CEO von Trenkwalder Österreich beim Interview; Copyright: Sabine Klimpt

Interview Trenkwalder: „Wir finden für unsere Kunden die spezifisch richtigen Lösungen.“

Leitbetriebe Austria-Geschäftsführerin Monica Rintersbacher spricht mit Arno Wohlfahrter, CEO von Trenkwalder Österreich, über die Entwicklung bei der Arbeitskräfteüberlassung, die Digitalisierung, Chancen und einen optimistischen Ausblick.

Monica Rintersbacher: Guten Tag Hr. Wohlfahrter. Wir leben krisenbedingt in einer Zeit, in der die Digitalisierung enorm wichtig wurde. Wie hat sich das bei Trenkwalder ausgewirkt?

Arno Wohlfahrter: Digitalisierung spielt sich in verschiedenen Dimensionen ab. In erster Linie haben wir sehr viel in die Digitalisierung unserer Prozesse bis hin zur Zeiterfassung investiert. Nicht zuletzt pandemiebedingt ist uns auch die digitale Weiterbildung ein ganz großes Anliegen. Wir haben daher unser Tochterunternehmen PAPAGEI digital learning solutions weiterentwickelt. Über diese digitale Lernplattform bieten wir aktuell über 1.000 videobasierte Kurse an, mit denen Unternehmen ihren MitarbeiterInnen Lernen immer und überall ermöglichen können. Das Angebot umfasst videobasierte Online-Sprachkurse, fachliche Weiterbildungen für verschiedenste Branchen bis hin zu systematischem Skills-Training und gesetzlich anerkannten Pflichtschulungen. Weiters produzieren wir für unsere Kunden die für ihre Situation passenden Inhalte individuell.

Monica Rintersbacher: Trenkwalder hat sein Portfolio erweitert. Hat das die Pandemie ausgelöst, oder war das schon im Vorfeld geplant?

Arno Wohlfahrter: Die Diversifikation unserer Dienstleistungen ist ein laufender Prozess auch als Anpassung an die Kundenanforderungen. Wir haben durch die Pandemie unsere strategische Ausrichtung überprüft und die Umsetzung teilweise beschleunigt.

Monica Rintersbacher: Wie hat sich der Markt für Euch verändert?

Arno Wohlfahrter: Es ändern sich die Qualifikationsanforderungen und damit auch der Bewerbermarkt – der Mangel an Fachkräften stellt nicht nur uns vor große Herausforderungen. Diese Entwicklung führt zu Nachfrage nach Outsourcing- aber auch HR Service-Lösungen die wir seit kurzem unter anderem über unser Customer Interaction Center anbieten. Dabei übernehmen wir für unsere Kunden verschiedenste, nicht geschäftskritische Prozesse wie zum Beispiel First- und Second Level Support oder CRM gesteuerte Outbound- sowie Inbound-Telefonie. Wir nutzen das CRM-Center auch für unseren First Level Support und für Recruiting-Aufgaben. Für die Erweiterung unserer HR-Services haben wir eine eigene Business-Line gegründet mit dem Ziel, uns bis ins Executive-Segment zu entwickeln. Das ermöglicht uns das ganze Spektrum der Kundenanforderungen entsprechend abzudecken.

Monica Rintersbacher: Es gibt aktuell zu wenig Fachkräfte und es wird immer von Umschulungsmöglichkeiten gesprochen. Wie seid Ihr an diesem Prozess beteiligt?

Arno Wohlfahrter: Die Pandemie verstärkt die Situation, dass es nicht die richtigen Fachkräfte mit der richtigen Qualifikation am richtigen Ort gibt. Wir müssen generell überlegen, wie wir den Fachkräftemangel beheben können – denn nur so wird das zur Bewältigung der Krise notwendige Wirtschaftswachstum möglich sein. Bei aller Digitalisierung wird es immer noch Fachkräfte brauchen, die Industrieprozesse am Laufen halten.

Als Partner des AMS erfüllen wir bis zu einem gewissen Grad auch eine relevante Arbeitsmarktfunktion, in dem wir viele Menschen aus der Arbeitslosigkeit wieder in eine betriebliche Struktur bringen. Viele der überlassenen Mitarbeiter wechseln in weiterer Folge ins Stammpersonal der Betriebe.

Der Staat ist ebenso gefordert Ausbildungssysteme anzubieten, die Schüler mit geeigneter Qualifikation hervorbringen. Das duale Ausbildungssystem in Österreich garantiert sehr gut ausgebildete Arbeits- und Fachkräfte. Es stellt sich jedoch die Frage, wie man Jugendliche motiviert, die Perspektiven einer Karriere als Facharbeiter (Berufsreifeprüfung, FH) zu erkennen, anstatt sich für ein Studium zu entscheiden.

Monica Rintersbacher: Auf der einen Seite haben wir die geburtenschwachen Jahrgänge vor uns, und auf der anderen Seite hört man, dass die ältere Generation nicht ausreichend beschäftigt wird. Es gibt Leitbetriebe, die sich Gedanken machen, ältere Mitarbeiter, die vielleicht eine körperliche Einschränkung haben, im Unternehmen zu halten und anders einzusetzen, damit diese ihr Know-how weitergeben können. Was braucht es für solche Modelle?

Arno Wohlfahrter: Wenn man das durchschnittliche Pensions-Antrittsalter in Österreich betrachtet, dann gäbe es durchaus Potential. Eine Kombination aus Pensionsanspruchsberechtigung und der Möglichkeit trotzdem einen Job ausüben zu können würde Flexibilität zeigen und könnte ein Weg sein, wie man Potentiale nutzen kann. Die größere Herausforderung ist jedoch auf europäischer Ebene. Wir haben entwickelte Demokratien und Wirtschaftssysteme und dennoch eine für mich erschreckend hohe Perspektivenlosigkeit für Jugendliche, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, sowie bis zu einem gewissen Punkt einen ausbaufähigen Bildungsgrad. Auch wird es nicht genügen, in Europa die Fachkräfte von einem Land in ein anderes zu transferieren. Wir müssen darüber nachdenken, den Arbeitsmarktzugang für Drittstaaten zu erleichtern – mit der Rot-Weiss-Rot Karten wurden erste Maßnahmen gesetzt. Damit kann man Perspektiven für Menschen schaffen, die in ihrem Heimatland weniger Möglichkeiten haben. Zirkuläre Migration könnte ebenso ein Thema sein.

Mein Herzensanliegen wäre eine europäische Initiative zum Thema „Reduktion von Jugendarbeitslosigkeit durch Perspektiven“, auch im Hinblick auf das künftige soziale Gefüge in Volkswirtschaften.

Monica Rintersbacher: Wir haben ein Jahr vor der Pandemie die Mitarbeiter-Magnetismus-Studie gemacht. In dieser wurde klar ersichtlich, dass die Jugend sehr wohl einen Karrierepfad verfolgt. Jugendliche wollen eine sinnstiftende Arbeit, ihren eigenen Weg entwickeln und ihren Horizont erweitern. Da wäre dieses Modell ideal für Europa, wenn junge Menschen die Perspektive haben, Ausbildungen innerhalb von Europa machen zu können und dabei flexibel zu sein.

Arno Wohlfahrter: Genau. Das wäre auch meine Idee für Europa. Trenkwalder ist in 14 Ländern vertreten und ich kann mir gut vorstellen, dass wir Karrieren machen und lebenslang begleiten. So könnten wir etwa während eines Sabbatical über unsere App Kurse für diverse Qualifikationen freischalten, die man unterwegs zu jeder Zeit machen kann. Und einige Monate vor der Rückkehr suchen wir bereits den passenden Job. Das könnte im Sinne der Studie zur „Horizonterweiterung“ und zum „eigenen Weg“ passen.

Arno Wohlfahrter mit Monica Rintersbacher im Interview

Monica Rintersbacher: Das klingt nach einem interessanten und leistungserweiternden Leistungs-Portfolio-Modell. Da könntet Ihr als Unternehmen auf die Daten zugreifen wer, wann, welchen Ausbildungsstatus hat und dadurch noch besser filtern, wer in ein Unternehmen passt – auch bei Projektarbeiten oder kurzfristigen Jobs …

Arno Wohlfahrter: …und das gerne als Plattform und Drehscheibe für Leitbetriebe. Das wäre ein Modell und vielleicht gibt es den einen oder anderen, der in diesem Sinne mit uns ein Pilotprojekt starten möchte.

Monica Rintersbacher: Es gibt innerösterreichische Pilotprojekte in Unternehmen, die zum Beispiel ihre Lehrlinge in anderen Unternehmen ausbilden lassen, wenn es die Ausbildungsstelle bei ihnen nicht gibt. Doch diese Rechnung geht aus verschiedenen Gründen bei manchen Betrieben noch nicht auf. So ein Pilotprojekt wäre gut für Unternehmen die Auslandsdestinationen haben und auch für Betriebe, die selber mehrere Standorte haben.

Arno Wohlfahrter: Klar, das wäre schon möglich. Wir können auf Basis der Überlassung keine Lehrlinge ausbilden, aber wir können als eine Art Drehscheibe fungieren. Man könnte innerhalb der Leitbetriebe den Lehrlingen mehrere Optionen anbieten. Ich denke, um dies umzusetzen, müsste die Lehrlingsausbildung flexibler gestaltet werden.

Monica Rintersbacher: Wie sieht die nähere Zukunft für Euch als Unternehmen aus, was sind die anstehenden Projekte?

Arno Wohlfahrter: Wir gehen gerade verstärkt in das Business Process-Outsourcing, dort übernehmen wir die Geschäftsprozesse für den Kunden. Wir platzieren keine Mitarbeiter in dem Unternehmen, sondern die Unternehmen lagern Tätigkeiten an uns aus. Zum Beispiel machen wir für einen E-Commerce Händler den Telefonverkauf und Bestellservice und für ein Medizin-Unternehmen wickeln wir Rezeptgebühren und -abrechnungen ab. Wir haben für verschiedene Unternehmen First und Second Level Support im Kundenservice Center, wir machen Outbound- und Inbound-Calls und wir gehen auch direkt zum Kunden, analysieren die Prozesse und wählen für ihn die spezifisch beste Option.

Monica Rintersbacher: Das klingt optimistisch. Unser Jahresmotto lautet: „Es geht dynamisch weiter, wir sind optimistisch“. Was möchtest du den Leitbetrieben und der Community als erfahrener Manager mitgeben?

Arno Wohlfahrter: Ganz klar Opportunitätsmanagement. Das nutzen von Opportunitäten und Möglichkeiten. Jede Situation macht neue Türen auf und bringt Chancen. Mit offenen Augen nach vorne gehen, Perspektiven sehen und Chancen. Wir haben eine schwierige, wirtschaftliche Situation, aber diese Phase bringt auch Gelegenheiten. Es geht darum, den Fokus nach vorne zu richten!

Vielen Dank für das Interview!

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