es gar nur mehr 35 Prozent. Um hier eine Differenzierung zwischen den getroffenen Maßnahmen und der begleitenden Kommunikation zu ermöglichen, wurde letzteres nun gesondert abgefragt. Und tatsächlich wird hier das größere Defizit diagnostiziert, meinen doch 80,7 Prozent, die Kommunikationsqualität der Regierung sehr „eher weniger“ oder „überhaupt nicht gut“.

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