Wolfgang Höfle / © Christoph Meissner

TPA: Raus aus der Gehaltsspirale – Mit Teuerungsprämie, vorgezogenen Gehaltserhöhungen und anderen steuerbegünstigten Maßnahmen.

Die Inflationsrate für August 2022 lag laut Statistik Austria bei 9,3 %. Die Treibstoffpreise liegen auf einem sehr hohen Niveau. Bei Haushaltsenergie und Nahrungsmitteln gibt es nach wie vor einen Trend steigender Preise. Insofern ist es nachvollziehbar, dass sich die Gewerkschaften für überdurchschnittliche Kollektivvertragserhöhungen einsetzen. Doch wie sollen Arbeitgeber:innen reagieren, wenn es bereits jetzt innerbetrieblich Druck auf vorgezogene Lohn- und Gehaltserhöhungen gibt? Wolfgang Höfle, renommierter Lohnsteuer-Experte des Steuerberatungsunternehmens TPA, hat diverse Maßnahmen, die Unternehmen zur Verfügung stehen, um ihre Mitarbeiter:innen zu unterstützen, zusammengefasst.

Der Gesetzgeber hat schon mit diversen Maßnahmen auf die „Teuerungswelle“ reagiert, z.B. Anti-Teuerungsbonus, Einmalzahlung für sozial Schwache, zusätzliche Familienbeihilfe, vorgezogene Erhöhung Familienbonus, Abschaffung der kalten Progression, Klimabonus, Teuerungsabsetzbetrag bei niedrigen Einkommen.

Teuerungsprämie:
Im Bereich der Personalverrechnung hat der Gesetzgeber ermöglicht, dass Arbeitgeber:innen in den Jahren 2022 und 2023 eine Teuerungsprämie von jeweils bis zu 3.000 EUR steuer- und beitragsfrei auszahlen können. Für die Abgaben- und Lohnnebenkostenfreiheit muss es sich um zusätzliche Zahlungen handeln, die bisher nicht gewährt wurden. Das Motiv für die Zahlung muss die Teuerung sein. Bis zu 2.000 EUR können ohne lohngestaltende Vorschrift gewährt, für weitere 1.000 EUR ist eine solche erforderlich (z.B. Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung, innerbetriebliche Regelung für Alle oder sachlich definierte Gruppen von Mitarbeitenden). Die Teuerungsprämie kann laufend oder als Einmalbetrag gewährt werden. Vor allem bei laufender Gewährung sollte auf den mangelnden Rechtsanspruch für die Zukunft hingewiesen werden. In beiden Fällen empfiehlt es sich, eine ausdrückliche Anrechnungsmöglichkeit für den Fall vorzusehen, dass der Kollektivvertrag später ebenfalls eine Teuerungsprämie vorsehen sollte.

TPA Experte Wolfgang Höfle dazu „Bei der Teuerungsprämie handelt es sich um ein steuerlich attraktives Instrument, das genutzt werden sollte, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse es erlauben.“

Vorgezogene Gehaltserhöhung:
Die Löhne und Gehälter in der Metallbranche wurden in der Vergangenheit immer per 1.11. erhöht. Viele Kollektivvertragsabschlüsse wurden in der Vergangenheit per 1.1. wirksam. Ob es zu vorgezogenen KV-Abschlüssen kommt, ist nicht absehbar.

Arbeitgeber:innen steht es offen, freiwillig schon früher eine allgemeine Gehaltserhöhung zu geben. Ob das im Einzelfall Sinn macht, muss jeder für sich entscheiden. Jedenfalls sollte in einem solchen Fall unbedingt eine ausdrückliche Anrechnung auf die zu erwartende nächste Kollektivvertragserhöhung festgelegt werden.

Gezielte Maßnahmen gegen „Teuerungsmonster“:
Eingangs wurden als von der Teuerung besonders betroffene Bereiche („Teuerungsmonster“) erwähnt:  Benzinkosten, Nahrungsmittel und Haushaltsenergie. Sollten es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens erlauben, wäre eine Unterstützung der Mitarbeitenden in diesen Bereichen zu erwägen.

Öffi-Ticket:
Vormals war das Jobticket nur dann steuerfrei, wenn es von den Arbeitgeber:innen angeschafft wurde. Nunmehr ist es auch begünstigt, wenn die Mitarbeiter:innen es selbst anschaffen und dann eine Kostenbeteiligung vom Unternehmen erhalten. Die Steuerbegünstigung geht sehr weit und umfasst z.B. auch das Klimaticket Österreich.

Für Mitarbeitende, die kein Öffi-Ticket brauchen, könnten andere (kostenneutrale) Stützungen überlegt werden, z.B. Fahrtkostenzuschüsse, E-Mobilität (E-Bikes, Carsharing-/Fahrzeugmitbenützungsmodelle, …).

Essensbons:
Der Gesetzgeber hat die Regelungen zu Essensbons entbürokratisiert. Mittlerweile ist es relativ einfach, über ein analoges oder digitales Gutscheinmodell, Mahlzeiten bis zu 8 EUR pro Arbeitstag steuer- und beitragsfrei zu stützen. Eine derartige Maßnahme kann z.B. auch befristet umgesetzt werden. Bei schon bestehenden Modellen kann die Stützung durch die Arbeitgeber:innen befristet erhöht werden.

Haushaltsenergie:
Die Energieunternehmen haben in den letzten Wochen und Monaten gelernt, mit den Energiegutscheinen der öffentlichen Hand umzugehen. Insofern wäre es denkbar, dass von diesen Unternehmen auch ganz generell Gutscheine – quasi zum Verschenken für Andere – ausgegeben werden. Ob solche Möglichkeiten bestehen, muss beim konkreten Energieunternehmen geklärt werden. Das Steuerrecht fördert aus dem Titel Sachgeschenke solche Gutscheine leider nur bis zu einem Betrag von 186 EUR, wobei es sich dabei um einen Betrag für ALLE Sachgeschenke eines Kalenderjahres handelt.

Was gäbe es noch für Steuerbegünstigungen?
Würde ein Unternehmen alle Lohnsteuerbegünstigungen ausnützen, die es gibt, wäre das wirtschaftlich wohl nicht sinnvoll. Trotzdem macht es Sinn, sich wieder mal in Erinnerung zu rufen, was es denn so gäbe (keine vollständige Aufzählung):

Sportanlagen, Gesundheitsmaßnahmen (z.B. sportärztliche Untersuchung), Betriebsausflug (365 EUR pro Kalenderjahr), Mitarbeitergewinnbeteiligung (3.000 EUR pro Kalenderjahr), freie Getränke, Mitarbeiterrabatte (20% bzw. 1.000 EUR pro Kalenderjahr), zinsfreies Darlehen (7.300 EUR), Kinderbetreuungszuschuss (1.000 EUR pro Kalenderjahr und Kind bis 10 Jahre).

Wolfgang Höfle zu den verschiedenen Maßnahmen “Den richtigen Weg muss jedes Unternehmen für sich finden. Das Steuerrecht bietet attraktive Ansatzpunkte, auch abseits von „bloßen“ Gehaltserhöhungen. HR Management hat einen breiteren Blickwinkel bei diesem Thema. Sollte man sich für vorzeitige, finanzielle Zugeständnisse an die Mitarbeitenden entscheiden, ist es ratsam, eine Anrechnung auf ggf. folgende Kollektivvertragsansprüche festzulegen“.

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