Stefan Chalupnik / Copyright: G. Coreth GmbH

„Kunststoff ist Wertstoff und Werkstoff“

Kunststoff war jahrzehntelang der gefeierte Werkstoff – in den letzten Jahren ist sein guter Ruf angekratzt. KOMPACK sprach mit Mag. Stefan Chalupnik, Geschäftsführer des Folienherstellers G. CORETH Kunststoffverarbeitungs GmbH in Niederösterreich über die derzeitige Stimmungslage und die Zukunft des Werkstoffes Kunststoff.

KOMPACK: Kunststoff war jahrzehntelang der flexible und praktische Werkstoff – und das nicht nur in der Verpackungsbranche. Seit dem Film von Werner Boote „Plastic Planet“ hat sich das Bild in der Öffentlichkeit allerdings gewandelt. „Weg vom Plastiksackerl“ bis zu offiziellen Statements des Handels „Raus aus Plastik“ gehört heute zum Alltag. Wie fühlt man sich als einer der erfolgreichsten Vertreter dieser Branche da heutzutage?

Mag. Chalupnik: Tatsächlich leiden Kunststoffe unter dem öffentlich schlechten Image. Was mich persönlich besonders betroffen macht, ist die einseitige und nicht faktenbasierte Darstel-lung. Denn entgegen seinem negativen Image ist Kunststoff ein absolut nachhaltiger Werkstoff.

KOMPACK: Wo liegt dann Ihrer Meinung nach das große „Problem“?

Mag. Chalupnik: Kunststoff ist Teil der Lösung und nicht das Problem. Das Problem liegt in einem fehlenden Konzept vieler Länder den Kunststoffabfall zu sammeln, um diesen wieder in den Produktionszyklus rückzuführen. Die aktuelle Herausforderung ist es, vom Wegwerfprodukt hin zum geschätzten Wertstoff zu kommen.

Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sind alle Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette gefordert. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten!

KOMPACK: Bitte erklären Sie uns inwiefern Kunststoffe absolut nachhaltige Werkstoffe sind.

Mag. Chalupnik: Wesentlich ist es die Werkstoffe im gesamten Prozess zu betrachten. Also beginnend bei der Produktion bis hin zur Rückführung in den Kreislauf durch Recyclingmaßnahmen.

Die Produktion von Kunststoffen erfolgt bei niedrigen Temperaturen, einem geringen Energiebedarf und mit minimalem Materialeinsatz. Kunststoffe werden bei rund 260 Grad Celsius verarbeitet, andere Verpackungslösungen brauchen weit mehr als 1000 Grad Celsius.

KOMPACK: Was bedeutet das  für den ökologischen Fußabdruck?

Mag. Chalupnik: Der ökologische Fußabdruck des Werkstoffes Kunststoff ist im Vergleich zu anderen Materialien gering und kann durch die Verwendung von Recyclaten und das Recyclieren des eigenen Produktions-abfalls weiter reduziert werden.

KOMPACK: Über das Thema Recycling bei Coreth haben wir schon öfter gesprochen. Wie sieht das heute in Ihrem Betrieb aus?

Mag. Chalupnik: Wir recyclen seit dem Jahr 2008 am eigenen Firmengelände. Ende 2018 haben wir unser neues Recyclingzentrum am erweiterten Betriebsareal eröffnet.

Der gesamte Bereich ist zudem nach den Hygienerichtlinien der EN 15593 Zertifizierung ausgerichtet. Damit können wir einen hohen Hygienestandard in der Produktion von Recycling-material gewährleisten.

KOMPACK: Was unternehmen Sie Herr Mag. Chalupnik, um das Image des Werkstoffs Kunststoff zu verbessern? Was passiert

seitens der Branche?

Mag. Chalupnik: Wir engagieren uns proaktiv in Innovationsprojekt-

en des Kunststoff-Clusters, in dem derzeit der Fokus auf die Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen liegt. Über derartige Projekte möchten wir zeigen, dass wir uns der Herausforderung absolut bewusst sind. Mit unseren Aktivitäten möchten wir schließlich auch die Öffentlichkeit mehr und mehr sensibilisieren. Eine Ebene bietet der Austausch mit anderen Unternehmen und Forschungseinrichtungen innerhalb des Kunststoff-Clusters.

Seitens der Branche gibt es zahlreiche Aktivitäten wie zum Beispiel durch spezifische Bildungsinitiativen, wie die Neuauflage der Kunststoff-Lehrmittelbox des Kunststoff-Clusters. Unter dem Titel „Mit Plastik richtig umgehen“,

wird das Thema bereits in der Unterstufe besprochen.

KOMPACK: Was möchten Sie betreffend Verpackungslösungen aus Folien besonders hervorheben?

Mag. Chalupnik: Verpackungs-folien erfüllen einige ganz wesentliche Funktionen. Sie dienen zum Beispiel als wichtiger Transportschutz von Waren und Gütern. Das beste Produkt ist nicht nachhaltig, wenn es nicht unbeschädigt und unverdorben den Kunden erreicht.

In vielen Bereichen ist die Polyethylen Folie die optimale Verpackungsvariante. Speziell durch das Gewicht der Verpackung im Verhältnis zum Produkt.

Ganz wesentlich ist der Einsatz von dünnen Folien im Bereich von Lebensmittel um die Haltbarkeit um ein Vielfaches zu verlängern.

KOMPACK: Sind neue umweltschonende Materialien in der Folienherstellung ein Thema bei Coreth?

Mag. Chalupnik: Ja absolut! In der Getränkeindustrie haben wir bereits erfolgreiche Versuche mit Folien aus biobasiertem LDPE durchgeführt. Im Vergleich zu herkömmlichen LDPE fossilen Ursprungs, wird hier das LDPE aus Zuckerrohr, einem erneuerbaren Rohstoff gewonnen. Durch das von der Zuckerrohrpflanze gebundene CO2 hat diese Folie eine deutlich negative CO2 Bilanz. D.h. die Pflanze bindet deutlich mehr CO2 als in weitererer Folge bei der Produktion des Rohstoffes bzw. der Extrusion der Folie verursacht wird. Bei diesem Rohstoff ist aber der hohe Rohstoffpreis als auch die schwere Verfügbarkeit ein Grund für die geringe Nachfrage.

Die Weiterentwicklung unserer Produkte, im Sinne der Nachhaltigkeit, bleibt einer der wichtigsten Themenschwerpunkte bei Coreth. Neben dem Einsatz von Post-Industrial Regenerat aus unserem eigenen Recycling, sind auch erste Groß-Tests mit Post-Consumer Regenerat sehr vielversprechend verlaufen.

Folie aus Post-Consumer Regenerat (Kunststoffabfälle aus dem Haushalt) hat mittlerweile eine Qualität erreicht, die nun in einer Vielzahl von Anwendungen einsetzbar ist, ohne dabei große Abstriche in Bezug auf die mechanischen und optischen Eigenschaften machen zu müssen. In unterschiedlichen Projekten gemeinsam mit der OFI Technologie & Innovation GmbH, dem Kunststoff-Cluster und der Fraunhofer-Gesellschaft arbeitet CORETH an zukunftsorientierten Lösungen für den Einsatz von Post-Consumer

Regenerat in der Folienverpackung.

KOMPACK: Stichwort Lebens-mittel, was sagen Sie Konsumentinnen/Konsumenten, die sich freuen, wenn die Gurke nicht in einer Folie verpackt ist?

Mag. Chalupnik: Denen muss ich leider sagen, dass sie dabei ein wesentliches Detail übersehen.

Ohne dem sleeve ist die Gurke signifikant weniger lang haltbar, der Abfall steigt um das Dreifache. Im Verhältnis zum ökologischen Fußabdruck der Gurke ist der CO2 Fußabdruck des sleeves vernachlässigbar, sofern dieses ordnungsgemäß entsorgt wird.

Gerade in den Haushalten und Supermärkten landen täglich tausende Tonnen an verdorbenen Produkten im Müll und verursachen

eine hohe CO2 Belastung durch freiwerdende Gase.

Das hat eine Studie von Denkstatt im Projekt „Stop Waste – Save Food“ ergeben. Hierbei waren unterschiedliche Unter

nehmen und Forschungseinrichtungen wie das OFI und die BOKU involviert.

KOMPACK: Aber abgesehen von der Alltagssituation im Supermarkt mit der Gurke, Verpackungen machen einen wesentlichen Anteil des ökologischen Fußabdruckes aus, oder?

Mag. Chalupnik: Nein, in Summe liegt der Anteil von Verpackungen am Klimafußabdruck eines Menschen bei nur 1%. Heizung, Verkehr und Konsum sind für ca. 60% des Klimafußabdruckes verantwortlich.

Wenn man die Reiseaktivitäten der Menschen vor der Pandemie  betrachtet, ergibt sich eine äußerst

hohe Frequenz. Zum Beispiel eine Flugreise von Wien nach Mallorca und zurück entspricht dem Klimafußabdruck des Ver-

packungsbedarfs einer Person von einem Zeitraum von 11 Jahren!

KOMPACK: Sie sprechen damit das allgemeine Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten an?

Mag. Chalupnik: Ja! Wer also wirklich etwas für das Klima und den Schutz unserer Ressourcen beitragen möchte, sollte auch seine Mobilitäts- und Konsumgewohnheiten überdenken.

Ich glaube, dass viele Konsument-innen und Konsumenten ein falsches Bild vermittelt bekommen.Sie fühlen sich oft als „Schützer der Umwelt“, weil sie „eh“ auf das Plastiksackerl im Supermarkt verzichten oder unverpacktes Obst einkaufen, aber im Gegenzug gehören Autos, Fernreisen und andere Annehmlichkeiten zu Alltagsgütern.

KEINE Verpackung, ob aus Metall, Glas oder Kunststoff darf in der Natur entsorgt werden. Verwertbare Abfälle müssen umsichtig gesammelt werden, um sie dann erneut in den Produktionskreislauf rückzuführen.

KOMPACK: Abschließend, ist Kunststoff der Wertstoff mit Zukunft?

Mag. Chalupnik: JA, Kunststoff ist DER Wertstoff der Zukunft, in der Mobilität, im Gesundheitswesen, im Konsumbereich, bei der Energiegewinnung durch Wind oder Sonne.

Dem Kunststoff ist vieles zu verdanken und er ist in vielen Bereichen DER Werkstoff.

Was wir allerdings überdenken müssen, ist die Art und Weise wie wir mit Kunststoffen umgehen. Ziel ist es weg von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft, um den Wertstoff zu erhalten und die Ressourcen zu schonen. Das ist aktuell die wichtigste Aufgabe.

KOMPACK: Danke für das

Gespräch!

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