v.l.n.r.: Christian Fuchs, Monica Rintersbacher, Irmgard Querfeld, Margarete Landertshammer, Ulrike Kellner-Haslauer, Werner Beutelmeyer; © Sabine Klimpt

Erfolgsmodell mit großer Zukunft und einer Sollbruchstelle: Generationenwechsel sind die kritischste Phase für Familienbetriebe

Utl.: Langfristige Vorbereitung, externe, qualifizierte Beiräte und „Familienverfassung“ verringern Konfliktpotenziale erheblich, sichern die Stellung der Eigentümerfamilie und ermöglichen nachhaltige Erfolgsstorys über Generationen.

Familienunternehmen sind traditionell das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Rund 160.000 Betriebe beschäftigen fast zwei Millionen Menschen. Sie sind in vielen Regionen Garant für das wirtschaftliche Bestehen. „Dies unterstreicht die Bedeutung von Familienunternehmen für den Wirtschaftsstandort Österreich und ist eine Aufforderung für uns tiefer Einblick in ihre Abläufe wie auch Strukturen zu nehmen“, so Monica Rintersbacher, Geschäftsführerin von Leitbetriebe Austria.

Ein klarer Auftrag: die vom MARKET Institut durchgeführte Studie, im Auftrag von Leitbetriebe Austria – „Familienunternehmen auf dem Prüfstand“ – repräsentiert ein insgesamt positives Fazit. „Die befragten UnternehmerInnen und Führungskräfte sind im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit von Familienunternehmen äußerst zuversichtlich“, erklärt MARKET-Geschäftsführer Werner Beutelmeyer. „Praktisch niemand ist generell skeptisch, 60 Prozent sehen darin uneingeschränkt ein Zukunftsmodell, die restlichen 40 Prozent machen ihre positive Sicht letztlich auch von den Aussichten der jeweiligen Branche abhängig.“ Als wichtigste Vorzüge gegenüber anderen Unternehmensformen werden die hohe Loyalität der Mitarbeiter, kurze Entscheidungswege, eine gemeinsame Wertebasis, Stabilität und Flexibilität genannt.

Ältere und jüngere Unternehmergenerationen ticken unterschiedlich
Als besonders kritische Phase wird der Generationenwechsel gesehen: „Hier macht die Umfrage eine deutliche Diskrepanz zwischen den Sichtweisen der Eltern und der Nachfolger deutlich“, so Beutelmeyer. „Beispielsweise betrachten 78 Prozent aller Befragten die rechtzeitige Übergabe als besonders wichtig, aber nur 64 Prozent der über 65jährigen. Und während 75 Prozent der Älteren eine beratende Rolle für die nachfolgende Unternehmensführung für wichtig halten, sehen das von den Jüngeren gerade einmal 43 Prozent so.“

Auch strategisch haben die verschiedenen Generationen unterschiedliche Ansätze, wobei es doch einige überraschende Erkenntnisse gibt: Für bloß 22 Prozent der Jüngeren ist Unternehmenswachstum sehr wichtig, mit 39 Prozent liegt die Rate bei den Älteren fast doppelt so hoch. Auch wollen Jüngere in höherem Maß die Geschäftsführung in der Familie halten, während sich Ältere in höherem Maß für externe Manager erwärmen. „Hier zeigt sich doch ein gewisses Vertrauensdefizit“, resümiert Beutelmeyer.

Generationenwechsel als (lösbare) Managementaufgabe
Christian Fuchs, Beirat und Leiter der Leitbetriebe Austria-UNIT Family Business, betrachtet die Studienergebnisse als wichtigen Fingerzeig für Unternehmerfamilien: „Ein Generationenwechsel in einem Familienunternehmen ist etwas ganz anderes als ein Wechsel in der Geschäftsführung von Unternehmen mit anderen Eigentümerstrukturen. Aber auch diese Herausforderung lässt sich managen und mit rechtzeitiger Planung, einem langfristigen Konzept und klaren Spieregeln kann das Konfliktpotenzial zwischen den Generationen deutlich verkleinert werden.“

Insbesondere plädiert Fuchs dafür, rechtzeitig Klarheit zu schaffen: „Übergaben auf Ad-hoc-Basis funktionieren in den seltensten Fällen wirklich gut. Sowohl die Familie als auch das Unternehmen profitieren davon, wenn beizeiten die wichtigsten Parameter festgelegt werden: Wann soll der Generationenwechsel über die Bühne gehen, wer übernimmt welche Position, welche Rolle verbleibt der älteren Generation und welche grundlegenden Unternehmensstrategien sollen auch nach dem Wechsel weitergeführt werden. Wenn es dazu Auffassungsunterschiede zwischen den Generationen gibt, sollte rechtzeitig ein gemeinsamer Nenner gesucht werden, statt darauf zu hoffen, dass man sich später schon noch zusammenraufen wird.“

Im Optimalfall könnten diese klaren Spielregeln durch eine „Familienverfassung“ geregelt werden, so Fuchs: „Die Verfassung bindet alle Familienmitglieder ein und damit wird sichergestellt, dass nicht nur die Vorstellungen einzelner Personen umgesetzt werden. Das führt zu einer gestärkten und geeinten Unternehmerfamilie und erhöht auch die Identifikation mit dem Unternehmen. Ganz praktisch hilft sie zuerst der Nachfolgegeneration, ihre Vorstellungen einzubringen, später gibt sie der älteren Generation Sicherheit, dass wichtige Grundlagen des Unternehmens auch nach dem Wechsel nicht infrage gestellt werden.“ Vor allem in größeren Unternehmen oder in sich besonders dynamisch entwickelnden Branchen sieht Fuchs aber auch die Notwendigkeit externer Expertise: „Ein kompetenter Blick von außen kann unternehmerische Versäumnisse und strategische Fehlentscheidungen verhindern helfen. Ein Beratungsgremium in Form eines Beirats, in dem kompetente Experten aus verschiedenen Bereichen mitwirken und dem freiwillig auch Kontrollrechte eingeräumt werden, kann einem Familienunternehmen wichtige Impulse geben.  Umso mehr gilt das in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, in dem es immer weniger Business as usual gibt.“

Best Practice Familienunternehmen:
Führungsstrukturen, Innovationskraft und langfristige Planung

In der Unternehmerfamilie Querfeld (Klezl, Winkler), mit 9 Betrieben und rund 380 Mitarbeitern, steht bereits die nächste Generation am Start. „Um die Jungen bestmöglich im Unternehmen zu integrieren hat der Familienrat beschlossen, einen Visions- und Zukunftsprozess zu starten“ erzählt Irmgard Querfeld. „Alle sind motiviert, bereit Neues auszuprobieren und Innovationen zuzulassen. Ziel des Prozesses ist es anhand des aufeinander abgestimmten Bildes über die Zukunft, unsere weiteren Handlungen und Entscheidungen auszuarbeiten. Im Zuge dessen werden auch bereits Szenarien eines vollständigen Generationswechsels im Unternehmen entwickelt – inklusive der möglichen Konfliktpunkte sowie der entsprechenden Lösungsansätze.“

Margarete Landertshammer, Geschäftsführende Gesellschafterin Hel-Wacht Holding unterstreicht die Innovationsbereitschaft, die auch in der nunmehr vierten Eigentümergeneration ungebrochen ist: „In Familienbetrieben lernt man unternehmerisches Denken buchstäblich von Kindesbeinen an und das unterstützt die Innovationsbereitschaft. So arbeitet unser Unternehmen intensiv an der Verbesserung unserer Nachhaltigkeit durch Nutzung von Photovoltaik und Luftwärmepumpen und auch in der Blackout-Prävention spielen wir eine Vorreiterrolle.“ Aber trotz der exzellenten Entwicklung des Unternehmens sei es notwendig, die Erfolgsstrategie auf Eigentümerebene langfristig abzusichern: „Wir arbeiten gerade an einer Familienverfassung, um Grundlagen und Regeln festzulegen. So können wir auch in Zukunft als Unternehmen professionell funktionieren.“

Ulrike Haslauer, Miteigentümerin und Geschäftsführerin von compact electric, weist auf die Notwendigkeit langfristiger Planungen für die Führungsstrukturen in Familienunternehmen hin: „Ich hatte immer vorgehabt, das Familienunternehmen zu übernehmen. Dies geschah jedoch früher als erwartet, aufgrund einer familiären Situation. Das hat mir gezeigt, dass Übernahmen immer frühzeitig durchgedacht und verschiedene Szenarien entwickelt werden sollten, um Strukturen und gewisse Sicherheiten für eine Fortführung zu ermöglichen.“

Für Fragen zu den Studienergebnissen stehen wir Ihnen gerne unter office@leitbetriebe oder +43 1 52230330 zur Verfügung.

PowerPoint-Präsentation zu den Ergebnissen der Studie: HIER

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